15.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 76 / Zusatzpunkt 3

Jürgen HardtCDU/CSU - Iranische Protestbewegung - frauenorientierte Außenpolitik

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir als CDU/CSU-Fraktion haben den Iranantrag aus zwei Gründen heute in der Kernzeit auf die Tagesordnung gesetzt. Zum einen sehen wir im Iran in diesen Tagen und Wochen eine massive Verschärfung der Brutalität des Regimes gegen die Zivilbevölkerung. In Schauprozessen werden junge Menschen abgeurteilt und hingerichtet. Das ist etwas, was uns zutiefst beunruhigt und schockiert. Zum anderen beunruhigt und schockiert uns die aus unserer Sicht nach wie vor zu zögerliche Haltung der Bundesregierung in der Europäischen Union, wenn es um die Antwort auf diese Taten geht. Deswegen ist es gut, dass wir heute hierüber diskutieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt sind durch die Europäische Union die Namen weiterer zwei Dutzend alter grauer Männer in Teheran, die ihren Fuß im Zweifel sowieso nicht vor die Tür setzen, auf die Sanktionsliste gesetzt worden. Wir als CDU/CSU-Fraktion fordern ein deutlich härteres Sanktionsregime gegen den Iran. Wir fordern, dass die Revolutionsgarden als Terrororganisation gelistet werden,

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie uns doch mal, wie!)

was verschiedene Wirkungen hätte. Zum Ersten hätte es die Wirkung, dass junge Männer im Iran, wenn sie sich für diesen Teil des Staatsapparats anwerben lassen, wissen, dass sie einer Terrororganisation angehören und mit Blick auf ihre Zukunft, was Reisefreiheit, Studiermöglichkeiten und Geschäfte angeht, extrem eingeschränkt sind.

Zum Zweiten treffen wir natürlich auch diejenigen, die mit den Revolutionsgarden Geschäfte machen. Man muss wissen, dass im Iran ein großer Teil der Wirtschaft Staatswirtschaft ist und dass ein wesentlicher Teil der Staatswirtschaft eben von diesen Garden kontrolliert wird.

Jetzt hat uns die Bundesregierung – Herr Trittin hat das hier übernommen – gerade gesagt, es gebe nationale und europäische Rechtssachverhalte, die uns daran hindern, das zu tun. Wenn es nationale Gesetze gibt, die uns daran hindern, diese führende Terrororganisation der Welt, die ja nicht nur das Volk im Iran unterdrückt, sondern die auch Kampf gegen Israel führt, die in Jemen die Terrorgruppen unterstützt, die die Hisbollah unterstützt, die in Syrien massiv wirkt, entsprechend einzustufen, dann möchte ich als Abgeordneter wissen: Welche Gesetze müssen wir ändern, um das entsprechend tun zu können?

(Beifall bei der CDU/CSU – Annalena Baerbock, Bundesministerin: Die EU-Terrorliste!)

Außerdem gibt es eine EU-Terrorliste. Erstens sind wir nicht einig mit der Regierung in der Einschätzung, dass das europäische Recht es tatsächlich untersagt, diesen Schritt zu gehen. Zweitens stelle ich auch da die Frage: Wie müssen wir das europäische Recht weiterentwickeln, wenn das europäische Recht nicht in der Lage ist, in diesem Fall die Listung als Terrororganisation vorzunehmen? Da erwarte ich eine Initiative der deutschen Regierung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein weiterer Punkt, der mir sehr wichtig ist – ich kann nur an die Regierung appellieren, das sehr ernst zu nehmen –: Wir erleben, dass der Iran als gegenwärtig mutmaßlich einziger Unterstützer Russlands, was konkrete Rüstungsgüter angeht, in der Ukraine massive Schäden anrichtet. Ukrainische Kindergärten werden von Drohnen getroffen, die die Russen vom Iran bekommen haben. Die Frage ist: Wie ist der Iran in der Lage, solche Drohnen zu bauen und zu exportieren? Da gibt es Presseberichte, dass möglicherweise Mikroelektronik aus Gütern, die nicht einmal als Dual-Use-Güter zu betrachten sind, wie zum Beispiel Waschmaschinen, Verwendung in iranischen Drohnen finden und dass so der Iran auf Umwegen in die Lage versetzt wird, solche Drohnen zur Verfügung zu stellen. Ich kann die Bundesregierung nur dringend auffordern, diesen Presseberichten, zum Beispiel aus der „Financial Times“, intensiv nachzugehen. Denn es wäre ein großer Schaden für Deutschland, für das deutsche Ansehen und natürlich für das ukrainische Volk, wenn sich tatsächlich Bauteile aus Deutschland am Ende in diesen Drohnen finden ließen. Wir werden das im Ausschuss entsprechend thematisieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Letzter Punkt. Die Bundesregierung übt aus meiner Sicht zu große Zurückhaltung gegenüber dem Regime in Teheran, vielleicht auch, weil sie hofft, doch noch beim Atomabkommen JCPoA zu einem Ergebnis zu kommen. Um das hier klar zu sagen: Ein solches Abkommen wollen wir auch. Aber dahinter, ob das ein realistischer Weg, eine Perspektive für die nächsten Monate ist, mache ich aber ein großes Fragezeichen. Ich sehe zum Beispiel nicht die Mehrheit im amerikanischen Kongress, die die Wiederaufnahme eines solchen Abkommens befürwortet. Was ich bei dieser Regierung vermisse, ist nicht das Engagement, zu versuchen, ein solches Abkommen abzuschließen, sondern, dass wir keinen Plan B haben, was wir eigentlich mit der atomaren Bewaffnung des Iran machen, wenn es nicht zu diesem Abkommen kommt. Auch über diese Frage müssen wir hier im Deutschen Bundestag, müssen wir im Auswärtigen Ausschuss intensiv diskutieren, und ich hoffe, dass wir die Gemeinsamkeit der Demokraten in dieser Frage bewahren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner in dieser Debatte: Kaweh Mansoori für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549453
Wahlperiode 20
Sitzung 76
Tagesordnungspunkt Iranische Protestbewegung - frauenorientierte Außenpolitik
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