Catarina dos Santos-WintzCDU/CSU - Harmonisierung der Sanktionsdurchsetzung in der EU
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Putins Teilmobilmachung vor einer Woche sowie den Scheinreferenden in den von Russland besetzten Gebieten hat der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine eine neue Stufe erreicht. Als Reaktion darauf hat die EU-Kommission gestern einen Vorschlag für ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland vorgelegt. Enthalten sind unter anderem weitere Importbeschränkungen im Wert von 7 Milliarden Euro sowie die Rechtsgrundlage für einen Preisdeckel für Ölimporte aus Russland.
Neben neuen Sanktionspaketen bedarf es jedoch vor allem auch endlich einer effektiveren Durchsetzung der bereits bestehenden Sanktionen sowie einer Ahndung von Verstößen. Aktuell bestehen zwischen den Sanktionsregimen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten signifikante Unterschiede, was deren Wirkkraft insgesamt deutlich abschwächt. So handelt es sich in einigen Mitgliedstaaten bei entsprechenden Verstößen um Ordnungswidrigkeiten, in anderen Ländern um schwere Straftaten, die mit langen Freiheitsstrafen geahndet werden.
Angesichts dieses unterschiedlichen Umgangs der Mitgliedstaaten mit Sanktionen ist es höchste Zeit, das Sanktionsstrafrecht auf EU-Ebene zu harmonisieren und so gewisse Mindeststrafen bei Verstößen in allen EU-Mitgliedstaaten zu gewährleisten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir müssen als EU einheitlich und stark reagieren können. Jede Umgehung von Sanktionen, jedes Schlupfloch schwächt die Sicherheit, die Verhandlungsbasis und letztendlich auch die Reputation der EU und jedes Mitgliedstaats selbst.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Grundsätzlich liegt das Strafrecht in der Kompetenz der Mitgliedstaaten. Allerdings darf die EU nach Artikel 83 Absatz 1 AEUV Mindestvorschriften für Straftaten und Strafen in besonders schwerwiegenden Kriminalitätsbereichen festlegen, die eine grenzüberschreitende Dimension haben. Das gilt zum Beispiel schon für den Bereich der Geldwäsche, wo durch komplexe grenzüberschreitende Verflechtungen eine länderübergreifende Strafverfolgung und Zusammenarbeit sinnvoll und notwendig ist. Im Mai dieses Jahres hat die EU‑Kommission den Vorschlag für einen Beschluss des Rates vorgelegt, demzufolge auch das Sanktionsstrafrecht aufgrund seiner grenzüberschreitenden Dimension in die Liste jener Kriminalitätsbereiche aufzunehmen ist. Aus meiner Sicht ein absolut wichtiger und richtiger Schritt.
Mir ist es an dieser Stelle noch mal wichtig, zu betonen, dass der Deutsche Bundestag sich auch in kurzer Zeit intensiv in dieses Thema eingearbeitet und zu den Themen beraten hat – sowohl in unserer Fraktion als auch in den entsprechenden Gremien, zuletzt gestern im Europaausschuss und am Montag in der öffentlichen Anhörung. So werden wir unserer Integrationsverantwortung deutlich und umfassend gerecht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der vorgelegte Gesetzentwurf enthält zur Überraschung vieler auch einen Passus zum Infektionsschutzgesetz. Wie kommen wir jetzt vom AEUV zum Infektionsschutzgesetz? Aufgrund des Omnibusverfahrens. Wie in einem Bus – bildlich gesprochen – kommt in unserem Fall ein weiterer Passagier dazu, und wir fahren gemeinsam durch dieses Gesetzgebungsverfahren.
In diesem Fall geht es um eine Änderung im Infektionsschutzgesetz. Auf Druck der unionsgeführten Länder hat der Bundesrat vor zwei Wochen nun entschieden, dass es nach einer überstandenen Coronainfektion keine Testpflicht für Kinder, Jugendliche und Beschäftigte bei der Rückkehr in Schulen, Kitas sowie Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe geben soll, welche zu einer stärkeren Belastung der vorgenannten Personengruppen geführt hätte. Erwachsene können schließlich auch nach einer überstandenen Coronainfektion ohne negativen Test an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Wir begrüßen daher ausdrücklich diese Streichung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zurück zu unserem Gesetzentwurf zu den Sanktionen. Wie sieht das weitere Verfahren aus? Wird der Beschluss des Rates angenommen, kann die EU-Kommission in einem zweiten Schritt eine konkrete Richtlinie für eine EU-weite Mindestharmonisierung von Sanktionen vorlegen, die dann wiederum, wie schon erwähnt, in nationales Recht umgesetzt werden muss.
Wenn es im nächsten Schritt dann in die nationale Umsetzung geht, ist es mein Wunsch und Anliegen, eine enge Abstimmung auf nationaler Ebene zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern. Dazu gehört für mich auch eine enge Abstimmung unter den Parlamentariern in den verschiedenen Foren, die wir dafür haben. Ein gutes Beispiel – das wäre mir wirklich ein Herzensanliegen in dieser Sache – ist ein gemeinsamer Austausch mit den französischen Kollegen in der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung.
In jedem Fall wird uns dieses Thema auch auf parlamentarischer Ebene noch eine längere Zeit begleiten. Wir sehen uns also wieder.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Schrodi [SPD])
Vielen Dank. – Das Wort erhält Fabian Funke für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546537 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 57 |
Tagesordnungspunkt | Harmonisierung der Sanktionsdurchsetzung in der EU |