Pascal KoberFDP - Aktuelle Stunde - Deutschland ein Jahr nach der Bundestagswahl - Zeit für Klarheit und Führung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Deutschland ein Jahr nach der Bundestagswahl – Zeit für Klarheit und Führung“ ist in der Tat ein bemerkenswerter Titel, der die Situation ganz zutreffend beschreibt, wie sie damals war, nach 16 Jahren. Vor allen Dingen: Nach monatelangen quälenden Personalstreitigkeiten in der Union war es Zeit für Klarheit und Führung. Der Wähler hat entschieden, und diese Koalition hat sich gebildet.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen – Frau Mihalic hat es zu Recht gesagt, auch Jürgen Trittin ist darauf eingegangen –, jede Regierung, jedes Parlament braucht eine starke Opposition. Aber das müssen Sie als Opposition – ein Jahr nach dieser Regierungsbildung – noch sehr viel besser lernen.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Opposition heißt nicht, der Ampel bei allem zuzustimmen!)
Wir haben es in den Haushaltsberatungen erlebt: Zu jedem Einzelplan haben Sie Mehrausgaben gefordert. Ob in der Innenpolitik, der Außenpolitik, der Verteidigungspolitik, der Verkehrspolitik, ob in der Sozialpolitik, beim Entwicklungsministerium – überall haben Sie Mehrausgaben gefordert, ohne einen irgendwie gearteten Finanzierungsvorschlag zu machen.
Orientieren Sie sich mal an der FDP in der Opposition. Wir haben beim Bundeshaushalt 2021 mit 527 Änderungsanträgen gezeigt, wie man die Verschuldung halbieren und noch 36 Milliarden Euro finden kann, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten, und das mit 80 Abgeordneten. Sie sind mehr als doppelt so viele. Bemühen Sie sich in Zukunft! Das wäre diesem Haus würdig.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Oder ich erinnere an den 17. März 2022. Es war gut, dass Sie sich der Thematik des inklusiven Arbeitsmarktes gewidmet haben. Aber ich darf Sie daran erinnern, dass Sie damals in Ihrem Antrag 20 Forderungen aus dem Koalitionsvertrag abgeschrieben haben und die anderen sechs aus FDP-Anträgen der vergangenen Legislaturperiode.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Wie immer!)
Das ist zwar inhaltlich überhaupt nicht falsch, zeigt aber nicht, dass Sie in der Opposition angekommen sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, das muss besser werden.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Schlussendlich, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, darf man auch nicht vergessen, sich ein Jahr nach der Bundestagswahl immer mal wieder in Erinnerung zu rufen, in welchem Zustand wir dieses Land übernommen haben.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: In einem guten!)
Platz 13 im Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft ist ein Armutszeugnis für eine Volkswirtschaft wie die Bundesrepublik Deutschland.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Wollte die FDP nicht ein eigenes Digitalministerium? – Gegenruf des Abg. Peter Beyer [CDU/CSU]: Gescheitert!)
Man kann hier ein Unternehmen noch immer nicht digital gründen, geschweige denn einen Personalausweis beantragen oder einen Wohnortwechsel vollziehen.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Schauen Sie mal, dass Sie bei der Digitalisierung was hinkriegen!)
Diese Regierung hat nach nur wenigen Monaten im August eine Digitalstrategie verabschieden können. Das ist eine Leistung dieser Regierung;
(Peter Beyer [CDU/CSU]: Oh!)
daran könnten Sie sich ein Beispiel nehmen.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Aufgabenverteilung ist das und nichts anderes! Geschäftsverteilungsplan! – Peter Beyer [CDU/CSU]: Verwaltungsgeschachere! Nichts weiter!)
Nach 16 Jahren ist dieses Land erleichtert, einen Regierungswechsel zu haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Oder denken Sie an die Bildungspolitik: Das BAföG ist 1971 gestartet
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Wo ist denn die Digitalpartei FDP?)
und kurz darauf haben 44 Prozent der Studierenden BAföG beziehen können. 2022 waren wir bei 11 Prozent angelangt. Das ist auch ein Armutszeugnis, dem sich die Union in 16 Jahren nicht gestellt hat. Wir haben das Thema angepackt: für mehr Bildungsgerechtigkeit, für mehr Bildungschancen und für eine erfolgreiche Zukunft dieses Landes, die auf Bildung gründet; daran führt ja nun kein Weg vorbei.
Wir haben die Verdienstgrenze bei Minijobs, die seit 2013 unverändert bei 450 Euro eingefroren war, endlich auf 520 Euro erhöht. Morgen wird das in Kraft treten. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, auch da war Ihre Bilanz leer.
Weil es bei den Diskussionen in den vorhergehenden Debatten ja bei der Frage des Fachkräftemangels heiß herging, möchte ich auch noch mal an folgende Leistung der Regierungszeit der jetzigen Opposition erinnern:
(Peter Beyer [CDU/CSU]: Jetzt wird’s kompliziert!)
Sie haben 2019 ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz auf den Weg gebracht, bei dem Sie in den Text geschrieben haben, dass Sie damit eine Zuwanderung von 25 000 Menschen im Jahr erzielen wollen. Dabei hatte schon 2011 Ihre damalige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass der Fachkräftemangel das größte Risiko für den Wohlstand dieser Gesellschaft in den nächsten Jahren sein würde. Obwohl Sie wussten, dass wir eine Zuwanderung von 400 000 Menschen im Jahr brauchen, haben Sie 2019 noch ein Gesetz beschlossen, mit dem Sie nur 25 000 Menschen ansprechen wollten, nach Deutschland einzuwandern.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Da gibt es unterschiedliche Rechtsgrundlagen! Ist ja nicht die einzige Form der Zuwanderung!)
Das zeigt, mit welcher Realitätsverweigerung Sie Politik gemacht haben.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Mein Gott! Wir haben europäische Einwanderung! Wir haben auch sonst genug Leute im Land! Ich glaube, es geht los hier! Es heißt doch nicht nur 400 000 über das Fachkräfteeinwanderungsgesetz!)
Es ist gut, dass wir in den nächsten Tagen mit unserer Fachkräftestrategie und auch mit unserem neuen Zuwanderungsgesetz an die Öffentlichkeit kommen können, um hier etwas auszugleichen, was Sie 16 Jahre versäumt haben.
(Beifall bei der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Sie dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zugestimmt haben, ist ehrenwert. Es war auch notwendig, dass Sie Ihre Entscheidungen der Vergangenheit korrigiert haben, nachdem ja Ihr Verteidigungsminister Thomas de Maizière noch 2011 sagte, dass die Bundeswehr nur 70 Prozent Ausstattung bräuchte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, es war Zeit für Klarheit und Führung.
(Peter Beyer [CDU/CSU]: Wie lange müssen wir denn darauf noch warten?)
Ja, dieses Land hat Klarheit und Führung bekommen. Jetzt hoffen wir noch auf eine gute Opposition.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt erhält das Wort der fraktionslose Abgeordnete Matthias Helferich.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7546718 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 58 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Deutschland ein Jahr nach der Bundestagswahl - Zeit für Klarheit und Führung |