Nadja SthamerSPD - Bericht - Menschenrechtspolitik der Bundesregierung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in Vorbereitung auf diese Rede heute eine nicht repräsentative Umfrage bei mir zu Hause am Frühstückstisch mit meinen Kindern gestartet. Ich habe sie einfach mal gefragt: Was würdet ihr in dem Park, in den wir am liebsten gehen, dem Lene-Voigt-Park in Leipzig, sofort ändern, wenn ihr es könntet? Da hat die Erstklässlerin noch mal im Müsli gerührt, und der Dreijährige hat sofort gerufen: Ich möchte, dass viel mehr rote Rutschen dort sind, und ich möchte endlich eine Schaukel haben, auf die ich alleine draufgehen kann. – Dann hat die Siebenjährige dazu gesagt: Ich fände es total toll, wenn neben dem Spielplatz so eine Ecke ist, wo ich im Boden rumwühlen kann, wo ich forschen kann, so eine richtige Forschungsecke im Park. – Ich war total baff. In zwei Minuten haben mir meine Kinder einen völlig neuen Blickwinkel eröffnet, und mir die Welt noch mal neu erklärt. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, bringt mich dazu, zu sagen: Wir alle müssen begreifen, dass unsere Kinder ganz genau wissen, was sie brauchen. Wir müssen ihnen nur zuhören und es umsetzen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Kinderrechte sind Menschenrechte, und Kinderrechte müssen endlich ins Grundgesetz.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Schon 1992 hat Deutschland die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert. Seitdem sind 30 Jahre vergangen, und noch immer werden die Kinderrechte hier nicht vollständig umgesetzt. Das zeigt uns nur einmal mehr: Die Kinderrechte gehören endlich in unser Grundgesetz. Wie wollen wir denn den Jüngsten die Spielregeln unserer Gesellschaft näherbringen, wenn sie ihre eigenen Rechte dort gar nicht wiederfinden, wenn sie dort nicht vorkommen? Wir haben das in unserem Koalitionsvertrag verankert, und ich freue mich, dass der Bericht der Bundesregierung zur Menschenrechtspolitik nun eine zügige Umsetzung fordert.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir Kinderrechte endlich im Grundgesetz verankern, müssen Kinder bei der Stadtplanung, bei den Gerichten und in der Verwaltung endlich eingebunden werden. Rechtsverfahren, an denen Kinder beteiligt sind, werden auch endlich kindgerecht gestaltet.
Kinder haben eine Meinung, und wir täten so gut daran, diese endlich zu respektieren und sie ihre eigene Zukunft mitbestimmen zu lassen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Umso besser, dass sich diese Bundesregierung vorgenommen hat, die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen stärker zu fördern. Beispielhaft dafür ist die Jugendstrategie der Bundesregierung, die ressortübergreifend und beteiligungsorientiert erarbeitet wurde und nun umgesetzt wird.
Mit all dem nehmen wir uns endlich selbst stärker in die Pflicht, kindgerechte Lebensverhältnisse zu schaffen. Ganz oben steht hierfür auf unserer Agenda, Kinderarmut weiter konsequent zu bekämpfen. Dass Armut in Deutschland von einer Generation zur anderen weitervererbt wird, das muss ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht erklären; das wissen wir alle leider gut genug. Viel zu oft bestimmt immer noch der Geldbeutel der Eltern darüber, wie der Lebensweg eines Kindes aussieht. Damit muss endlich Schluss sein. Das werden wir mit der Kindergrundsicherung ändern.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Der Bericht der Bundesregierung zeigt den Weg ganz klar auf: Das Gesetzgebungsverfahren wird noch in diesem Jahr beginnen. Wir werden alle Leistungen für Kinder bündeln, damit die Leistung die Familien erreicht und vor allen Dingen am Ende bei den Kindern ankommt; denn nur wer in sozialer Sicherheit aufwächst, bekommt die besten Chancen, und die hat jedes Kind gleichermaßen verdient. Ich denke, darüber sind wir uns alle einig.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kinderrechte sind Menschenrechte, und sie sind universell. Allen vorangestellt ist der Schutz von Kindern. Derzeit sind so viele Kinder auf der Flucht wie noch nie zuvor. Sie sind auf der Flucht vor Krieg, Gewalt, Zwangsverheiratung, Genitalverstümmelung oder Naturkatastrophen. Diese Kinder sind traumatisiert, diese Kinder haben Schreckliches erlebt, sie haben ihre Heimat verloren, und sie brauchen unsere Fürsorge.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wenn Kinder hier bei uns ankommen, mit ihrer Familie oder alleine, sind sie besonders schutzbedürftig. Gerade bei der Umsetzung der Schutzmaßnahmen in den Unterkünften ist aber noch ganz schön Luft nach oben. Wir brauchen wirksame und bundesweite Kinderschutzkonzepte. Außerdem brauchen wir Mindeststandards für Kinder zum Schutz vor Gewalt, geschultes Personal und geschulte Pädagoginnen und Pädagogen zur psychosozialen Traumabewältigung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich möchte, dass Kinder die Möglichkeit haben, ihre Rechte einzuklagen und Verstöße selbst anzuprangern. Unsere Kinder – ich komme zum Anfang meiner Rede zurück – wissen, was sie brauchen. Es ist nur unsere Aufgabe, ihnen dabei zuzuhören und sie dabei zu unterstützen, das alles auch einzufordern. Wir müssen ihre Lobby sein.
Freundschaft!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550172 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 80 |
Tagesordnungspunkt | Bericht - Menschenrechtspolitik der Bundesregierung |