11.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 66 / Tagesordnungspunkt 31

Ottilie KleinCDU/CSU - Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In zehn Tagen beginnt die Fußballweltmeisterschaft in Katar – ein Großereignis, auf das viele Fußballfans seit Monaten hinfiebern. Doch die Vorfreude auf das Sportereignis ist getrübt; denn Tausende Menschen sind auf den Baustellen der Fußballstadien ums Leben gekommen. Es gab zahlreiche Unfälle. Es gibt Menschen, die Verletzungen erlitten haben und ihr Leben lang die Folgen davontragen werden. Bei den Betroffenen handelt es sich vorrangig um Arbeitsmigranten, die in den meisten Fällen weder von Katar noch von ihrer Heimat eine Wiedergutmachung oder Unterstützung erwarten können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wahrheit ist: Sichere Arbeitsbedingungen sind in vielen Staaten nicht vorhanden. Um diese Lücke zu schließen, haben die Vereinten Nationen den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, den sogenannten UN-Sozialpakt, ins Leben gerufen. Der Pakt, der 1966 verabschiedet wurde und dem Deutschland 1973 beigetreten ist, zählt zu den wichtigsten Menschenrechtsverträgen der Vereinten Nationen.

(Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Fakultativprotokoll, über das wir hier sprechen, ist eine Ergänzung dieses Paktes. Es soll diesen um wichtige Beschwerdeverfahren erweitern. Dadurch macht das Fakultativprotokoll wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte noch verbindlicher.

Vor dem Hintergrund unserer globalisierten Märkte kann die Bedeutung des UN-Sozialpaktes gar nicht hoch genug geschätzt werden, stellt er sich doch entschlossen gegen Menschenrechtsverletzungen, wie zum Beispiel Kinder- und Zwangsarbeit. Mit dem Lieferkettengesetz haben wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der letzten Legislaturperiode einen Meilenstein dafür gesetzt, Menschenrechte in globalen Lieferketten zu stärken.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Umsetzung des Fakultativprotokolls geht in eine ähnliche Richtung.

Wer die Diskussion über das Fakultativprotokoll in der Vergangenheit verfolgt hat, weiß aber auch, dass es eine ungelöste Frage bei der Umsetzung in deutsches Recht gibt, nämlich die besondere Stellung der Beamtinnen und Beamten und das damit einhergehende Streikverbot. Hier besteht ein möglicher Widerspruch zwischen dem Pakt und unserem nationalen Recht. Zum Umgang mit diesem Spannungsfeld habe ich die Bundesregierung befragt, und ich erwarte, dass diese Frage geklärt wird, da wir hier verfassungsrechtliche Grundsätze berührt sehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ungeachtet dieser speziellen Rechtsfrage sendet die Ratifizierung des Fakultativprotokolls ein wichtiges Signal für das Völkerrecht und für einen starken internationalen Menschenrechtsschutz in einer Zeit, in der Menschenrechte an vielen Orten der Welt mit Füßen getreten werden. Seit gestern wissen wir: Wer im Iran auf die Straße geht und demonstriert, der unterschreibt damit sein Todesurteil. Polizei und Sondereinsatzkräfte haben in den letzten Wochen immer wieder mit scharfer Munition in die Menge von Demonstranten geschossen. Menschenrechtsorganisationen sprechen bereits von mehr als 300 Toten. Selbst wer sich nur solidarisch erklärt und die Gewalt des Staates verurteilt, gerät ins Visier der Staatsgewalt. 14 000 Menschen wurden demnach bereits festgenommen, 2 000 Gerichtsverfahren laufen. Eine unabhängige Verteidigung haben die Angeklagten dabei vermutlich nicht.

Unsere grüne Außenministerin, Annalena Baerbock, die von Hause aus eher aus dem Völkerrecht kommt, wie wir seit dem Wahlkampf wissen,

(Heiterkeit bei der AfD)

bleibt in dieser Frage erstaunlich still. Andere Länder sind da deutlich entschlossener. Während zum Beispiel Kanada zehntausend der iranischen Sicherheitskräfte auf Sanktionslisten gesetzt hat, sanktionieren Deutschland und die EU lediglich elf Personen und vier Organisationen.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Unfassbar!)

Jetzt sollen weitere 31 Personen und Institutionen folgen. Und dafür feiert sich unsere sogenannte fortschrittliche Ampelregierung, die sich erst nach tagelangem Schweigen überhaupt zu den Protesten im Iran geäußert hat.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn 16 Jahre lang mit Iran gemacht?)

Das hat nicht nur wenig mit dem Anspruch einer feministischen Außenpolitik zu tun, das ist vor allen Dingen deutlich zu wenig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Das Gleiche gilt für Katar. Auch hier muss der politische Druck erhöht werden; denn es ist nicht ausreichend, wenn die sozialdemokratische Innenministerin Nancy Faeser in Katar den Reformwillen lobt, ohne notwendige Entschädigungen für die vielen Verletzten und betroffenen Familien anzumahnen. Die eklatanten Menschenrechtsverletzungen in Katar dürfen nicht folgenlos bleiben. Umso wichtiger ist es, dass wir heute hier mit der Zustimmung zu diesem Protokoll signalisieren, dass wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern zum Völkerrecht stehen und uns für einen internationalen Menschenrechtsschutz einsetzen. Darum stimmen wir als Union diesem Gesetz zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner ist Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn für Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548079
Wahlperiode 20
Sitzung 66
Tagesordnungspunkt Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
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