25.11.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 71 / Tagesordnungspunkt II

Helge BraunCDU/CSU - Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2023

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon in der ersten Lesungsrunde haben erfahrene Haushälter gesagt: Diese Haushaltsberatungen werden aufwendig sein und alles andere als einfach. Eine Krise mit so vielen Herausforderungen und darüber hinaus auch die Inflation werden viel Arbeit bedeuten; und so war es auch.

Alleine die Liste der Änderungen der Regierung gegenüber dem Haushaltsentwurf war 500 Seiten stark, und damit ziemlich rekordverdächtig. Aus den Reihen der verschiedenen Fraktionen haben wir in der Bereinigungssitzung 1 498 Anträge behandelt, und wir haben insgesamt über den Zahlen dieses Haushaltes 67 Stunden und 20 Minuten gebrütet. Alleine die Bereinigungssitzung – die letzte Sitzung – hat von 11 Uhr vormittags bis 5.38 Uhr gedauert; das sind mehr als 18 Stunden.

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen ganz herzlich für die konzentrierte und faire Zusammenarbeit bedanken. Darüber hinaus möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abgeordneten, der Fraktionen, des BMF und natürlich ganz besonders bei unserem Ausschusssekretariat bedanken. Denn dass wir angesichts dieser vielen Änderungsanträge heute hier stehen und sagen können: „Wir haben präzise festgehalten, was wir beschlossen haben“ und „Es ist bis auf die letzte Zahl klar, worüber wir abstimmen“, ist eine große Leistung. Deshalb den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Ausschusssekretariats ein ganz herzliches Dankeschön!

(Beifall im ganzen Hause)

Ich will einen Punkt ansprechen, der unsere Arbeit erschwert hat, und ich bitte die Bundesregierung herzlich, über ihn noch mal nachzudenken. Wir haben es in dieser Zeit der Krisen regelmäßig mit kurzfristigen Entscheidungsbedarfen zu tun. Dieses Parlament hat gezeigt – ich habe das mehrfach gesagt und, ich glaube, da spreche ich für alle Haushälter –: Wenn es wirklich an der Zeit ist, kurzfristig zu entscheiden, um Bürgerinnen und Bürgern in der Not im Zusammenhang mit der Inflation oder anderen Themen zu helfen, dann ist der Haushaltsausschuss jederzeit bereit, innerhalb von Tagesfrist, innerhalb von 48 Stunden Entscheidungen zu treffen. An den parlamentarischen Abläufen wird das Notwendige niemals scheitern!

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD und der LINKEN)

Auf der anderen Seite haben wir in den letzten Tagen aber auch erlebt, dass die Ankündigungen der Bundesregierung schon sechs Wochen alt sind; Dinge wie zum Beispiel die Corona-Testverordnung stehen seit sechs Wochen zur Überarbeitung an. Die Bundesregierung lässt sich fünf Wochen und vier Tage Zeit, die Dinge vorzubereiten, um dann vom Parlament zu erwarten, dass man innerhalb von drei Tagen darüber entscheidet. Das kritisiere ich nicht aus Ehrpusseligkeit des Parlamentes, sondern hier geht es um die Qualität von Gesetzgebung und die Frage, ob Anhörungen von Experten oder der Länder stattfinden können, damit am Ende das Ergebnis unserer Rechtsetzung gut ist. Wenn das die zeitliche Aufgabenteilung ist, dann ist das falsch. Egal wie kurz die Frist ist: Dem Parlament wenigstens ein Drittel der Zeit zu lassen, um die eigenen Beratungen durchzuführen, hielte ich für anständig. Darum möchte ich die Bundesregierung eindringlich bitten.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der AfD)

Dieser Haushalt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist schon jetzt auf Kante genäht. Ich will noch ansprechen: Der Bundesfinanzminister Christian Lindner hat vorgehabt, 5 Milliarden Euro als globale Mehrausgabe auf die Seite zu legen für all die Probleme, die noch kommen; denn ansonsten sind die Haushaltsspielräume komplett ausgeschöpft. In der Bereinigungssitzung ist diese Summe schon von 5 Milliarden Euro auf 2 Milliarden Euro gesunken, und in der Sitzung des Haushaltsausschusses diese Woche haben wir gemerkt, dass wir für die eben schon genannte Testverordnung schon 1,2 Milliarden Euro davon benötigen. Das heißt, wir beschließen heute einen Haushalt, der für all die Unbilden der Krisen des kommenden Jahres keine Vorsorge trifft.

(Otto Fricke [FDP]: Nein! Das stimmt nicht!)

Das halte ich für problematisch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein letzter Punkt; denn er hat in dieser Haushaltsberatung immer wieder eine große Rolle gespielt. Ich möchte noch das „Sondervermögen Bundeswehr“ und die Haltung des Bundeskanzlers dazu thematisieren. Der Bundeskanzler ist der Mannschaftschef dieser Bundesregierung. Wer die Kapitänsbinde trägt, hat nicht nur die Aufgabe und die Verantwortung, sportlich sein Team nach vorne zu bringen, sondern er hat noch eine zweite Aufgabe: in besonderer Weise Fairness und Sportlichkeit auch gegenüber dem Gegner walten zu lassen.

Olaf Scholz hat als Bundeskanzler mehrfach betont, dass seine Regierung beim „Sondervermögen Bundeswehr“ jetzt all das aufarbeiten muss, was die alte Regierung nicht geschafft hat. Als jemand, der der ehemaligen Bundesregierung genauso angehört hat wie Olaf Scholz, kann ich sagen: Ja, Annegret Kramp-Karrenbauer, Angela Merkel und ich müssen den Soldatinnen und Soldaten sagen: Wir haben uns zwar mehr Geld für die Bundeswehr und ein klares Bekenntnis zum 2‑Prozent-Ziel gewünscht, und wir sind dafür verantwortlich, dass wir es nicht durchgesetzt haben; aber derjenige, gegen den wir nicht mehr durchgesetzt haben und der sich dagegen gewehrt hat, das 2‑Prozent-Ziel klar in den Bundeshaushalt zu schreiben und stattdessen wolkige Formulierungen wie „Richtung 1,5 Prozent“ bevorzugt hat, war Bundesfinanzminister Olaf Scholz.

(Beifall bei der CDU/CSU – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Aha! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Genau so ist es!)

Deshalb hat er eine weit größere Verantwortung dafür als wir, dass wir heute in dieser Lage sind. Wir waren des guten Willens, und er ist derjenige, an dem wir gescheitert sind. Ich will deutlich sagen: Ein Mannschaftskapitän muss sportlich Vorbild sein. – Er macht der Kapitänsbinde keine Würde.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion hat nun Bettina Hagedorn das Wort.

(Beifall bei der SPD)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548719
Wahlperiode 20
Sitzung 71
Tagesordnungspunkt Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2023
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