Bengt BergtSPD - Deutschlands Rohstoffabhängigkeit
Vielen Dank. – Moin, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Eigentlich lohnt es sich ja kaum, auf den Antrag der AfD einzugehen – er ist technisch wieder mal schlecht gemacht –; aber die Leute da draußen sollen wirklich mal erfahren, was das für eine Truppe ist, die hier sitzt. Die AfD verbindet in perfider Weise jedes ihrer Anliegen mit der unerträglichen Hetze
(Stephan Brandner [AfD]: Oje!)
gegen Andersdenkende und Andersgläubige. So verlangen Sie dieses Mal allen Ernstes, wir sollen anderen Ländern keine LGBTQ-Rechte aufzwingen und lokale Kulturen einfach tolerieren.
(Stephan Brandner [AfD]: Völlig richtig! – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Todesstrafe für Homosexuelle, das finden sie ganz super!)
Gerade eben wurde schon das Beispiel Kindersklavenarbeit genannt. Das können wir nicht tolerieren. Das zeigt aber sehr deutlich, was Sie für ein Menschenbild haben, meine Damen und Herren. Das ist schäbig und armselig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Wie steht es mit Katar?)
Dabei sollte jeder wissen, dass die Einhaltung von Bürger- und Menschenrechten nicht nur eine Frage von Moral und Anstand ist, sondern auch ein Standortfaktor. Denn dort, wo Menschen frei leben und denken dürfen, bringen sie sich in die Wertschöpfung ein, und dort lassen Investoren auch gern ihr Geld, meine Damen und Herren. Doch leider zeigen Sie einmal mehr: „Anstand und wirtschaftliche Fachkenntnis“ ist echt nicht Ihr Thema.
(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Gibt es gar nicht!)
Nun zu Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union. Als Energiepolitiker und zuständiger Berichterstatter für das Thema Windenergie ist es mir natürlich ein Anliegen, dass wir die Energiewende vorantreiben und die Wertschöpfung in Deutschland halten und weiter ausbauen.
Es gibt in Deutschland 344 000 Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien. Das sind 40 000 mehr als in der chemischen Industrie. Das zeigt das Potenzial, das dahintersteckt. Was hat das alles mit sicherer Versorgung zu tun? Ziemlich viel. Denn zum Beispiel für die Produktion von Windenergieanlagen werden bis 2040 weltweit etwa 22 Millionen Tonnen verschiedener Rohstoffe benötigt: Stahl, Zink, Kupfer, und zwar aus der ganzen Welt, aus Chile, aus Südafrika, aus China. Das ist sehr, sehr viel.
Insofern behandeln Sie in Ihrem Antrag ziemlich wichtige Anliegen, aber aus der falschen Perspektive heraus. Rohstoffpartnerschaften und eine Diversifizierung der Rohstoffquellen sind wichtig. Das ist geschenkt; alles gut. Aber etwas verwundert bin ich da schon; denn viele der Punkte waren bereits Teil der Rohstoffstrategie der letzten Bundesregierung, und da waren Sie, glaube ich, dabei.
(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Sie, glaube ich, auch!)
Wir haben von Frau Dr. Brantner gehört, dass das weiter angepasst und forciert wird. Also, Sie wärmen hier jetzt kalten Kaffee auf. Wie immer – der Kanzler hat das schon angedeutet –: Wenn Sie ein Korn finden, sind wir schon dabei, das Mehl zu mahlen und den Kuchen zu backen.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wie goldig!)
Von daher brauchen wir uns das gar nicht weiter anzugucken; das passt so weit schon.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber was ist mit den Umwelt- und Klimaschutzaspekten? Auch diese spielen bei der Frage der Rohstoffgewinnung und des Rohstoffimports eine immer größere Rolle.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sie verwenden Ihre ganze Redezeit, ohne etwas zu sagen!)
Dazu mal ein Beispiel: Der Methanausstoß muss deutlich reduziert werden; denn Methan fällt zum Beispiel bei der Gewinnung und Veredlung von fossilen Brennstoffen an, beim Transport in die EU oder auch nach Deutschland. Auf 20 Jahre betrachtet ist Methan 83‑mal klimaschädlicher als CO2. Es ist deshalb gut, dass wir die Methanstrategie gemeinsam mit der Wirtschaft weiter forcieren; aber in Ihrem Antrag findet sich kein Wort dazu.
Was ist mit den sozialen Aspekten? Wettbewerbsfähigkeit, Schaffung von Wertschöpfung, Jobs, Umwelt- und Klimaschutz, Einhaltung von Bürger- und Menschenrechten – das alles muss zusammengedacht werden. Dazu in dem Antrag – kein Wort.
Lassen Sie sich noch ein bisschen was zu den Themen „Rohstoffabhängigkeiten“ und vor allem „Diversifizierung“ sagen. Man darf ja ruhig noch mal daran erinnern, dass die Ampelkoalition in einem Jahr die Rohstoffabhängigkeiten abbauen muss, die die CDU-geführten Bundesregierungen 16 Jahre lang aufgebaut haben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Man darf auch noch mal daran erinnern, dass ausgerechnet diejenigen, die jetzt nach mehr Unabhängigkeit brüllen, 16 Jahre jede einzelne Windenergieanlage in Deutschland bekämpft und beklagt haben.
(Bernhard Loos [CDU/CSU]: Gedächtnisverlust!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, das geht eben nicht: Mehr heimische Rohstoffe nutzen wollen, aber gleichzeitig die Nutzung der wichtigsten Rohstoffe über Jahre und Jahrzehnte bekämpfen, nämlich Sonne und Wind,
(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: „Nord Stream 2 ist eine private Angelegenheit!“)
und die gibt es auch noch umsonst.
(Stephan Brandner [AfD]: Das sieht man an jeder Stromrechnung, wie umsonst das ist!)
Stattdessen versuchen Sie im Antrag, ziemlich billig und durch die Hintertür einen Weg für unkonventionelles Fracking zu eröffnen.
(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Ach was!)
Für alle, die nicht genau wissen, was das ist. Das ist ein Chemiecocktail, der in den Boden reinverpresst wird, um den Klimakiller Nummer eins, nämlich Methan, also Erdgas, aus dem Boden zu holen, und das wollen Sie hier in Deutschland zulassen.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: In den USA wird es anders gemacht, oder? Deshalb kaufen wir es lieber aus den USA!)
Wir brauchen Erdgas noch – noch! Aber wissen Sie, was besser ist für die Versorgungssicherheit und für das Klima als zwei Fracking-Bohrungen? Eine Fracking-Bohrung in den USA, die schon ausgebeutet wird und die wir nutzen, um von diesem Zeug endlich loszukommen und endlich eine klimaneutrale, erneuerbare Welt zu schaffen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Da kommt kein Methan bei raus? Heuchelei!)
Wir müssen uns eine grundlegende Frage stellen.
Herr Kollege, ich dachte, das war schon der Punkt, weil die Redezeit um ist.
Ich komme zum Ende. – Letzter Satz. Wir stellen uns die grundlegende Frage: Wie wollen wir weitermachen? Wollen wir, wie die Union, weiter Kohlenstoff aus dem Boden holen, der 300 Millionen Jahre eingelagert wurde, den verbrennen und freisetzen?
Herr Kollege.
Oder wollen wir endlich in eine neue, saubere zukünftige Welt gehen, wie wir als Ampel es tun?
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Kathrin Henneberger hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7547578 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Deutschlands Rohstoffabhängigkeit |