Josef OsterCDU/CSU - Inneres und Heimat, Datenschutzbeauftragter
Verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Ministerin, ich habe Ihnen natürlich eben aufmerksam zugehört und habe so ein bisschen den Eindruck gewonnen, dass Sie während Ihrer Reise nach Katar den Blick für die Realitäten in Deutschland ein Stück weit verloren haben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: So weit ist der Flug nicht!)
Ich wollte das eigentlich gar nicht kritisieren. Aber natürlich haben wir in Deutschland eine kritische Migrationslage. Wenn Sie das infrage stellen, dann haben Sie den Bürgermeistern und Landräten in unserem Land offenbar nicht zugehört.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich kann Ihnen nur empfehlen: Reden Sie mit diesen Menschen, und hören Sie ihnen aufmerksam zu!
(Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD]: Machen wir regelmäßig! Nicht nur einmal in vier Jahren!)
Wir haben eine kritische Situation in unserem Land.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen aus der Ampelkoalition, insbesondere wenn ich den Haushältern hier zuhöre, gewinne ich den Eindruck, dass die Koalition nur noch in Sondervermögen denkt.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Sonderschulden! Sonderschulden sind das! Kein Vermögen! Schulden!)
Dort werden Prioritäten gesetzt; alles andere bleibt irgendwie so, wie es ist. Das ist keine Haushaltspolitik. Eigentlich geht es darum, Prioritäten innerhalb des allgemeinen Haushalts zu setzen; und genau das passiert zu wenig.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])
Ganz besonders wären zwei Teilhaushalte in diesem Jahr gefordert: Das sind natürlich Inneres und Verteidigung. In beiden Bereichen sinken die Haushaltsansätze. Das ist falsche Prioritätensetzung, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])
Dabei muss es doch aktuell mehr denn je darum gehen, gerade im Bereich der inneren Sicherheit Schwerpunkte zu setzen; und da spielt unsere Bundespolizei eine ganz zentrale Rolle. Zunehmende Bedrohungslagen, steigende Zahlen von Links- und Rechtsextremismus, Anschläge auf unsere Infrastruktur – wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen, und wir müssen mehr in unsere Sicherheit investieren. Das ist nur ein Aspekt, der für mich dafür spricht, dass wir über dieses Jahr hinaus dringend den personellen Aufwuchs bei der Bundespolizei fortsetzen müssen. Dieser Aufwuchs muss weitergehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Ministerin!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das gilt eben auch für die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Migration. Die Bundespolizei ist ja auch für Rückführungen mit zuständig. Hier ist ein Schwerpunkt notwendig. Herr Kuhle, Sie haben da eben viel Richtiges zum Thema Rückführungen gesagt. Aber ich muss zurückfragen: Was ist denn mit dem Rückführungsbeauftragten, den diese Regierung groß angekündigt hat?
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau! Seit einem Jahr!)
Weit und breit keine Botschaft zu dieser Frage.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie ja in 16 Jahren auch nicht hingekriegt!)
Ich will aber bei der Bundespolizei bleiben: Wir dürfen nicht vergessen, dass in den nächsten Jahren eine erhebliche Ruhestandswelle auf die Bundespolizei zurollt. Und auch das ist ein Argument dafür, dass hier der Aufwuchs weitergehen muss. Verehrte Frau Ministerin, das ist aber offensichtlich nicht Ihr Plan, diesen Weg fortzusetzen. Ganz im Gegenteil: Sie bauen gerade in diesen Wochen massiv Aus- und Fortbildungskapazitäten bei der Bundespolizei ab.
(Marcus Bühl [AfD]: So ist es! – Martin Gerster [SPD]: Völliger Quatsch!)
Die Ausbildungsstätte in Bielefeld wird aufgelöst. An den Standorten Diez, Swisttal und Rotenburg an der Fulda werden Ausbildungskapazitäten zum Teil erheblich reduziert.
(Zuruf der Abg. Dr. Tanja Machalet [SPD])
Hier gab es ganz offensichtlich Einspardruck aus Ihrem Hause, und das ist ein falsches Signal! Wir brauchen in Zukunft mehr Polizistinnen und Polizisten in Deutschland, und wir benötigen mehr Aus- und Fortbildung bei der Bundespolizei, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will aber noch ein weiteres Thema ansprechen. In schwierigen Zeiten müssen die Menschen darauf vertrauen können, dass der Staat handlungsfähig ist. Frau Faeser, als Bundesinnenministerin sind Sie ja auch für wesentliche Fragen der Digitalisierung in unserem Land zuständig, ein Aufgabenfeld, bei dem man von Ihnen aber wenig bis gar nichts hört – auch heute nicht, verehrte Frau Ministerin. Aber gerade die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist weiterhin eine große Baustelle.
(Zuruf der Abg. Leni Breymaier [SPD])
Es fehlen Signale, wie es mit dem Onlinezugangsgesetz weitergeht – rechtlich und finanziell. Auch die Pläne zu den digitalen Identitäten und zur Registermodernisierung bleiben vage. Wir dürfen uns hier, Frau Ministerin, keinen Stillstand leisten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn in 16 Jahren in Sachen Digitalisierung hinbekommen? – Zuruf der Abg. Dunja Kreiser [SPD])
Meine Damen, meine Herren, in jeder großen Krise liegen aber immer auch große Chancen, und die Chance, Frau Ministerin, die öffentliche Verwaltung in Deutschland entscheidend weiterzuentwickeln und zu modernisieren, war vielleicht noch sie so groß wie jetzt. Deshalb die Bitte und Aufforderung: Nutzen Sie dieses Zeitfenster, verehrte Frau Ministerin!
(Zuruf der Abg. Leni Breymaier [SPD])
In schwierigen Zeiten, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, kommt es mehr denn je darauf an, dass die Menschen Vertrauen haben, Vertrauen in ein sicheres persönliches Umfeld und Vertrauen in einen funktionierenden und handlungsfähigen Staat. Beiden Ansprüchen wird dieser Haushalt jedenfalls nicht gerecht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Oster. – Das Wort erhält jetzt der Kollege Dirk Wiese, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Inneres und Heimat, Datenschutzbeauftragter |