Johannes FechnerSPD - Änderung der GO-BT
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Es sind keine einfachen Zeiten, wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen, und wir haben oft hier im Bundestag, gerade in diesen Wochen, sehr komplizierte Gesetzesvorhaben und Sachverhalte zu beraten. Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es aber wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger unsere Entscheidungsabläufe und unsere Entscheidungen nachvollziehen können, dass sie sie erleben können. Deswegen ist es gut, dass wir mit dieser Änderung der Geschäftsordnung für mehr Transparenz hier im Bundestag sorgen; das schafft Vertrauen. Deshalb ist es wichtig, dass wir diese Änderungen heute beschließen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir schaffen mehr Öffentlichkeit und Transparenz. Das tun wir zum Beispiel, indem wir mehr Öffentlichkeit in der Ausschussarbeit zulassen. Ich freue mich sehr, dass im Januar mindestens sechs Ausschüsse beschließen werden, dass sie grundsätzlich öffentlich tagen.
Ausdrücklich regeln wir darüber hinaus, dass öffentliche Sitzungen der Ausschüsse, soweit es technisch möglich ist, soweit es die Übertragungskapazitäten erlauben, gestreamt werden, damit sich alle Bürgerinnen und Bürger diese Sitzungen anschauen können. Damit bekommen sie viel einfacher die Möglichkeit, sich zu informieren. Diesem Ziel dient auch die Regelung, dass die Protokolle zukünftig schneller einsehbar sind: Protokolle von öffentlichen Sitzungen werden unverzüglich veröffentlicht, Protokolle von nichtöffentlichen Sitzungen spätestens nach einem Jahr.
Mehr Transparenz schaffen wir auch bei den Sachverständigenanhörungen. Sachverständige müssen in den Anhörungen zukünftig angeben, ob sie mit dem Regelungsgegenstand ein persönliches Interesse verbindet. Das ist wichtig, damit wir genau wissen: Vertritt jemand, der Fachauskünfte gibt, eigene Interessen oder die Interessen von Dritten?
(Marianne Schieder [SPD]: „Er oder sie“!)
Möchte er tatsächlich das Gesetzgebungsverfahren beeinflussen, oder ist er wirklich neutral? – Das sind ganz wichtige Hinweise. Deswegen ist es gut, dass wird das in der Geschäftsordnung regeln.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die vorliegende Geschäftsordnung stammt im Wesentlichen aus dem Jahr 1980. Deswegen ist es wichtig, dass wir hier für dieses Update sorgen und dabei insbesondere auch die Chancen der Digitalisierung nutzen. Dazu gehört, dass wir eine Regelung aus der Coronazeit – da hatten wir geregelt, dass Ausschusssitzungen online stattfinden können – jetzt als Dauerregelung normieren. Diese Regelung hat sich bewährt. Deswegen werden wir das jetzt als Dauerregelung in die Geschäftsordnung übernehmen. Das macht uns flexibel. Insbesondere in Nichtsitzungswochen müssen die Abgeordneten, wenn es erforderlich ist, zu einer Sitzung zusammenzukommen, dann nicht aus der ganzen Republik nach Berlin reisen; das ist nebenbei auch klimafreundlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich habe zum Thema Digitalisierung ein paar Takte gesagt. In diesem Zusammenhang will ich auch darauf hinweisen, dass die IuK-Kommission heute eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben hat. Wir wollen bis Ende Februar nächsten Jahres vorgelegt bekommen, wie – mit welcher Variante genau und zu welchen Kosten – wir hier bei den namentlichen Abstimmungen elektronisch abstimmen können. Ich finde, das sollten wir tun; denn etwa im Europaparlament und auch in dem einen oder anderen Landtag gibt es diese Möglichkeit schon sehr lange. Wir wollen uns anschauen, was die beste Lösung ist: Sehen wir am Platz festinstallierte Geräte vor, machen wir es mit ausgegebenen Geräten oder mit dem eigenen Tablet? Darüber werden wir beraten, in dem Zusammenhang natürlich auch mit den Fragen, die sich weiter, für die Geschäftsordnung, ergeben. Ich finde, das macht Sinn. Denken Sie nur an die Abstimmungen zur Impfpflicht; da saßen wir fast den ganzen Vormittag hier und mussten warten. Das ist nicht bürgerfreundlich, das kann schneller gehen. Lassen Sie uns also die digitalen Chancen auch für unseren Parlamentsbetrieb nutzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Schließlich schaffen wir auch Klarheit, ob Bundesbedienstete, insbesondere Vertreter des Bundesrechnungshofs, an öffentlichen Anhörungen teilnehmen können. Der Bundesrechnungshof ist eine wichtige Einrichtung; wir sind immer dankbar für die klugen Hinweise, die wir von dort bekommen. Deswegen ist es gut, dass wir im Änderungsantrag jetzt eine klare Regelung getroffen haben. Zukünftig kann mit Beschluss des Ausschusses geregelt werden, dass unabhängige Bundesbedienstete, wie etwa vom Bundesrechnungshof, an öffentlichen Anhörungen teilnehmen können.
Ich darf auch darauf hinweisen, dass wir der besonderen Bedeutung, die der Datenschutz für uns hat, Rechnung tragen, indem der Bundesdatenschutzbeauftragte immer dann, wenn ein Gesetzentwurf ganz erheblich mit Datenschutz zu tun hat, an der Sachverständigenanhörung teilnehmen kann. Das ist eine ganz wichtige Klarstellung, die zeigt, wie wichtig uns der Datenschutz ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Auch ganz wichtig: Wir werden die Regierungsbefragung lebendiger gestalten. Dazu gehört zunächst einmal, dass wir die Regierungsbefragung um 30 Minuten verlängern, und vor allem – das ist die entscheidende Neuerung –, dass zukünftig zwei Regierungsmitglieder/Kabinettsmitglieder gleichzeitig in einer Regierungsbefragung anwesend sein werden. Das ermöglicht dann ein, ich nenne es mal, Kreuzverhör, die Gegenüberstellung von verschiedenen Positionen.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wir freuen uns auf Herrn Lindner und Herrn Habeck in einer Regierungsbefragung! Mit denen fangen wir an!)
Ich glaube, das wird ein ganz spannendes Element werden, wenn hier zwei Minister/Ministerinnen zur Verfügung stehen.
Wir ermöglichen auch, dass wir sie viel länger befragen; sie werden nämlich doppelt so oft wie bisher anwesend sein. Das heißt, unter dem Strich stehen die Ministerinnen und Minister dem Parlament, uns Abgeordneten, für unsere kritischen Fragen häufiger zur Verfügung. Auch das ist eine ganz wichtige Maßnahme, weil wir so Politik erlebbarer, spannender machen und die Bürger viel mehr für unsere Arbeit hier interessieren können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Ich darf mich bei allen Kolleginnen und Kollegen – auch der Opposition – für die Zusammenarbeit bedanken. Auch der Bundestagsverwaltung ein herzliches Dankeschön für viele wichtige Hinweise!
Das hier ist das erste Paket. Wir haben uns auch schon vorgenommen, ein zweites Paket zu schnüren. Damit werden wir gleich im Januar loslegen. Beim zweiten Paket werden wir uns insbesondere damit beschäftigen, wie wir die Arbeit hier familienfreundlicher gestalten können.
Lassen Sie uns heute dieses erste Paket für mehr Transparenz und für mehr Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unsere politische Arbeit beschließen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549535 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 76 |
Tagesordnungspunkt | Änderung der GO-BT |