Martin RosemannSPD - Arbeit und Soziales
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Gesellschaft hat es mit großen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu tun: die Explosion des Gaspreises, der generelle Anstieg der Energiepreise und als Folge die Rekordinflation.
Und die Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz handelt. Seit Monaten werden Alternativen zum russischen Gas vorangebracht. Mit zwei Entlastungspaketen wurden die Bürgerinnen und Bürger um insgesamt rund 30 Milliarden Euro entlastet. In dieser Woche hat die Ampelkoalition das dritte Entlastungspaket vereinbart. Dieses dritte Entlastungspaket ist ein großer Wurf. Mit einem Volumen von 65 Milliarden Euro ist es doppelt so groß wie die beiden ersten zusammen. Damit geben wir fast 100 Milliarden Euro aus, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dieses dritte Entlastungspaket ist aber auch mutig, weil es in die Preisbildung auf den Energiemärkten eingreift, um sicherzustellen, dass der Grundbedarf an Strom und fürs Heizen für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen wieder bezahlbar wird.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Da ist noch gar nichts beschlossen! – Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Mit Einmalzahlungen? Lächerlich!)
Das Entlastungspaket ist zielgerichtet und sozial ausgewogen; denn es profitieren Rentner und Studierende, die arbeitende Mitte, Geringverdiener und Bürgerinnen und Bürger, die auf Grundsicherung angewiesen sind. Unsere Botschaft heißt: Deutschland packt das, und zwar solidarisch. Wir lassen niemanden allein!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich finde es schon bemerkenswert, was für sozialpolitische Ratschläge wir heute von der Union bekommen haben. Ich kann nur sagen: Für mich ist das nicht glaubwürdig. Ich erinnere mich gut an die letzten acht Jahre Große Koalition.
(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Sie haben die Rentner vergessen! Wir nicht!)
– Ja, lieber Hermann Gröhe, es war nicht alles schlecht. Aber jeder sozialpolitische Fortschritt musste mit Mühe gegen Sie, gegen euch durchgesetzt werden.
(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)
Ich frage mich auch: Wie glaubwürdig ist das? Sie sind doch die Partei, die will, dass der Solidaritätszuschlag auch noch für die obersten 5 Prozent der Einkommensbezieher abgeschafft wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie sind doch die Partei, die hier dem Mindestlohn von 12 Euro nicht zugestimmt hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und Sie sind doch die Partei, die, als wir in der letzten Wahlperiode in der Rentenkommission über die Zukunft der Rente gesprochen haben, nicht bereit war, sich dazu zu bekennen, das Rentenniveau dauerhaft zu sichern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Skandalös! – Zuruf des Abg. Hermann Gröhe [CDU/CSU])
Also seien Sie mal ganz ruhig an der Stelle.
Meine Damen und Herren, dieses Entlastungspaket bietet Antworten auf die ganz akuten Handlungsbedarfe in dieser Krise. Daneben bleiben aber auch grundsätzliche Herausforderungen für den Arbeitsmarkt und den sozialen Zusammenhalt in Deutschland. Und auch die packen wir an.
Erstens: die Ungerechtigkeiten auf dem Arbeitsmarkt und beim Lohndumping. Ich will nur mal daran erinnern, dass in drei Wochen, am 1. Oktober, der Mindestlohn auf 12 Euro steigt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es geht um Respekt, meine Damen und Herren.
Zweitens: das Thema Fachkräftemangel. Der Minister hat es angesprochen: Es gibt Fachkräftemangel bis hin zum Arbeitskräftemangel in vielen Branchen und Regionen unseres Landes. Ich bin sehr dankbar, dass die Bundesregierung gestern ihre Fachkräftestrategie auf den Weg gebracht hat. Sie hat zwei große Pfeiler: zum einen, die inländischen Potenziale zu nutzen durch verschiedene Maßnahmen – von der Verbesserung der Ausbildung bis hin zur Weiterbildung –, und zum anderen, endlich die Einwanderung in dieses Land durch ein neues Fachkräfteeinwanderungsgesetz zu ermöglichen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Haben wir noch nicht genug?)
Das nächste große Projekt dieser Ampelkoalition ist das Bürgergeld. Ich muss mich schon sehr wundern; Jessica Tatti sitzt jetzt schon eine Weile hier im Deutschen Bundestag. Sie sollte wissen, dass, als der Haushaltsentwurf von der Bundesregierung gemacht worden ist, der Entwurf zum Bürgergeldgesetz noch gar nicht vorlag. Das heißt, es war noch gar nicht möglich, einzupflegen, wie viel das neue Bürgergeld kosten wird. Das werden wir in den Haushaltsberatungen jetzt machen. Wir werden diesen Etatentwurf auf jeden Fall verändern, um das Bürgergeld zu finanzieren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Können Sie auch sagen, wie viel? Das wäre spannend für uns!)
– Ja. – Bürgergeld, meine Damen und Herren, bedeutet höhere Regelsätze: rund 500 Euro ab dem 1. Januar 2023.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Viel zu wenig! Das ist so gut wie nichts! – Zuruf der Abg. Jessica Tatti [DIE LINKE])
– Dazu brauche ich aber ein Gesetz, Frau Tatti. Ich kann doch hier nicht gesetzlos den Leuten sofort Geld geben. Ich brauche ein Gesetz! Wir leben doch hier in einem Rechtsstaat. Zum 1. Januar 2023! 500 Euro!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist ein Minus! – Jessica Tatti [DIE LINKE]: Das ist doch lächerlich!)
Aber, meine Damen und Herren, es geht um mehr als um Regelsätze. Es geht um die größte arbeitsmarktpolitische und sozialpolitische Reform. Es geht um einen Kulturwandel. Es geht um die Anerkennung von Lebensleistung, um einen einfacheren Zugang, um Beratung auf Augenhöhe, um ein anderes Verhältnis von Bürger und Staat. Auch das ist eine Frage von Respekt. Keiner soll sich schämen, wenn er auf diese Hilfe angewiesen ist.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Bernd Rützel [SPD]: So ist es! Genau!)
Vor allem aber geht es um eine bessere individuelle Beratung und Unterstützung, damit mehr Langzeitarbeitslosen der Weg in nachhaltige Beschäftigung ermöglicht wird. So wird der Arbeitsmarkt durchlässiger, inklusiver, und wir leisten damit einen Beitrag, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Es geht im Kern darum, die Arbeitgeber, die Fachkräfte suchen, und die Langzeitarbeitslosen besser zusammenzubringen. Meine Damen und Herren, wir setzen auf mehr Weiterbildung und schaffen Anreize dafür.
Was die Union wieder behauptet hat, nämlich dass wir damit ein bedingungsloses Grundeinkommen schaffen würden
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ach, Martin, du weißt es doch besser!)
und dass wir Sanktionen und Mitwirkungspflichten abschaffen würden, wird durch Wiederholung nicht wahrer.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Auch das neue Bürgergeld wird selbstverständlich Mitwirkungspflichten enthalten.
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Aber eines machen wir nicht:
Nein, nein, nein. Sie kommen jetzt bitte zum Schluss.
Wir werden nicht der übergroßen Mehrheit von über 90 Prozent – –
Herr Kollege, ich habe Ihnen gerade das Wort entzogen. Es hört Sie keiner mehr. Glauben Sie mir das einfach.
(Der Redner verlässt das Rednerpult – Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn wir uns daran gewöhnen wollen, überall die Redezeiten einzuhalten – bei der AfD und bei anderen –, dann sollte sie auch bitte jeder selbst einhalten. Ich finde es nicht mehr fair, dass um mehr als 30 Sekunden überzogen wird.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Jana Schimke, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7538908 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 51 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |