Albrecht GlaserAfD - Fiskalpolitische Disziplin in Europa
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die EU-Staaten sind weit über das Maastricht-Kriterium hinaus verschuldet. Dies war auch schon vor Corona im Jahr 2019 so. Die Zahlen: über 10 Billionen Euro, was einer Schuldenquote von 84 Prozent entspricht, statt der geforderten und vertraglich vereinbarten 60 Prozent.
1997 wurde der Stabilitäts- und Wachstumspakt in der EU beschlossen. Parallel dazu wurde die Manipulation des Schuldenstandes von Griechenland bekannt, die das Land beitrittsfähig machen sollte. Das entsprechende Dossier über diese Manipulation liegt in der EZB noch immer unter Verschluss, obwohl dagegen geklagt wird; das ist rausgekommen. Der Widerspruch zwischen vertraglichen Verpflichtungen einerseits und dem Handeln von Regierungen und Staaten andererseits ist seither der rote Faden der Schuldenpolitik, und diese mildtätige Betrachtung, die wir gerade gehört haben, ist Ironie.
Die Finanzkrise 2008 war in der EU in erster Linie eine Staatsschuldenkrise. Deshalb wurde in 2012 ein Fiskalpakt geschlossen, der alle Vertragspartner verpflichtete, innerstaatliche Regeln zu schaffen, um überbordende Schulden zu verhindern. Seither wird am Rechtsrahmen für Schuldenpolitik in der EU herumgeschraubt bis zu seiner Unkenntlichkeit.
Die Folge davon: Frankreich hat Schulden von 113 Prozent, Spanien von 118 Prozent, Portugal von 127 Prozent, Italien von 150 Prozent und Griechenland von 193 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Kluge Köpfe im Centrum für Europäische Politik und in der Bundesbank stellen fest – ich zitiere –: Viele Mitglieder haben sich die Schuldenregel nie zu eigen gemacht. – Hunderte Verstöße sind von den Staaten begangen worden. Das ist rund die Hälfte aller überhaupt möglichen Vertragsverstöße. Nicht eine Sanktion haben die Organe der EU verhängt – bei dieser Zahl der Verstöße, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Der CDU-Antrag beschreibt in Ziffer 1 Buchstabe a ein richtiges Ziel, und er benennt viele richtige Einzelforderungen, etwa in den Buchstaben b bis f. Aber er wird schon in diesem Haus keine Mehrheit finden; das liegt nicht an uns. Wenn er sie fände, wäre er in der EU nicht durchsetzbar. Wenn er dort durchsetzbar wäre, würde eine Mehrheit der Mitgliedstaaten sich nicht daran halten. Das ist Ihr Problem.
(Beifall bei der AfD)
Frankreich, Italien und ihr Gefolge in Südeuropa, die in allen EU-Organen, von der Kommission über die EZB bis zum EuGH, eine breite Mehrheit haben, weil zum Beispiel Zypern und Malta das gleiche Stimmengewicht haben wie Deutschland und die Niederlande, wollen das Gegenteil von dem, was der CDU-Antrag will. Alle Staaten des „Club Med“ wollen die Schuldenunion, und damit sind wir bei des Pudels Kern.
Mitterrand sprach Anfang der 90er-Jahre von der D‑Mark als Atombombe der Deutschen. Er sagte zu Margaret Thatcher – ich zitiere –: Ohne eine gemeinsame Währung sind wir alle, Sie und ich, dem Willen der Deutschen unterworfen. – Deshalb wurden Lagarde, die vor ihrem EZB-Amt französische Ministerin war, und Trichet, der vorher Berater bei Giscard d’Estaing war, ins Rennen geschickt – wir haben unsere Kandidaten im Regen stehen lassen –, und Draghi betrieb hemmungslose und rechtswidrige Staatsfinanzierung Italiens durch die EZB. Das ist die Neutralität der EZB, zu der Sie als Union fest stehen, wie Sie dieser Tage schreiben.
Wir haben in Deutschland also nicht nur einen migrationspolitischen, einen außen- und verteidigungspolitischen, einen energiepolitischen und einen schuldenpolitischen Konkurs, sondern auch einen europolitischen. Das ist das Ergebnis der jahrelangen Politik von allen Parteien in diesem Hause. Deshalb brauchen wir eine neue.
(Beifall bei der AfD)
Nächste Rednerin für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Jamila Schäfer.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546651 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 58 |
Tagesordnungspunkt | Fiskalpolitische Disziplin in Europa |