14.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 75 / Tagesordnungspunkt 1

Timon GremmelsSPD - Regierungserklärung zum EU-ASEAN-Gipfel und EU-Rat

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Merz, für Ihre Hausbauspartipps, die Sie hier am Anfang gegeben haben. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir in diesem Jahr auf den Häuslebauer Friedrich Merz gehört hätten, dann hätten wir vielleicht ein schönes, aber kaltes Haus; denn die Hälfte der Häuser, die Herr Merz gebaut hätte, hätte keine funktionierende Gasversorgung. Es war doch sein Vorschlag im März, Nord Stream 1 vom Netz zu nehmen. Unsere Gasspeicher wären heute leer, unsere Häuser wären heute kalt. So viel zur energiepolitischen Kompetenz von Friedrich Merz. Insofern: Diese Häuser kann er selber bauen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Also, den billigen Applaus abgeholt! Jetzt sagen Sie mal was zur Sache! – Gegenruf des Abg. Johannes Schraps [SPD]: Das hat er genau so gesagt! Das ist doch kein billiger Applaus! Das muss man halt mal klar benennen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, wir werden uns auch in den nächsten Tagen über einen europäischen Gaspreisdeckel unterhalten. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir da auf den Konferenzen, allerspätestens am Montag auf der EU-Energieministerkonferenz, einen guten europäischen Kompromiss hinbekommen. Wichtig und oberstes Ziel ist doch, dass wir in Europa genügend Brennstoff, genügend Gas bekommen. Wir müssen natürlich aufpassen; denn ein zu hoher Preisdeckel birgt die Gefahr, dass Gas in Europa knapp wird, dass die internationale Tankerflotte an Europa vorbeifährt. Insofern haben wir da eine Gesamtverantwortung.

Wir brauchen aber noch in diesem Jahr eine Lösung, weil alle weiteren Diskussionen, die wir führen, wie zum Beispiel über den vom Kanzler angesprochenen gemeinsamen Gaseinkauf oder die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die wir in Europa voranbringen, derzeit noch blockiert werden. Deswegen ist es sinnvoll und wichtig, diesen Knoten zu durchschlagen und diese Fragen zu diskutieren. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sowohl der Kanzler als auch Robert Habeck als unser Energie- und Wirtschaftsminister diesen Knoten in den nächsten Tagen durchschlagen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dafür sehr viel Erfolg!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Olaf in der Beek [FDP])

Herr Dobrindt, Sie hatten gerade angesprochen, der deutsch-französische Motor würde stocken.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Stottern! – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Stottern!)

Ehrlich gesagt: Ich sehe das nicht so.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Sie haben ein Wahrnehmungsproblem!)

Wir haben den Franzosen in diesem Sommer geholfen. Zur Wahrheit gehört: Der steigende Strompreis und unsere Gasknappheit haben zum Teil doch etwas damit zu tun, dass wir den Franzosen im Sommer und bis heute ausgeholfen haben, weil 30 der 53 Atomkraftwerke in Frankreich gar nicht am Netz waren. Wir haben europäische Solidarität geleistet und Energie nach Frankreich geliefert; das muss an dieser Stelle angesprochen werden.

(Beifall bei der SPD)

Das ist auch ein Beleg dafür, dass Atomkraft keine Lösung, sondern nur ein Übergang sein kann. Zur Wahrheit gehört auch, dass die Franzosen uns helfen, indem sie Gas liefern. So funktioniert Europa. Der deutsch-französische Motor läuft, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Er läuft, aber er stottert!)

Wir haben als Ampelkoalition in diesem Jahr vieles vorangebracht. Wir haben auch unideologisch gehandelt. Ich hätte mir im Januar dieses Jahres nicht vorstellen können, dass ich mal dafür sein würde, LNG-Terminals, Flüssiggasterminals, zu bauen. Es ist richtig, es ist notwendig, diese Übergangstechnologie auch in Deutschland zu installieren. Ehrlich gesagt: Angesichts der neuen Deutschlandgeschwindigkeit, die wir da an den Tag gelegt haben – erste Überlegungen im Februar und die erste Lieferung jetzt im Dezember –, würde ich mir wünschen, dass wir diese neue Deutschlandgeschwindigkeit auch für den Ausbau der erneuerbaren Energien nutzen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Das muss der Maßstab sein. Das ist unser Thema.

Ja, der Kanzler hat auch deutlich gemacht, dass die Energiewende nicht nur dem Klimaschutz dient, sondern auch der Energieunabhängigkeit. Lassen Sie mich einen dritten Punkt anführen: Die Energiewende ist auch industriepolitisch sinnvoll. Wir wollen doch als Industrienation, dass die Wärmepumpen, dass die Wechselrichter, dass die Solarmodule, dass die Windturbinen, dass die Elektrolyseure, dass die Halbleiter in Zukunft hier in Deutschland, in Europa gebaut werden. Das sind die Arbeitsplätze der Zukunft, und wir als Industrienation wollen daran partizipieren.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen ist es für uns als Partei der Arbeit, wie wir Sozialdemokraten uns nennen, so wichtig, dass wir gemeinsam mit unseren europäischen Freunden eine Antwort auf den Inflation Reduction Act der USA geben. Wir sind da auf einem guten Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal im Namen meiner Fraktion, aber sicherlich auch im Namen der Koalition dem Kanzler danken, dass die Idee des Klimaklubs, die er auf den Weg gebracht hat, zur Umsetzung gekommen ist, dass er die G‑7-Präsidentschaft dafür genutzt hat, die Gründung eines solchen Klimaklubs voranzubringen. Letzte Woche ist die Satzung veröffentlicht worden; das heißt, es kann losgelegt werden.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wird das ein eingetragener Verein? „Klimaklub e. V.“!)

Der klimafreundliche Umbau der Industrie ist die Hauptaufgabe dieses Klimaklubs. Wir wollen gemeinsame Regeln und Standards vereinbaren, um Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden, um einen Zollkrieg zu vermeiden. Genau das ist die Idee. Er wird eine neue Dynamik beim Klimaschutz entfesseln, und er wird der Erreichung der globalen Klimaziele dienen. Das ist die Aufgabe dieses Klimaklubs. Und ja, es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass dieser Klimaklub einen offenen Charakter hat, dass weitere Länder hinzutreten können, dass auch Entwicklungs- und Schwellenländer an dieser Stelle mitmachen können. Das ist die Aufgabe dieses Klimaklubs. Da sind wir einen großen Schritt vorangegangen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Olaf in der Beek [FDP])

Lassen Sie mich einen Strich darunter ziehen. Dieses Jahr war herausfordernd. Dieses Jahr war für die Menschen in der Bundesrepublik herausfordernd, und es war auch für die Parlamentarier und für die Regierung herausfordernd, weil wir Krisen meistern mussten, die so am Anfang nicht abzusehen waren. Mir ist wichtig, zu betonen – das kann man unter dem Strich sagen –: Wir lassen uns in Europa nicht von Putin spalten, wir stehen als Europa zusammen. Die Antwort auf Putins Angriffskrieg auf die Ukraine ist eine geschlossene, ist eine solidarische Europäische Union.

Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549311
Wahlperiode 20
Sitzung 75
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum EU-ASEAN-Gipfel und EU-Rat
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