01.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 73 / Tagesordnungspunkt 9

Markus TönsSPD - Transatlantisches Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA)

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich muss erst einmal ein Lob loswerden. Es geht an die Präsidentin, weil sie versucht hat, auch Sie auf der Tribüne bei dieser Debatte mitzunehmen. Manch einem Kollegen hier fällt es schwer, die Fakten beieinanderzuhalten. Vielleicht ist es daher dann auch schwer, zu verstehen, worüber wir hier eigentlich debattieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Ich will auf den Punkt kommen und das erklären. Machen wir dazu einen kleinen Faktencheck. Handelspolitik liegt einzig und allein in der Kompetenz der Europäischen Union. Einzig und allein! Dort wird so etwas auch verhandelt. Wir als Bundesrepublik Deutschland geben in der Handelspolitik der Kommission ein Mandat. Im Europäischen Rat muss zugestimmt werden, und zwar einstimmig von allen 27 Mitgliedstaaten. Das ist passiert.

Worum geht es jetzt? Wir reden über CETA und nicht über andere Handelsverträge. Wir sagen auch, dass wir eine moderne Handelspolitik wollen. Das ist unser Punkt. CETA ist 2016 abgeschlossen worden. Es konnte abgeschlossen werden, weil Sigmar Gabriel und Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Europa es unter anderem geschafft haben, eines der modernsten Investitionsschutzkapitel zu formulieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Oh, es lag doch nicht an den Sozialdemokraten!)

Das machte es erst zustimmungsfähig, Herr Riexinger.

Seit 2017 ist dieses Abkommen übrigens in der vorläufigen Anwendung. Zuvor hatte es eine Ratifizierung im Europäischen Rat und im Europäischen Parlament gegeben. Ich will dazusagen: Das ist völkerrechtlich übrigens vollkommen normal. Selbst der Westfälische Friede wurde vorläufig angewendet, und der ist ja nun auch schon ein paar Jahre her.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das wollte ich an dieser Stelle erklären.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben einen Investitionsgerichtshof geschaffen im Zusammenhang mit CETA. Das ist ein richtiges Gericht im Sinne des Völkerrechts. Es gibt Richterinnen und Richtern mit der nötigen Befähigung zum Richteramt. Es wird transparent verhandelt. Es gibt die Möglichkeit zur Weiterentwicklung; das ist schon angelegt. Denn die Kommission in Brüssel verhandelt mittlerweile mit 40 Staaten darüber, ihn zu einem multilateralen Investitionsgerichtshof zu entwickeln. Das ist wirklich wichtig.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ja, ich bin auch – das ist durchaus richtig – der Meinung, dass wir nicht unbedingt eine Interpretationserklärung gebraucht hätten.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Aha! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie ändern ja auch nichts!)

Aber ich bin der Meinung, dass diese Interpretationserklärung – hören Sie gut zu, Frau Klöckner, da können Sie noch etwas lernen – dann richtig ist, wenn man es damit hinbekommt, zu erklären, dass die Dinge, die bei den Demonstrationen kritisch gesehen wurden, im Vertrag enthalten sind, dass sie den Standards entsprechen, die wir als Werte haben. Dafür ist diese Interpretationserklärung richtig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will, weil diese in diesem Zusammenhang gerne genannt werden, mit einigen Mythen aufräumen:

Right to Regulate. Also, es wird immer behauptet, dass wir als Bundestag oder dass das Europäische Parlament nicht mehr entscheiden, keine Gesetze mehr erlassen könnten, weil uns Unternehmen ja verklagen könnten. Das ist definitiv falsch. Das Right to Regulate, wie es heißt, ist im Vertrag enthalten.

Angebliches Sonderklagerecht für Unternehmen. Das ist wirklich der größte Blödsinn, wenn ich das mal so sagen darf. Das gibt es nicht.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das stimmt! Da hat er recht!)

Wenn wir keinen Investitionsschutz machen, wie wir ihn jetzt verhandeln, dann fallen wir auf WTO-Recht zurück. Ich will das nur einmal erklären. Das heißt: Dann kommt dieses Sonderklagerecht zur Anwendung; das gibt es schon längst. Und wissen Sie, wo dann geklagt wird? Vor intransparenten Schiedsgerichten. Das passiert, wenn Sie das ablehnen. Sie sollten einmal darüber nachdenken, ob Sie einem modernen Investitionsschutz nicht doch zustimmen wollen.

Schutz der Daseinsvorsorge. Auch das wird häufig angesprochen. Dieser ist übrigens im Vertrag von Lissabon und im Grundgesetz geregelt und kann durch keinen Vertrag aufgehoben werden.

Zum Abschluss will ich noch etwas Wichtiges sagen – das ist übrigens nicht nur für diesen Vertrag, sondern auch für künftige Verträge grundsätzlich wichtig –, nämlich zur Rolle und zur Beteiligung des Deutschen Bundestages. Es gibt Berichtspflichten der Bundesregierung – das haben wir übrigens in der Entschließung noch einmal deutlich formuliert –, die im EUZBBG – die Kolleginnen und Kollegen müssten das eigentlich kennen, die Zuhörerinnen und Zuhörer nicht unbedingt – und auch im AEUV sowie in Artikel 23 des Grundgesetzes geregelt sind. Dieser Artikel gibt uns als Bundestag alle Mitwirkungsmöglichkeiten, die wir brauchen. Damit werden wir unserer Verpflichtung nachkommen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ganz zum Schluss. Es ist die Verpflichtung zur Einstimmigkeit im Gemischten Ausschuss und in den Ausschüssen in diesem Vertrag festgelegt. Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen: Ich hätte mir gewünscht, dass die Union zugestimmt hätte, einen Unterausschusses zu bilden. Damit kämen wir unserer Verpflichtung gegenüber dem Bundesverfassungsgericht nach.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das haben wir doch! Wir haben einen Hauptausschuss! – Zuruf der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])

– Sie können gerne noch einmal darüber nachdenken.

Ich kann nur sagen: Es ist ein guter Tag für dieses Parlament. Es ist ein guter Tag für diesen Vertrag. Ich freue mich darauf, dass wir gleich CETA abschließen und ratifizieren werden.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ich freue mich auch!)

Glück auf!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Malte Kaufmann für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548905
Wahlperiode 20
Sitzung 73
Tagesordnungspunkt Transatlantisches Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA)
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