Alexander ThromCDU/CSU - Änderung des Aufenthaltsrechts
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Ampel schafft ein Amnestiegesetz für Menschen, die ausreisepflichtig sind, die hier keinen Schutzanspruch haben, keines Schutzes bedürfen, sondern deren Ausreisepflicht rechtskräftig bestätigt ist.
(Zuruf des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD])
Das hat auch nichts mit Humanität zu tun; denn denen, die Schutz brauchen, geben wir diesen Schutz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, Sie führen die Menschen schlichtweg in die Irre.
(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Die Ihr Auto reparieren! Die Ihr Haus reparieren!)
Ihr sogenanntes Chancen-Aufenthaltsrecht nützt nur einer Personengruppe unter den Geduldeten, nämlich denen ohne geklärte Identität. Alle anderen Geduldeten haben heute schon die Möglichkeit, zu arbeiten und spätestens nach sechs bis acht Jahren ihr Daueraufenthaltsrecht zu bekommen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe der Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD] und Ates Gürpinar [DIE LINKE]])
Nur denjenigen ohne geklärte Identität, die ihren Pass nicht vorlegen, von denen wir nicht wissen, woher sie kommen und wie sie heißen, ermöglichen Sie das Bleiberecht.
(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen, dass es nicht so einfach ist, einen Pass zu bekommen! – Zuruf der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Im zweiten Migrationspaket kommt dann, Frau Ministerin, mit Sicherheit die eidesstattliche Erklärung, die ausreicht, sodass dann genau diese Personengruppe sagen kann: Ich heiße so und so, ich komme da und da her. – Und dann müssen wir das glauben. Das ist ein großes Sicherheitsrisiko. Sie führen die Menschen hier in die Irre, Herr Kollege Thomae.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und natürlich wirkt das Gesetz rückwirkend. Für die Zukunft brauchen Sie das auch gar nicht mehr; denn Sie schaffen ja weitere Bleiberechte für Erwachsene, aber insbesondere für sogenannte Jugendliche. Und jugendlich ist man laut der Ampel im aufenthaltsrechtlichen Sinn zukünftig bis zum zarten Alter von 27 Jahren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe der Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Ates Gürpinar [DIE LINKE])
Bis zum Alter von 27 Jahren kann das Privileg genutzt werden, als sogenannter Jugendlicher hier ein Bleiberecht zu erhalten.
(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist in vielen Bereichen schon so festgelegt! Das ist in der Wissenschaft auch so!)
Das ist wirklich keine geordnete Migrationspolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn man weiß, dass 2021 73 Prozent aller Asylanträge von Menschen bis 29 Jahren – so ist die Statistik halt – gestellt wurden, dann wissen Sie, was dies in Zukunft für eine Öffnung hier in Deutschland bedeutet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wollen, dass es zukünftig heißt: Jeder, der irgendwie nach Deutschland kommt, kann auch hier bleiben, egal ob er Schutzanspruch hat oder nicht.
(Dunja Kreiser [SPD]: Das Gesetz nicht verstanden oder nicht gelesen! – Beatrix von Storch [AfD]: Und einen Pass kriegen! Und eingebürgert werden! Und dann seine Familie nachholen!)
Kollege Throm, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung?
Aber immer.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Schön, Herr Kollege, dass Sie die Frage zulassen. – Wir ermöglichen mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht 130 000 Menschen in diesem Land, die hier eine Perspektive suchen, eine echte Perspektive. Wir beide kommen aus dem gleichen wirtschaftsstarken Bundesland Baden-Württemberg und stellen da an allen Orten fest, dass wir einen heftigen Personalmangel haben,
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Personalmangel behebt man nicht mit illegalen Einwanderern! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das sind doch zwei völlig verschiedene Gruppen von Personen!)
egal ob es beim Handwerker ist, beim Friseur, in der Gießerei oder in der Härterei. Überall gibt es Fachkräftemangel, Arbeitskräftemangel.
Zu meiner Frage. Wenn ich bei mir mit Betrieben spreche, dann höre ich immer wieder, dass sie das Chancen-Aufenthaltsrecht gut finden. Auch die IHK hat ausdrücklich gesagt, dass das eine gute Sache ist.
(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! – Zuruf: Hört! Hört!)
In meinem Wahlkreis gibt es viele Betriebe, die es gut finden, dass Menschen, die an der Werkbank stehen, aber nur geduldet sind, dadurch bleiben können und ihren Arbeitsplatz dauerhaft behalten und damit auch den Wirtschaftsstandort Deutschland bzw. bei uns Baden-Württemberg unterstützen. Meine Frage an Sie: Haben Sie in Ihrem Wahlkreis auch solche Betriebe?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Herr Kollege, ich kenne die Diskussionen auch; aber bei mir im Wahlkreis werden Fachkräfte gesucht.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Genau!)
Das ist nicht die Personengruppe, um die es heute in Ihrem Gesetz geht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie schaffen damit Anreize für Un- und Minderqualifizierte,
(Dunja Kreiser [SPD]: Das stimmt nicht!)
und das ist nicht die Personenklientel, die zukünftig unsere Volkswirtschaft und unsere Betriebe rettet. Deswegen ist es das völlig falsche Signal, das Sie hier aussenden.
Herr Kollege, auch dazu, was Herr Thomae gesagt hat – man möge jetzt legale Wege schaffen, damit man nicht mehr illegal nach Deutschland kommen müsse –:
(Zuruf des Abg. Stephan Thomae [FDP])
Glauben Sie denn wirklich, dass dann, wenn Sie mit einem Gesetz zusätzliche legale Wege schaffen,
(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Für Arbeitskräfte?)
zukünftig die anderen irgendwo auf der Welt sagen: „Oh, die Ampel hat hier jetzt legale Wege geschaffen; ich falle aber nicht darunter, dann bleibe ich mal zu Hause sitzen“?
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die kommen zusätzlich. Sie schaffen weitere Anreize.
(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht wahr!)
Insbesondere die FDP ist hier bei ihrer Wählerklientel irreführend unterwegs.
(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Die Wirtschaftskompetenz der Union war schon mal deutlich größer! Irgendwann war die Union mal eine Wirtschaftspartei! – Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie mal mit den Handwerkern vor Ort!)
Herr Kollege Thomae, aus meiner Heimatstadt Heilbronn kam Theodor Heuss. Wir haben eine lange liberale Tradition. Wenn ich aber mit Menschen in meinem Wahlkreis, die der FDP zuneigen, über dieses Gesetz spreche und sie darüber aufkläre, was da wirklich drinsteht, dann haben sie kein Verständnis. Sie machen das Projekt „5 Prozent“, aber von oben nach unten. Sie arbeiten an Ihren Wählerinnen und Wählern vorbei.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Unsinn, was Sie erzählen! – Zurufe der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Stephan Thomae [FDP])
Letzte Bemerkung: Rückführungsoffensive. Das ist eine Farce. Denn wenn dieses Gesetz umgesetzt wird, dann bleiben zum Schluss nur noch Straftäter übrig, die abgeschoben werden müssen. Allen anderen gewähren Sie dauerhafte Bleiberechte.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wirtschaftsfeindlich!)
Das Wort hat der Abgeordnete Robert Farle.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547291 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 62 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Aufenthaltsrechts |