09.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 65 / Zusatzpunkt 3

Nadine SchönCDU/CSU - Digitale Verwaltung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Der Bund riskiert das Scheitern der Verwaltungsdigitalisierung.“ – Mit diesem klaren und einfachen Satz bringt es ein aktueller Brandbrief von heute von drei Digitalministern auf den Punkt. Die Alarmleuchten in Ländern und Kommunen stehen auf Rot, und auch wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind tief besorgt um die Zukunft der Verwaltungsmodernisierung in diesem Land. Und das hat drei Gründe.

Die erste Sorge, die wir haben: Ende dieses Jahres laufen die sogenannten OZG-Gelder aus, die Gelder, die wir für die Verwaltungsmodernisierung eingestellt haben. Das Onlinezugangsgesetz, das Gesetz, das Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, alle Dienstleistungen vollständig digital anzubieten, haben wir im Rahmen der Konjunkturprogramme mit 3 Milliarden Euro unterlegt. Gelder, die vor Ort zu einem wirklichen Push, zu einer neuen Dynamik geführt haben; denn sie wurden mit der verbindlichen Zusage der Länder verknüpft, dass sie ihre Leistungen nach dem EfA-Prinzip, dem sogenannten Einer-für-alle-Prinzip entwickeln. Das heißt, digitale Leistungen werden einmal entwickelt und können dann von allen Ländern und Kommunen ausgerollt und vor Ort implementiert werden. Das wurde auch gemacht; das wurde in den verschiedenen Ländern und in den Kommunen sehr dynamisch gemacht.

Nun muss der zweite Schritt kommen, nämlich der Rollout in anderen Ländern, in anderen Kommunen. Die genannten Gelder werden genau dafür weiter gebraucht; das sagen uns auch alle Länder und Kommunen. Deshalb herrschte blankes Entsetzen, als man den Bundeshaushalt für das nächste Jahr betrachtet hat und dabei festgestellt hat, dass dort für Verwaltungsdigitalisierung insgesamt nur ein minimaler Betrag eingestellt war. Das ist besonders verwunderlich, weil von diesen 3 Milliarden Euro, die wir eingestellt haben, noch Gelder übrig sind. Und diese Gelder werden sogar von der Europäischen Union im Rahmen des Wachstumspakets im Zuge von Corona refinanziert. Was Sie also machen, liebe Koalition, ist, Gelder, die vorhanden sind, liegen zu lassen, Gelder, die vorhanden sind, nicht zu nutzen, sie stattdessen an die Europäische Union zurückzugeben und Länder und Kommunen im Regen stehen zu lassen. Das ist ein Skandal.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben in dieser Woche die Möglichkeit, diesen Fehler zu korrigieren, und Sie müssen ihn korrigieren; denn sonst kommt die Umsetzung der digitalen Leistungen vor Ort zum Stillstand. Das sind wichtige Leistungen wie etwa das Breitband-Portal, über das wir gerade im Digitalausschuss diskutiert haben und das gebraucht wird, um den Breitbandausbau schneller voranzutreiben, um die Genehmigungsprozesse zu digitalisieren und zu flexibilisieren, oder – von Bayern entwickelt – das Förderportal oder – von Hessen entwickelt – die Leistungen für die Gewerbesteueranmeldungen. Das sind ganz wichtige Leistungen, die überall in unserem Land gebraucht werden. Dafür braucht man das Geld. Ich bitte Sie, in den Haushaltsberatungen dafür zu werben, dass diese Gelder auch künftig zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die zweite Sorge – sie ist eng damit verknüpft – lautet: Das Onlinezugangsgesetz läuft ebenfalls Ende dieses Jahr aus, und es gibt noch kein Nachfolgegesetz. Auch hier entsteht eine Hängepartie, auch hier entsteht Unsicherheit für Länder und Kommunen, wie künftig die Governance beim Onlinezugangsgesetz erfolgen soll, wie man das Ganze weiterführen soll. Jetzt kann man ja sagen: Das war in der Vergangenheit nicht alles perfekt. – Aber man muss ein Gesetz doch besser machen. Es ist doch nicht damit getan, die Hände in den Schoß zu legen und einfach gar nichts mehr zu machen, so wie Sie das gerade tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb unterstützen wir Sie. Wir haben einen Antrag vorgelegt mit ganz konkreten Vorschlägen, die Sie gerne integrieren können. Wir wollen schnellere Verfahren für die Festlegung verbindlicher Standards. Wir wollen die FITKO stärken, ein ganz wichtiges Instrument, um die Standardisierung zwischen den Ländern und dem Bund voranzutreiben. Wir brauchen ein besseres Monitoring, eine bessere Steuerung, und wir wollen einen App-Store für die EfA-Verwaltungsdienstleistungen entwickeln. All das ist schon vorbereitet, muss jetzt aber intensiviert und besser gemacht werden, und dazu braucht es ein neues Gesetz. Das fällt uns nicht erst jetzt ein, sondern das sagen wir schon die ganze Zeit. Das sagt auch der Normenkontrollrat schon die ganze Zeit. Das wurde schon im Sommer angemahnt. Die Länder wurden auch schon gebeten, Vorschläge einzureichen. Aber seit gestern wissen wir: Bis Ende des Jahres werden wir einen entsprechenden Gesetzentwurf wohl nicht sehen. Und das ist der zweite Skandal.

Was also macht diese Koalition? Sie lässt eine Hängepartie zu, die zu einem Rückschritt führen wird.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Das ist das Gegenteil von dem, was Sie im Koalitionsvertrag versprochen haben. Deshalb fordern wir Sie auf: Nutzen Sie diese Woche, schaffen Sie Fakten – morgen im Gespräch mit dem IT-Planungsrat im Kanzleramt mit den Ländern und morgen Abend im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, damit wir die Verwaltungsdigitalisierung retten können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort Dunja Kreiser.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Volker Redder [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7547754
Wahlperiode 20
Sitzung 65
Tagesordnungspunkt Digitale Verwaltung
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