13.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 60 / Tagesordnungspunkt 13

Oliver Luksic - Krise in der Güterverkehrs- und Logistikbranche

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir uns über Logistik unterhalten. Das ist ein ganz zentraler Sektor. Es geht um die Lebensadern der Wirtschaft. Und ja, die Logistikketten sind angespannt, weil wir multiple Krisen haben: Corona, Lieferkettenprobleme, Energie, Fahrermangel. Klar ist jedoch auch: Die Lieferketten sind angespannt, aber sie halten. Das ist die Kernbotschaft. Dazu fällt Ihnen in Ihrem Antrag relativ wenig ein. Er ist in weiten Teilen unterkomplex; das haben die Kollegen eben schon angesprochen. Wir haben ja Häfen, Schiene, Luftverkehr. Sie aber reden nur vom Lkw. Ich erkenne da die Handschrift eines Verbandes sehr stark.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE] – Zuruf des Abg. Felix Schreiner [CDU/CSU])

Aber nur von einem Verband etwas zu übernehmen, ist ein bisschen wenig. Es ist ein Sammelsurium an Spiegelstrichen und kein Konzept. Ludwig Erhard hätte auch ein paar Fragezeichen drangemacht, wenn er das gelesen hätte.

Sie fordern runde Tische. Ich kann Ihnen sagen: Wir sind im wöchentlichen Austausch mit der Branche. Ich höre von ihr auch wenige Beschwerden, was unsere Arbeit angeht. Im Gegenteil: Sie fühlt sich gut aufgehoben.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Sachen Infrastruktur – Kollege Gastel hat es gesagt – gab es Versäumnisse, die wir jetzt angehen müssen, sei es bei der Schiene, wo wir die Elektrifizierung und den Ausbau beschleunigen müssen, sei es bei der Straße, wo wir in der Tat priorisieren müssen. Deswegen switchen wir um. Wir haben 4 000 kaputte Brücken vorgefunden. Deswegen legen wir jetzt den Fokus auf das Brückenmodernisierungsnetz. Wir werden die Zahl der Ersatzbauten stetig erhöhen. Das ist auch wichtig für die Logistik in Deutschland. Wir müssen aufräumen mit dem, was wir vorgefunden haben: leider keinen Planungsvorrat, nur kaputte Brücken. Wir gehen das jetzt an.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben die Lkw-Stellplätze angesprochen. Das ist unstrittig. Auch diese bauen wir aus – 700 Millionen Euro stehen dafür bereit –, und das nicht nur an Bundesfernstraßen, sondern auch an Autohöfen. Das ist neu. Das klappt gut und kommt unterwegs gut an.

Da Sie nur von Lkws reden: Ja, in der Tat gibt es die Herausforderung der Kraftstoffpreise. Deswegen gab es für kurze Zeit den Tankrabatt, aber das kann ja nicht die Dauerlösung sein. Wir haben eingeführt, dass das Statistische Bundesamt die von der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe beim Bundeskartellamt stammenden Tagesdurchschnittspreise für Kraftstoffe wöchentlich veröffentlicht, damit die Unternehmen, die in der Regel einen Dieselfloater haben, die Preise weitergeben können. Das ist Marktwirtschaft; das funktioniert. Das haben wir gemacht, und das läuft auch gut.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die CO2-Abgabe haben Sie nicht erwähnt. Sie wird ausgesetzt. Das ist, glaube ich, in der jetzigen Lage angemessen.

Lassen Sie uns jetzt zur Maut kommen. Ich bin etwas überrascht, dass Sie da ein komplexes Regelwerk etwas unterkomplex darstellen. Wir haben zum einen die Eurovignetten-Richtlinie, die Mitgliedstaaten aufgibt, Änderungen umzusetzen, und zum anderen die Gesetze zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes. Das letzte Änderungsgesetz hat die Große Koalition mit Verkehrsminister Scheuer auf den Weg gebracht. Es sieht vor, dass wir die Maut basierend auf dem Wegekostengutachten für die letzten fünf Jahre zum Stichtag 1. Januar 2023 anpassen.

Sie haben eben den Aspekt Infrastrukturkosten erwähnt, aber die Ansetzung von Lärm- und Umweltkosten, also die Internalisierung externer Effekte, vergessen. Aber die ist rechtlich notwendig. Ich möchte Sie mal an eine Tatsache erinnern, weil Ihre Wahrnehmung in Bezug auf Anhörungen ein bisschen selektiv ist: Sie haben den Herrn Schulz, früher Staatssekretär im unionsgeführten Ministerium, als Experten benannt. Und der von Ihnen benannte Experte der Toll Collect – er wurde ja mal „Mister Maut“ genannt – hat klar gesagt: Um zum 1. Januar 2023 eine rechtssichere Maut zu haben und zu verhindern, dass es weitere Klagen und Einnahmeausfälle gibt, ist es rechtlich notwendig, dass wir das so umsetzen. – Insofern: Hören Sie auf die Experten, die Sie selber vorgeschlagen haben!

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Anja Troff-Schaffarzyk [SPD] und Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sprechen den LNG-Bereich an. Die Planungssicherheit ist in der Tat ein Argument. Man kann im Nachhinein fragen, ob es so schlau war, dass Sie hier für die Maut eine Ausnahme geschaffen haben.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau so ist es!)

Jetzt haben sich die Unternehmen LNG-betriebene Fahrzeuge angeschafft. Deswegen sind wir mit ihnen und auch mit dem BMWK im Austausch, um eine Lösung zu finden. Es gibt jetzt auch Programme für energieintensive Kleinunternehmen. Man muss schauen, ob man das darüber regeln kann. Aber das Entscheidende ist: Die EU-Kommission wollte Ihre Ausnahme nie. Sie hat ja sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik angekündigt. Das haben Sie hier unterschlagen. Und angesichts des hohen Weltmarktpreises fordern Sie, den LNG-Preis an den Dieselpreis zu koppeln. Das ist relativ kompliziert. Dazu schreiben Sie in Ihrem Antrag einen halben Satz. Sie müssen bitte mit Zahlen, Daten und Fakten erklären, wie das gehen soll.

(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Kriegen Sie schon hin bei den Beamten!)

Einfach eine Forderung von Verbänden zu kopieren, ist ein bisschen dünn. Klar ist: Wir wollen auch hier den mittelständischen Unternehmern helfen. Aber wenn Sie fordern, den LNG-Preis an den Dieselpreis zu koppeln, dann erklären Sie bitte auch, wie das gehen soll. Das kann ich aus Ihrem Antrag nicht herauslesen.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Da Sie immer den AdBlue-Mangel beschwören, was übrigens auch zu Hamsterkäufen führt und die Lage eher erschwert als verbessert, lassen Sie mich klar sagen: Wir haben das gerade mit den National Contact Points der EU diskutiert. Da gibt es eine Entspannung der Lage. Erfreulicherweise haben wir drei große Produzenten in Deutschland und einen funktionierenden europäischen Binnenmarkt. Staatssekretär Kellner ist hier im ständigen Austausch, wir sind es auch. Durch die Gaspreisbremse ist es gelungen, dass auch in Piesteritz wieder produziert wird. Es gibt also weder in Europa noch in Deutschland eine Mangellage. Die gute Nachricht ist: Die Versorgung mit AdBlue ist erst mal gesichert. Insofern ist Ihr Antrag auch an der Stelle nicht mehr aktuell und zutreffend.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wo es in der Tat viel zu tun gibt, ist der Fahrermangel. Auch dazu stehen in Ihrem Antrag nur zwei, drei dünne Sätze. Wir alle sollten nicht suggerieren, dass die Politik das Problem alleine lösen kann. Wir haben allgemein einen Fachkräftemangel. In erster Linie brauchen wir gute Arbeitsbedingungen und gute Löhne. Den Fachkräftemangel zu bekämpfen, ist nicht so einfach. Wir arbeiten daran und setzen auf Einwanderung und – das ist ein wichtiger Aspekt – die Anerkennung von Führerscheinen. Sie sehen also: Wir sind an den wichtigen Themen dran.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir sind begeistert!)

Die Logistikketten sind angespannt, aber funktionieren.

In dem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit. Ich hoffe, in den laufenden Beratungen kommen noch bessere Vorschläge. Wenn es welche gibt, nehmen wir sie gerne auf. Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU/CSU hat das Wort Dr. Christoph Ploß.

(Beifall bei der CDU/CSU – Felix Schreiner [CDU/CSU]: Jetzt kommen mal Fakten!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7546967
Wahlperiode 20
Sitzung 60
Tagesordnungspunkt Krise in der Güterverkehrs- und Logistikbranche
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