Thomas GebhartCDU/CSU - BEHG-Doppelbilanzierungsverordnung
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Verordnung, über die wir heute Nachmittag debattieren, geht es darum, dass Unternehmen den Preis für ihre CO2-Emissionen nicht zweimal zahlen sollen: einmal über den europäischen Emissionshandel und dann noch einmal über den nationalen Emissionshandel. Das ist bereits im Gesetz so geregelt. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Die Verordnung setzt lediglich die Vorgabe des Gesetzes um. Aus meiner Sicht ist das völlig unstrittig.
(Olaf in der Beek [FDP]: Richtig!)
Umso mehr stellt sich doch aber die Frage: Weshalb führen wir über eine solche Verordnung hier im Plenum des Deutschen Bundestages eine Debatte?
(Zuruf des Abg. Olaf in der Beek [FDP])
Meine Damen und Herren, wir haben noch nicht einmal im zuständigen Fachausschuss eine Aussprache dazu durchgeführt, und zwar deswegen nicht, weil diese Verordnung so unspektakulär und so unstrittig ist.
Also: Weshalb führen wir diese Debatte? Die Antwort lautet: In den wichtigen, in den großen Fragen des Klimaschutzes sind die Parteien der Ampelregierung zerstritten. Sie sind sich in all diesen Fragen uneins. Weil diese wichtigen, diese großen Fragen nicht auf die Tagesordnung kommen, entstehen Lücken in der Tagesordnung. Und diese Lücken füllen Sie mit Debatten wie dieser über eine solche Verordnung. Das ist der eigentliche Punkt, um den es heute geht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was wären denn die wichtigen Themen, über die wir hier debattieren müssten? Ich will vier Punkte nennen:
Erstens. Die Bundesregierung hätte längst ein Klimaschutzsofortprogramm vorlegen müssen. Das wissen Sie; dazu sind Sie nach dem Klimaschutzgesetz verpflichtet. Sie missachten die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes. Sie halten sich nicht an die Anforderungen. In Ihren Koalitionsvertrag haben Sie geschrieben, dass Sie im Jahr 2022 ein Sofortprogramm „mit allen notwendigen Gesetzen“ auflegen werden. Ich frage Sie: Wo ist das Klimaschutzsofortprogramm, ganz zu schweigen von den notwendigen Gesetzen? Es ist nicht da. Stattdessen erleben wir Streit vor allem zwischen der FDP und dem Verkehrsministerium auf der einen und den Grünen auf der anderen Seite.
Meine Damen und Herren, ich frage auch an dieser Stelle: Wo ist eigentlich der Kanzler? Er hätte sich längst der Sache annehmen müssen. Man stelle sich nur einmal gedanklich vor: Eine unionsgeführte Bundesregierung würde über einen so langen Zeitraum so offensichtlich, so eklatant gegen die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes verstoßen. Wir hätten Demonstrationen auf allen Marktplätzen dieser Republik, und zwar Woche für Woche.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein zweiter Punkt. Wo ist denn die Antwort der Bundesregierung auf den Inflation Reduction Act der USA? Ich komme gleich darauf zurück.
Ein dritter Punkt. Wo ist das Energieeffizienzgesetz? Der Kanzler hat es im letzten Jahr mit großen Worten angekündigt. Es ist nicht da. Auch das ist irgendwie im Streit zwischen den Ampelparteien stecken geblieben.
Ein vierter Punkt. Nach dem Wegfall des russischen Gases bräuchten wir umso dringlicher und mit sehr viel Nachdruck eine Fortschreibung der Wasserstoffstrategie. Sie muss dringend angepasst werden, sie muss fortentwickelt werden, und sie muss vor allem umgesetzt werden. Meine Damen und Herren, Deutschland soll Wasserstoffland Nummer eins werden.
(Kassem Taher Saleh [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kriegen wir schon hin! Darauf können Sie sich verlassen!)
Aber dazu braucht es sichere Rahmenbedingungen, damit die Unternehmen jetzt in Deutschland investieren.
Ich komme zurück auf die Gesetzgebung in den USA. Wenn wir jetzt nicht sehr schnell die notwendige Sicherheit und die Rahmenbedingungen schaffen, dann gehen die Investitionen woandershin, und das wäre fatal.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir brauchen verlässlich Energie – preiswert, bezahlbar und auch dann, wenn Wind und Sonne nicht zur Verfügung stehen. Ein wesentlicher Schlüssel dazu ist die Wasserstofftechnologie. Statt sich auch über diese Frage zu streiten, sollten die Ampelparteien einfach mehr Tempo machen.
All das sind die eigentlichen Punkte, die heute auf die Tagesordnung gehörten.
Ich will noch einen weiteren Punkt ansprechen. Der europäische Emissionshandel funktioniert. Es ist ein marktwirtschaftliches Instrument. Dieses Instrument sorgt dafür, dass die Klimaziele auf effiziente Weise eingehalten werden. Nun gibt es seit einigen Tagen erfreulicherweise eine politische Einigung auf europäischer Ebene, einen Durchbruch. Diese Einigung sieht vor, dass ab dem Jahre 2027 auch die Bereiche Verkehr und Wärme in den Emissionshandel einbezogen werden sollen. Wir haben in Deutschland den Brennstoffemissionshandel für Verkehr und Wärme. Es ist gut, dass es künftig auch auf europäischer Ebene diesen Mechanismus geben wird. Es ist gut für den Klimaschutz. Es ist aber auch gut für fairen Wettbewerb zwischen den Staaten der Europäischen Union, zwischen den Ökonomien, zwischen den Unternehmen.
Aber, meine Damen und Herren, die Bundesregierung muss zügig ein Konzept vorlegen, aus dem hervorgeht, wie die beiden Systeme zusammengebracht werden können. Das kann nicht erst 2025/2026 geschehen; denn wir brauchen Planungssicherheit. Alle Akteure müssen frühzeitig wissen: Wohin geht die Reise? Wir brauchen Planungssicherheit, und deswegen gehört auch dieses Thema auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestages. Wir erwarten zügig ein Konzept der Bundesregierung, aus dem hervorgeht, wie diese beiden Systeme zusammengeführt werden können.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben in einem Jahr mehr gemacht als Sie in 16 Jahren! Jetzt hören Sie mal auf, wirklich! Märchen!)
Andreas Mehltretter hat das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550462 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | BEHG-Doppelbilanzierungsverordnung |