30.09.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 58 / Tagesordnungspunkt 23

Klaus StöberAfD - Temporäre Umsatzsteuersatzsenkung auf Gaslieferungen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Lassen Sie mich noch einmal kurz auf den Verfahrensweg dieses Gesetzes eingehen. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass Regieren im Moment nicht gerade einfach ist. Aber es hat Sie auch keiner gezwungen, dieses Amt anzunehmen. Anstatt in den nächsten drei Jahren ein rot-grünes Ideologieprojekt umzusetzen, müssen Sie sich mit der größten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik befassen.

Und man muss feststellen: Sie sind damit total überfordert.

(Beifall bei der AfD)

Sie bringen während der Finanzausschusssitzung einen Änderungsantrag ein, den keiner kennt, und Sie setzen drei Stunden nach der Sitzung eine Sondersitzung an, weil Ihnen plötzlich einfällt, dass Sie die Fernwärme vergessen haben. Das ist doch unprofessionell! Damit zeigen Sie auch, dass Sie auf die Sachverständigen in der Anhörung überhaupt nicht gehört haben; denn dort ist dieser Punkt explizit angesprochen worden. Sie hätten also genug Zeit gehabt, um bis Mittwoch 10 Uhr diesen Punkt einzuarbeiten – haben Sie nicht gemacht. Das zeigt, dass die Anhörungen für Sie reine Alibiveranstaltungen sind. Das finde ich echt traurig für die Demokratie. Und dass im Gesetzentwurf die Laufzeit der Umsatzsteuersenkung immer noch an die Gasumlage geknüpft ist, die ja nun höchstwahrscheinlich wegfällt, ist nicht nur ein handwerklicher Fehler.

Trotzdem stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu, weil er ein erster Schritt ist, um zumindest die Privathaushalte, Kommunen, Krankenhäuser usw. von den hohen Gaskosten zu entlasten. Auch der Inflationspauschale von 3 000 Euro stimmen wir zu.

Herr Kollege Klüssendorf, dass Sie sich als SPD-Mitglied an den DAX-Konzernen orientieren, das finde ich schon erstaunlich.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das ist normal! – Zuruf der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU])

Die Frage ist nämlich, ob alle Unternehmen, insbesondere die kleinen Unternehmen, in der Lage sind, diese Pauschale zu zahlen. Mich haben inzwischen sehr viele angerufen und gefragt: Was beschließt ihr denn da? Da werden natürlich die von hohen Spritkosten und Energiekosten geplagten Arbeitnehmer sehr schnell ihre Chefs fragen: Wann bekomme ich denn diese 3 000 Euro ausgezahlt? Der Kleinunternehmer wird sagen: Ja, würde ich dir gerne zahlen, ich habe aber leider gerade zwei hohe Strom- und Gasrechnungen bei mir auf dem Schreibtisch liegen und kann dir das im Moment nicht auszahlen. – Das geht sehr vielen so. Das wird sehr viel Frust auslösen. Wir können eigentlich nur hoffen, dass bis Ende 2024 jeder diese Pauschale erhalten hat.

Und da sind wir bei den Unternehmen, insbesondere bei den KMU, die bereits seit Anfang des Jahres durch die hohen Spritpreise und nun durch die exorbitanten Energie- und Gaspreise belastet sind. Denen hilft Ihre Umsatzsteuersenkung überhaupt nicht. Je nachdem, wie energie- und gasintensiv diese Unternehmen sind, stehen inzwischen viele vor dem Aus. In meinem Wahlkreis müssen heute, am 30. September, drei Bäckereien, alles Familienbetriebe, schließen. In Kahla und Triptis geht am Ende des Jahres eine mehr als 150-jährige Tradition der Porzellanindustrie in Thüringen zu Ende. Was haben Sie für diese Unternehmen für Hilfsangebote? Ihr 200-Milliarden-Paket? Da bin ich sehr gespannt.

Kommen wir zurück zum Gas- und Strompreis. Sie bekämpfen mit Ihren teuren Entlastungspaketen nur die Symptome, aber nicht die Ursachen. Zu diesen Ursachen gehört eben auch Ihre total verkorkste Energiepolitik. Es ist eben ein Unding, anzunehmen, man könnte einen Industriestaat wie Deutschland ausschließlich mit Windkraft und Solar am Leben erhalten.

(Beifall bei der AfD)

Während weltweit neue moderne Atomkraftwerke gebaut werden, wollen Sie die letzten AKW in Deutschland abschalten. Dabei hat der Chef des TÜV ausdrücklich festgestellt, dass sowohl die aktuell laufenden AKW weiterbetrieben werden können, als auch mit relativ kurzer Anlaufzeit die letztes Jahr abgeschalteten AKW wieder ans Netz gehen könnten. Aber bei Ihnen geht grüne Ideologie vor Vernunft und vor allem gegen die Interessen des deutschen Volkes. Und das ist, auf die Regierung bezogen

(Carlos Kasper [SPD]: Können wir in Ihrem Wahlkreis Atommüll lagern?)

– Sie können jetzt ruhig sein –, ein Bruch Ihres Amtseides!

(Beifall bei der AfD)

Wir müssen hier auch über Russland und die Sanktionen sprechen. Das füge ich extra für Herrn Schrodi ein, der leider heute nicht da ist; er hatte mich ja als fünfte Kolonne und zukünftigen Pressesprecher von Putin tituliert.

(Timon Gremmels [SPD]: Guter Mann!)

Eins will ich mal klarstellen, Herr Kollege Klüssendorf: Ich betrachte Putin nicht als Demokraten, und ich verurteile den Angriff auf die Ukraine als völkerrechtswidrig.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Aber welcher Krieg ist denn nicht völkerrechtswidrig? Etwa der Krieg der USA in Vietnam oder der Angriff auf den Irak? War das nicht völkerrechtswidrig? Ich denke, schon. Wenn wir schon solche Einstufungen vornehmen, dann bitte auch für alle.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Till Mansmann [FDP])

Ich war am Sonntag auf einer Veranstaltung in der Kirche in Farnroda, in meinem Heimatort. Da hat der Superintendent der evangelischen Kirche in Eisenach gesagt: Es gibt keine gerechten, und es gibt keine ungerechten Kriege, weil Kriege bedeuten immer nur Tod und Zerstörung. – Dem schließe ich mich hundertprozentig an.

Und was bringen diese Sanktionen? Seriöse Wirtschaftsinstitute gehen davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt in Russland in diesem Jahr um 5 bis 8 Prozent zurückgeht. Das ist nicht wesentlich mehr als der Einbruch im Coronajahr 2020 in Deutschland. So wie wir Corona 2020 überstanden haben, so übersteht auch Russland diese Sanktionen.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels [SPD])

Übrigens gehen die gleichen Wirtschaftsinstitute inzwischen davon aus, dass wir im nächsten Jahr einen Rückgang von 7,9 Prozent zu verkraften haben. 7,9 Prozent! Da kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch an die Ampel.

Auf die Auswirkungen auf die einheimischen Firmen durch die Russlandsanktionen gehen Sie überhaupt nicht ein. Ich kenne sehr viele Firmen, gerade bei uns in Ostdeutschland, die sehr enge Wirtschaftsbeziehungen sowohl in die Ukraine als auch nach Russland haben. Die stehen im Moment vor leeren Kassen, weil sie aufgrund des Krieges nicht in die Ukraine exportieren können und aufgrund der Sanktionen auch nicht nach Russland. Das ist aber von Ihnen vollkommen ausgeblendet.

Über die Sabotage bei Nord Stream freuen sich bestimmt einige Abgeordnete hier im Saal, aber vor allen Dingen die USA, denen unsere bisher guten Wirtschaftsbeziehungen zu Russland immer schon ein Dorn im Auge waren.

(Tim Klüssendorf [SPD]: Können Sie auch was zur Mehrwertsteuer sagen?)

Aber nun gibt es keine Alternative mehr. Wir müssen das teure Flüssiggas aus den USA und anderswo einkaufen. Kanzler Scholz und Minister Habeck, heute nicht da

(Zurufe von der SPD)

– regen Sie sich doch nicht auf, wir sind doch noch gar nicht fertig –,

(Beifall bei der AfD)

waren jetzt auf Einkaufstour, unter anderem in Katar. Katar – das muss man sich echt mal auf der Zunge zergehen lassen. Wir brechen die Beziehungen zu Diktator Putin ab und lassen uns von einer Diktatur mit Flüssiggas und Öl beliefern. Die in Katar wissen gar nicht, was Menschenrechte sind. Frauen dürfen ohne Zustimmung ihres Mannes überhaupt nichts machen.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels [SPD])

Frauen unter 25 dürfen ohne Zustimmung ihres Mannes nicht aus dem Haus. Frauen dürfen ohne Zustimmung ihres Mannes keine Reisen antreten. Eine Frau, die eine Vergewaltigung anzeigt, riskiert eine Gefängnisstrafe. Homosexualität – das wird hier ja so propagiert – ist eine Straftat und wird mit 100 Peitschenhieben und bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Sieben Minuten Redezeit sind zu lang! Ihnen gehen die Themen aus! – Timon Gremmels [SPD]: Zur Mehrwertsteuersenkung haben Sie nichts zu sagen?)

– Das hat etwas damit zu tun. Sie kaufen Gas ein in Ländern, die nicht demokratisch sind. Das müssen Sie sich anhören.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Wie sieht es mit der Homosexualität in Russland aus, Herr Stöber?)

Die 300 000 Katarer beuten 3 Millionen Gastarbeiter aus, behandeln diese wie Sklaven. Das ist nicht mein Sprech, das ist nicht meine Information, das können Sie der Sendung „Kontraste“ von letzter Woche entnehmen. Und das sind nun unsere neuen Handelspartner, vor denen Minister Habeck einen Bückling macht? Schämen Sie sich! Das ist eine Schande für die deutsche Außenpolitik.

(Beifall bei der AfD)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Till Mansmann [FDP]: Ja, bitte!)

Ich möchte zum Schluss noch etwas sagen, gerichtet an den Kollegen Merz. Sie hatten sich intensiv mit den Montagsdemonstrationen auseinandergesetzt und die Teilnehmer denunziert. Ich kann Ihnen eins sagen: Das sind keine AfD-Leute, die dort herumlaufen; das sind ganz normale Bürger,

(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

darunter auch viele CDU-Mitglieder. Kommen Sie mal nach Eisenach; dort werden Sie keine AfD-Fahne sehen, sondern einfach nur Bürger,

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Nazis, ganz normale Bürger, verstehe!)

die die Schnauze voll haben von Ihrer Politik.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Katharina Beck.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546635
Wahlperiode 20
Sitzung 58
Tagesordnungspunkt Temporäre Umsatzsteuersatzsenkung auf Gaslieferungen
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