Joana CotarAfD - Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften
Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Deutschland hat bei der Digitalisierung der Verwaltung geschlafen – viel zu lange. Wir liegen in Europa allenfalls im Mittelfeld und verlieren sogar Ranglistenplätze, wie der Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft belegt. 17 Jahre wurde uns versprochen, dass sich das ändert; 17 Jahre hat sich nichts getan. Jetzt aber passiert etwas, und das begrüße ich ausdrücklich.
Endlich werden die rechtlichen Grundlagen geschaffen, um Daten aus dem Personenstandswesen über vernetzte Register abrufen zu können. Zukünftig sollen also die Daten laufen und nicht mehr die Mitbürger zu den Ämtern. Das baut Bürokratie ab, verringert die Kosten und vereinfacht Verwaltungsdienstleistungen. Die Bürger müssen also nicht mehr ein und dieselben Daten mehrfach bei den Ämtern vorlegen, sondern können öffentlichen Stellen die Erlaubnis geben, diese Daten abzurufen. Das im OZG vorgesehene Once-Only-Prinzip rückt also näher, und das wird unser aller Leben ein bisschen leichter machen.
Es gibt jedoch drei Kritikpunkte, die ich hier anmerken möchte: eine völlig realitätsfremde Darstellung der Kosten für die Gemeinden, eine überaus ambitionierte Zeitplanung und die Streichung der freiwilligen Eintragung der Religionszugehörigkeit.
Die Standesämter sind auf Gemeindeebene organisiert. Der Erfüllungsaufwand für die Gemeinden ist mit rund 40 Millionen Euro angegeben. Im Jahr 2020 wurden knapp 11 000 Gemeinden in Deutschland gezählt. Das heißt, der Erfüllungsaufwand pro Gemeinde wird auf 3 600 Euro geschätzt. Für 3 600 Euro bekommen sie ganze zwei Tage lang externe Projektunterstützung durch einen Consultant. In diesen zwei Tagen sind keinesfalls die kommunalen Fachverfahren ertüchtigt, Schnittstellen implementiert, Daten nacherhoben, geschweige denn die notwendigen organisatorischen Änderungen tradierter Verwaltungsabläufe im Standesamtswesen erfolgt. Auch stimmt es nicht, dass die Länder nicht mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand belastet werden. Alle Länder unterhalten Spiegelregister zu den Daten aus dem Personenstandswesen, die natürlich auch ertüchtigt werden müssen.
Aspekt Zeitplanung. Im Gesetzentwurf werden zwei Deadlines genannt. Bis Ende 2022 sind auch Verwaltungsleistungen des Personenstandsrechts elektronisch anzubieten. Bis Ende 2023 ist das Personenstandsregister an die europäische Registerinfrastruktur anzuschließen. Die im Gesetzentwurf dargestellte Lösung schweigt sich jedoch darüber aus, wie die Deadlines erreicht werden können. Die durch das BMI verantwortete Umsetzungssteuerung beim Onlinezugangsgesetz gehört bereits jetzt zu der größten IT-Projektmanagementkatastrophe im öffentlichen Sektor,
(Beifall bei der AfD)
und es zeigt sich, dass beim Thema Registermodernisierung die gleichen Fehler gemacht werden. Die Kommunen kommen in der Planung des BMI nicht vor, obwohl die Kommunen mit ihren vielschichtigen IT‑Landschaften direkt betroffen sind.
Letzter Punkt. Die Religion stellt ein Identitätsmerkmal einer Person dar, und es ist für viele Menschen von großer Bedeutung, sich zu ihrer Religion bekennen zu können. Eine Streichung ist eine unzureichende Wertschätzung personaler Identität durch die Regierung, und daher lehnen wir diese ab.
(Beifall bei der AfD)
Zusammenfassend: Der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Schritt zur Verwaltungsdigitalisierung. Aufgrund der genannten Kritikpunkte, bei denen nachgearbeitet werden muss, wird sich die AfD-Fraktion allerdings enthalten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Manuel Höferlin hat das Wort für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546589 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 57 |
Tagesordnungspunkt | Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften |