Jürgen HardtCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Leopard-Blockade der Bundesregierung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte beginnen mit einigen Worten an die werten Vorredner Lars Klingbeil und Rolf Mützenich, mit denen wir über viele Jahre ja konstruktive, gute Gespräche geführt haben: Lieber Lars, ich finde den Vorwurf des Genöles an uns unpassend.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Lars Klingbeil [SPD])
Wir haben im April dieses Jahres gesagt: Es muss mit Blick auf die Unterstützung der Ukraine mehr geben als nur 5 000 Helme. Wir haben dann Ende April – ich glaube, es war der 28. – gemeinsam einen Antrag im Bundestag verabschiedet, wo wir das beschlossen haben.
(Zurufe von der SPD)
Wir haben dann im Mai hier im Bundestag einen weiteren Antrag der CDU/CSU eingebracht – den haben Sie abgelehnt –, in dem wir gesagt haben: Wir möchten, dass auch schwere Waffen an die Ukraine geliefert werden.
(Zurufe von der SPD)
Wir haben im September einen Antrag an den Deutschen Bundestag gerichtet, in dem wir gesagt haben: Angesichts der schwierigen militärischen Lage müssen wir auch Kampfpanzer zur Verfügung stellen, idealerweise im Verbund mit anderen. Dieser Antrag liegt schon seit Wochen im Auswärtigen Ausschuss und wird jedes Mal von der Mehrheit der Koalition von der Tagesordnung abgesetzt.
(Zuruf des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben letzte Woche Donnerstag hier wiederum einen ähnlichen Antrag eingebracht.
Und jetzt macht die Bundesregierung das, was wir seit Mai fordern,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
aber Herr Mützenich beschimpft uns – statt seinen Bundeskanzler zu beschimpfen, dass er jetzt das macht, was die Opposition will. Das finde ich also schon etwas merkwürdig.
(Beifall bei der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war jetzt nicht eine Widerlegung des „Genöle“-Vorwurfs, Herr Kollege! – Zuruf von der SPD: Der Fraktionsvorsitzende beschimpft immer die Richtigen!)
Wir haben uns im Übrigen in allen Debatten, die wir hier zu diesem Thema geführt haben, mit äußerster Sorgfalt und mit Sensibilität diesem schwierigen Thema gewidmet.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Timon Gremmels [SPD]: Sensibilität?)
Sie haben hier von diesem Pult aus keinen CDU/CSU-Redner in irgendeiner Debatte gehört, der in irgendeiner Weise übergriffige oder unverschämte Anmerkungen in Richtung Regierung gemacht hätte.
(Lars Klingbeil [SPD]: Herr Kollege Brand!)
Wir haben immer sehr ernst genommen, dass das eine schwierige Entscheidung ist, und wir haben gesagt: Wir müssen den Mut haben, sie zu treffen.
Wir haben in den letzten Wochen beobachtet, dass nicht etwa der Bundeskanzler andere animiert und ermutigt hat, etwas zu tun, sondern, im Gegenteil, andere immer lauter und immer schonungsloser diese Forderung an die Bundesregierung gerichtet haben. Das waren im Übrigen auch Mitglieder der Regierungskoalition, Frau Strack-Zimmermann zum Beispiel. Wir hatten gerade in der letzten Woche noch mal die Auseinandersetzung, dass ausländische Staatschefs und Verteidigungsminister in Deutschland angeklopft haben. Wir hatten den Wunsch der Polen auf Genehmigung der Rüstungsexporte. Wir hatten letzten Freitag die Ramstein-Konferenz.
Am Donnerstag in der Debatte sagte Dietmar Nietan von der SPD zu mir, ich wüsste ja auch, dass am Freitag beschlossen werde, dass die Panzer kommen. – Ich wusste es nicht. Klammer auf: Er lag schief, ich lag nicht schief.
(Zuruf des Abg. Dietmar Nietan [SPD])
Wir haben am Sonntag erlebt, dass der Bundeskanzler neben dem französischen Staatspräsidenten steht, und der französische Staatspräsident sagt: Wir werden nicht nur an dem gemessen, was wir machen, sondern auch an dem gemessen, was wir nicht machen. – Das war doch ganz klar eine Botschaft Frankreichs: Deutschland, bewege dich!
Ich finde es gut, dass Deutschland sich jetzt bewegt; aber den Eindruck zu erwecken, dass Olaf Scholz an der Spitze der Bewegung stand und nicht, wie es wirklich war, im Bremserhäuschen saß, das ist nun wirklich eine ziemlich steile Geschichte.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dietmar Nietan [SPD])
Ich möchte ganz kurz noch zwei, drei Aspekte ansprechen. Also, dass das Bundeskabinett heute Morgen beschlossen hat, die Panzer zu liefern, während Herr Pistorius erst mal beschlossen hat, zu zählen, wie viele überhaupt da sind, ist ja auch irgendwie eine falsche Reihenfolge.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht die falsche Reihenfolge!)
Das war doch eine ziemliche Hilfskrücke, zu sagen: Wir müssen erst mal gucken, was wir haben. – Jetzt hat man entschieden. Das finden wir richtig. Es darf aber natürlich keine Lücke bei der Bundeswehr gerissen werden. Deswegen wäre es gut gewesen, wenn die Bundesregierung, vielleicht auch auf Basis einer Position, die ich nicht teile,
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels [SPD])
die ich aber akzeptieren könnte, gesagt hätte: Okay, wir wollen noch nicht entscheiden, Panzer zu liefern; aber wir wollen uns in die Lage versetzen, es vielleicht tun zu können. – Das hätte man vielleicht auch als Warnung an Moskau verstehen können: Moskau, du hast es in der Hand, ob wir uns gezwungen sehen, das zu tun, oder nicht.
Dann hätten wir im Sommer die Panzer Leo 1 und Leo 2, die bei Unternehmen der Rüstungsindustrie stehen, instand setzen können. Wir hätten vielleicht auch den einen oder anderen ukrainischen Soldaten schon mal ausbilden können. Wir hätten dafür sorgen können, dass Munition da ist. Dann wäre jetzt Entscheidungsfähigkeit gegeben. Nun ist entschieden worden, und jetzt dauert es Monate, bis diese Panzer zum Einsatz kommen. Ich hoffe, dass sie nicht zu spät kommen; denn die Frühjahrsoffensive der Russen gegen die Ukraine wird ja nicht bis zum Sommer auf sich warten lassen.
Ich stelle ganz konkret die Frage an die Bundesregierung, wie das jetzt in der konkreten Umsetzung weitergeht. Heute Morgen im Auswärtigen Ausschuss haben wir noch nichts Konkretes dazu gehört. Ich habe mir von den Kollegen im Verteidigungsausschuss sagen lassen, dass es dort ähnlich war. Man konnte noch nicht mal die Stückzahl bestätigen.
Also, dass das ein großer Plan war, der wegen der Genialität des Bundeskanzlers vorgetragen und umgesetzt wurde, das glaube ich nicht, und das glaubt auch niemand anders.
(Ulrich Lechte [FDP]: Die werdet ihr schon noch erkennen, die Genialität!)
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Hardt. – Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Robert Farle.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Jetzt kommt ein Highlight! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind ja früher schon von Moskau bezahlt worden! Über Jahre! – Zuruf von der FDP: DKP!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550278 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 81 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Leopard-Blockade der Bundesregierung |