Nadine SchönCDU/CSU - Bildung und Forschung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weihe Sie jetzt nicht in die Ergebnisse dieser Umfrage in unserer Fraktion ein,
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Wir haben ja Augen! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
sondern widme mich dem wichtigen Thema, das wir heute besprechen. Das ist mittlerweile der zweite Bundeshaushalt dieser Regierungskoalition. Ich muss sagen: Die Reden der Abgeordneten aus den Koalitionsfraktionen sind schon deutlich bescheidener als beim ersten Haushalt. Das hat auch einen Grund.
Ziehen wir einmal Bilanz nach einem Jahr Ampelregierung und nach dem zweiten Haushalt, der uns einen Blick darauf gewährt, was uns im nächsten Jahr erwartet. Versprochen wurde mehr Bildungsgerechtigkeit durch das Startchancen-Programm. Es wurde versprochen die Sanierung von Schulen, mehr Sozialarbeiter und ein Budget für Schulen; das ist das Startchancen-Programm. Bisher gibt es weder ein Budget noch ein Konzept. Das Einzige, was wir wissen: Frühestens 2024 geht es mit diesem Programm los. Was wir auch wissen: Von dem Programm werden längst nicht alle Schulen profitieren, sondern höchstens 4 000 von 30 000 Schulen. Ich frage mich: Verstehen Sie das unter umfassender Bildungsgerechtigkeit?
Versprochen wurden große BAföG-Reformen. Die erste haben Sie vorgelegt. Da wurden vor allem die BAföG-Sätze erhöht. Leider ist das Geld mittlerweile von der Inflation aufgefressen worden. Wir warten auf die zweite BAföG-Reform; aber hierfür haben wir bisher noch nicht einmal ein Konzept vorliegen.
Versprochen wurde eine ganzheitliche Politik. Ich habe wenig von den Bildungs- und Forschungspolitikern der Koalition gehört, als Ministerin Paus die Sprach-Kitas auf null gesetzt hat.
(Gyde Jensen [FDP]: Das war nicht Frau Paus! Das war Ihr mehrjähriger Finanzrahmen!)
Ich habe wenig von Ihnen gehört, als die Verteidigungsministerin die Mittel für Forschung im Bereich Sicherheit nahezu auf null herunterfuhr.
(Otto Fricke [FDP]: Die CDU ist doch der Meinung, es wird zu viel ausgegeben!)
Auch hierzu hätte ich gerne ein deutliches Wort der Forschungspolitiker dieser Koalition gehört.
Versprochen wurden Verbesserungen beim Digitalpakt, sehr schnell sollte ein Digitalpakt 2.0 verhandelt werden: wenig Bürokratie, Standards für die Digitalisierung, einheitliche Plattformen. Bis heute liegen nicht einmal Eckpunkte dafür vor. Sie wollten zusammen mit den Ländern einen Bildungsgipfel durchführen. Der ist nun endlich terminiert, wie ich höre, auf März nächsten Jahres. 15 Monate haben Sie gebraucht, um den Gipfel zu terminieren. Also, man muss sagen: Wirklich eilig haben Sie es mit Ihren Vorhaben offensichtlich nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind doch erst im Januar ins Amt gekommen!)
Versprochen hatten Sie die Digitalisierung der Hochschulen. Das wurde mittlerweile ganz abgesagt. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz liegt auch noch nicht vor.
Das, was Sie auf der Habenseite haben, ist der Zukunftsvertrag „Studium und Lehre stärken“.
Ich will einen Strich darunter machen und sagen: Für BAföG und den Zukunftsvertrag „Studium und Lehre stärken“ haben Sie Gelder zur Verfügung gestellt – das ist gut, das begrüßen wir ausdrücklich –; aber für alles, bei dem Sie konzeptionell an die Sachen herangehen müssten, bei dem Sie mit den Ländern, den Kommunen, den Akteuren vor Ort sprechen müssten, für all Ihre großen Vorhaben, die Sie angekündigt haben, fehlen bisher Konzepte, fehlen Maßnahmen, fehlt das Geld. Bei allem warten wir auf konkrete Ergebnisse.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Jetzt könnte man sagen: Na ja, es ist ja auch Krise, und diese Koalition hat gerade andere wichtige Baustellen. – Aber wenn man hier mal hinschaut, muss man sagen: Das Krisenmanagement ist wirklich ungenügend. Sie haben alle die 200 Euro erwähnt, die die Studenten jetzt bekommen sollen. 200 Euro wurden am 4. September 2022 von der Ministerin versprochen. Sie hat gesagt: Alle Studierenden in diesem Land werden 200 Euro bekommen. – Da haben sich alle gefreut und dachten: Super, jetzt kommt der Herbst, jetzt kriegen wir eine Unterstützung; das hilft bei den steigenden Energiepreisen. – Na ja, es wurde wochenlang gewartet. Es ist nichts passiert. Und dann? Heute hat diese Koalition den Gesetzentwurf vorgelegt. Sie haben zweieinhalb Monate gebraucht, um einen Gesetzentwurf vorzulegen. Wenn uns jetzt Studierende zuhören und denken: „Ja super, dann habe ich ja bald die 200 Euro“, dann muss ich sie leider enttäuschen; denn es muss jetzt erst noch eine Plattform gebaut werden, dann muss noch geklärt werden, wie das Geld ausgezahlt wird. Wann das dann tatsächlich kommt, das kann leider von dieser Koalition noch keiner sagen. Das ist kein gutes Krisenmanagement.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christoph Meyer [FDP]: Haben unionsregierte Länder mitbeschlossen! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sitzt die Union gar nicht mehr in der GWK und im Bundesrat?)
Stichwort „Wissenschaft und Forschung“: Erst als sich die gesamte Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen lautstark positionierte, erst als wir einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht haben, erst als wir gesagt haben, dass Sie einen Rettungsschirm für die Wissenschaft brauchen, weil die sonst bei den steigenden Energiepreisen auch mit der Gaspreisbremse nicht über die Runden kommt, haben Sie einen entsprechenden Schutzschirm gespannt. Danke dafür – das ist sehr wichtig –; aber bis heute sind auch hierfür die Kriterien noch nicht klar. Deshalb bitte ich, dass Sie hier ein bisschen schneller sind als bei den 200 Euro für die Studierenden, dass Sie für die Wissenschaft und die Forschung schnell Klarheit schaffen, wie genau dieser Schutzschirm funktionieren wird. Darauf warten alle Einrichtungen ganz dringend.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also ich kriege Dankesschreiben im Moment!)
Apropos Wissenschaft und Forschung: Man hätte ja meinen können, dass die Forschungspolitiker der Koalition und das BMBF sich in dieser Krise als Problemlöser zeigen, dass sie die treibende Kraft sind für neue Entwicklungen, neue Technologien, neue Lösungen, um die Klimakrise zu bewältigen. Wir haben so viel Potenzial in unserem Land, so viel Tolles, was entwickelt, was gedacht wird. Da hätte man jetzt mal alle Akteure an einen Tisch holen
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir doch! Sie waren nicht dabei!)
und fragen müssen: Wo sind die Projekte, die wir zu Schnellläuferprojekten machen können? Wo sind die Projekte, die wir groß machen können, um schnell bessere Lösungen zu finden, um diese große Energiekrise bewältigen zu können? Wir haben davon wenig wahrgenommen, auch nicht in den Reden heute. Ich finde es wichtig, dass man Krisenforschung macht, und ich finde es wichtig, dass man Konfliktforschung macht; aber ich vermisse bei den Reden dieser Koalition wirklich den Bezug zu den aktuellen Problemen, die uns heute umtreiben.
Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin.
Deshalb kann ich nur sagen: Das Krisenmanagement muss besser werden, und die strategische Arbeit dieser Bundesregierung muss besser werden.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also Krieg und Frieden treibt Sie nicht um, oder wie? Was für eine absurde Aussage! Krieg und Frieden interessiert Sie überhaupt nicht! Völlig abgehoben! Nicht oppositionsfähig!)
Wir sind gespannt, was im nächsten Jahr auf uns zukommt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Bundesregierung erhält das Wort die Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548651 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 70 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |