21.10.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 64 / Tagesordnungspunkt 26

Christian HaaseCDU/CSU - Stabilisierungsfondsgesetz, Beschluss Art. 115 II GG

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es herrscht Verunsicherung in unserem Land. In Familien ist das Thema Energiekosten täglich auf dem Tisch, genauso wie bei jedem Meeting in jedem Unternehmen.

Wahrscheinlich bekommen auch Sie täglich Anrufe von besorgten Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen: Da ist der Bäcker aus meinem Wahlkreis, der von einer Verzehnfachung der Gaspreise berichtet. Es kommen viele Leute von weither, um sein Brot zu kaufen, aber eine Verdoppelung der Brotpreise will er seinen Kunden nicht zumuten. Bereits in der Coronakrise hat er einen Teil seiner Alterssicherung eingesetzt; das will er nicht noch mal tun. Wenn die Regierung jetzt nicht handelt, schließt er seinen Betrieb.

(Bettina Hagedorn [SPD]: Wir handeln ja! – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Da ist die Witwe. Ihr Vermieter teilt mit, der Heizkostenabschlag werde sich verdreifachen. Sie weiß nicht, wie sie das von ihrer Witwenrente bezahlen soll. Sie spart schon, wo sie kann. Der Garten ist längst zum Ersatz des Supermarktes geworden.

(Otto Fricke [FDP]: Und deswegen seid ihr dagegen, dass es Geld gibt? – Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stimmen Sie zu! – Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Da ist der Inhaber eines Modehauses. Die Verkaufsräume leeren sich deutlich spürbar. Selbst am verkaufsoffenen Sonntag kommt es nicht zum erhofften Konsumschub, und am Montag bringen die Leute die Mäntel zurück, weil sie sie sich doch nicht leisten können. Selbst der Habeck-Pulli wird zum Ladenhüter, und dabei ist die Coronakrise noch gar nicht überwunden. Meine Damen und Herren, deshalb ist es richtig und wichtig, jetzt über Strompreisbremsen zu sprechen, jetzt über Gaspreisbremsen zu sprechen und nicht nur die Finanzierung auf den Weg zu bringen, sondern endlich zu sagen, wie wir den Menschen und Unternehmen in diesem Land helfen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie Ihren Abwehrschirm hier so loben, dann sage ich Ihnen: Dieser Schirm hat keinen Stock. Mit Ihrem Schirm stehen die Leute weiterhin im Regen, weil Sie den zweiten Teil einfach nicht angehen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Also, wir haben einen ersten Teil! Der ist richtig, aber den wollt ihr nicht, weil der zweite noch nicht da ist?)

Es war doch allen klar: Nah dem Einfall von Putin in die Ukraine wird es zu einer Energiekrise kommen. Der Kanzler hat gesagt, er wusste das schon im Herbst. Aber außer dass er Nord Stream 2 durchgewunken hat, hat er nicht darauf reagiert. Er hätte ja schon an der Stelle etwas tun können; das hat er nicht gemacht. Was hätte eine Regierung als Antwort auf Putins Energieknebel tun müssen?

(Zuruf des Abg. Dr. Matthias Miersch [SPD])

Angebotsausweitung wäre die Antwort gewesen: Biogasdeckel weg, Kohlekraftwerke aus der Reserve, Laufzeitverlängerung bei Kernkraftwerken, LNG als Ersatz. All das hat die Regierung getan, aber zu langsam, zu spät und immer nur halbherzig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das wäre zu Beginn des Krieges notwendig gewesen. Das wäre ein Wumms für den Energiemarkt gewesen, und dann hätte es die Spekulationen und diesen Doppel-Wumms von heute nicht gegeben.

(Zuruf des Abg. Christian Dürr [FDP])

Zuletzt konnten wir das ja an dem inszenierten Schauspiel zur Kernkraftverlängerung sehen. Da wird gesagt: Ja, wir haben jetzt was getan. Bis zum 15. April 2023 werden die Laufzeiten verlängert. – Heute bekommen wir einen Beschluss vorgelegt, in dem steht: Die Krise dauert bis Juni 2024. – Das passt doch nicht zusammen. Sie sind nicht bereit, die Dinge auch mal zu Ende zu denken.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben den Atomausstieg doch beschlossen! Das ist doch Ihr Gesetz! Ihr Atomausstiegsgesetz!)

Wer glaubt, dass heute irgendwas Konkretes beschlossen wird, der irrt. Wir sollen hier einen Geldsack mit Schulden füllen, ohne zu wissen, was mit dem Geld passiert. Die Gaskommission hat geliefert.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wofür sind Sie denn, Herr Haase?)

Ihre Regierung, Frau Haßelmann, liefert nicht. Die Strompreisbremse, so hört man, soll erst im November finalisiert werden.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind Sie denn für längere Laufzeiten?)

Ihre Entscheidungsverweigerung frustriert die Familien und Unternehmen in diesem Land. Und wenn Herr Miersch sagt: „Wir gucken uns das mal im Januar, Februar an und werden dann irgendwann im Frühjahr entscheiden“, dann nenne ich das „soziale Kälte“, Herr Miersch.

(Christian Schreider [SPD]: Hören Sie doch auf, zu lügen! – Dr. Matthias Miersch [SPD]: Lesen Sie doch mal im Protokoll nach!)

Das ist soziale Kälte und kein Respekt vor den Menschen in diesem Land.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es wird Insolvenzen geben – das fängt jetzt an; das können Sie schon an den Zahlen ablesen –, und jeder dieser Betriebe geht auf Ihre Kappe, liebe Ampel.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie das Gesetz hier allein als Signal an die Märkte verstehen, dann sage ich Ihnen: Wir arbeiten hier nicht für Märkte, wir arbeiten für die Menschen und Unternehmen in diesem Land; das ist wichtig.

(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Nee, Sie arbeiten nicht! Sie verweigern sich! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wir brauchen die Entscheidung über die Bremsen jetzt. Aber Sie verwenden lieber drei Viertel Ihrer Redezeit darauf, uns als CDU/CSU zu beschimpfen, statt Ihre Konzepte endlich offenzulegen und den Menschen in diesem Land zu helfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie endlich liefern, kommen wir hier gerne in den nächsten zwei Wochen zu einer Sondersitzung zusammen und entscheiden, wie es mit der Gaspreisbremse und Strompreisbremse weitergeht. Wir sagen Ja zu niedrigen Energiepreisen. Wir sagen Nein zu Ihrer Finanzierung. Schalten Sie Ihre Ampel mal auf Grün!

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Dr. Wiebke Esdar.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7547554
Wahlperiode 20
Sitzung 64
Tagesordnungspunkt Stabilisierungsfondsgesetz, Beschluss Art. 115 II GG
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