27.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 83 / Tagesordnungspunkt 20

Robin MesaroschSPD - Sichere digitale Identitäten

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Reichel, wenn mich Allensbach gefragt hätte, hätte ich auch gesagt, dass Deutschland bei der Digitalisierung hinterherhängt. Mir fällt es nur schwer, aus den Umfrageergebnissen die Punkte abzuleiten, die Sie daraus abgeleitet haben. Ich muss diesen Elfmeter einfach verwandeln: Wenn man 16 Jahre lang das Kanzleramt und das Innenministerium führt, dann ist das die Zeit, in der man verhindern kann, dass so viele Leute den Eindruck haben, dass wir hinterherhängen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Aber im letzten Jahr hat es sich verschlechtert!)

Lassen Sie mich grundsätzlich anfangen: Die digitalen Identitäten sind ein ganz wesentlicher Baustein für unseren digitalen Staat; das ist richtig. Es ist wichtig, dass wir uns dem Staat gegenüber sicher ausweisen können. Sonst können wir ganz viele Sachen vergessen, die wir mit dem sehr weiten Begriff „digitaler Staat“ verbinden. Der digitale Staat ist kein Selbstzweck, sondern er ermöglicht einen schnelleren, praktischeren und sozialeren Staat – das passiert nicht automatisch, aber es wird die Möglichkeit geschaffen –, einen Staat, der seinen Bürgerinnen und Bürgern viel einfacher helfen kann, als das heute der Fall ist, wo wir seitenlange Anträge ausfüllen müssen. Deswegen ist es unser Ziel, die digitale Identität in die Fläche zu bringen, sie einfach benutzbar zu machen, sie so günstig wie möglich zu machen. An manchen Stellen liegen wir da gar nicht so weit auseinander, nur dass wir niemals einen Antrag stellen würden, der mit „Sichere digitale Identitäten“ überschrieben ist, in dem wir aber unsichere vorschlagen.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Beispiele?)

Lassen Sie mich hier noch etwas Grundsätzliches sagen: Eine digitale Infrastruktur aufzubauen, braucht Zeit. Ich kann mir schon vorstellen, dass Ihnen das fad vorkommt. Ich finde es auch fad, immer darauf abzuheben, wie lange Sie Deutschland regiert haben.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Sie regieren seit einem Jahr!)

Das wäre halt das Zeitfenster gewesen, diese grundsätzliche Infrastruktur aufzubauen.

(Konstantin Kuhle [FDP]: So ist es!)

Jetzt sind wir in der Situation, dass sie uns fehlt. Uns fehlt vieles.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Was haben Sie getan?)

Darüber kann man gute Witze machen. In diesen Witzen kommen oft Faxgeräte vor. Uns fällt vieles ein, was in Deutschland fehlt. Was aber nicht fehlt, ist die Tatsache, dass unser Personalausweis seit 12, fast 13 Jahren als digitale Identität funktioniert,

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Unionsgeführtes Projekt!)

und zwar nicht einfach nur als digitale Identität, sondern auch sicher. Er war damals seiner Zeit voraus. Er ist es heute praktisch noch immer. Richtig ist, dass wir diesen Teufelskreis durchbrechen müssen, dass ihn niemand nutzt und es zu wenige Anwendungen dafür gibt, was sich leider immer gegenseitig verstärkt.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Was haben Sie getan?)

– Dazu komme ich jetzt.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

– Ich sage jetzt nichts, was man hier nicht sagen sollte.

(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Besser so!)

Warum ist es nicht gelungen? Das ist die Frage, die ich stellen will. Die Antwort auf diese Frage geben Sie in Ihrem Antrag selbst. Der Antrag enthält zahlreiche Maßnahmen. Ich will sie mal sortieren in gute Maßnahmen, schlechte Maßnahmen und Maßnahmen, bei denen Sie sich verzetteln.

Gut ist, dass Sie eine Strategie fordern. Das ist Gratislob, das kann man immer machen, das kommt gut.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Was haben Sie getan?)

– Ich erzähle Ihnen gleich, was wir tun; ich habe ja genügend Zeit. – Sie sagen, die Schriftformerfordernis könne man durch die digitale Identität ersetzen. Das sehen wir auch so. Das können wir über das OZG ändern, da, wo es juristisch möglich ist.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Machen!)

Sie sagen, die Kosten müssten sinken. Dafür sorgen wir. Sie sagen, die AusweisApp2 gehe so nicht. Das teile ich; schon der peinliche Name geht nicht. Sie ignorieren aber offensichtlich, dass es die App BundesIdent gibt und an der Stelle schon ganz viel passiert. Das heißt, ich erkenne nicht, inwiefern wir bei den guten Vorschlägen, die Sie machen, Nachholbedarf haben.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Wo ist es denn? Sie stimmen uns ja nur zu!)

Wir kommen jetzt zu den schlechten Vorschlägen, die Sie machen. Sie wollen einen Rechtsanspruch auf digitale Identität. Das klingt super. Natürlich will ich, dass jeder das benutzen kann. Aber ich finde – das muss ich so deutlich sagen –, es ist Schwachsinn, immer wieder einen Rechtsanspruch für Sachen zu fordern, die, Stand jetzt, nicht einlösbar sind.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Bis 2025!)

Wir müssen eine Lösung finden, damit die Leute das benutzen können, und ihnen nicht nur einen Rechtsanspruch anbieten. Wir wollen die Infrastruktur aufbauen und nicht mehr Klagemöglichkeiten schaffen. So wird ein Schuh daraus.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Bis 2025!)

Dann kommen Sie mit der Smart-ID um die Ecke. Dabei verzetteln Sie sich. Sie sagen: Es gibt so viele tolle Möglichkeiten! – Ja, es gibt viele Möglichkeiten, mit der digitalen Identität unterwegs zu sein. Stand jetzt läuft aber halt gar nichts, weil Ihr Ansatz in den letzten Jahren war, alles vorzuschlagen und alles toll zu finden, am Ende hat aber nichts funktioniert. Deswegen setzen wir bei der Sicherheit an. Wir wollen nicht nur irgendeine sichere digitale Identität haben, sondern sie auch zum Laufen bringen. Darauf konzentrieren wir uns und nicht auf die 20 anderen Punkte, die wir eigentlich auch noch gerne hätten.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Alles, was wir bisher gemacht haben, haben wir begonnen!)

Thema „Schaufensterprojekte“. Das illustriert sehr gut, wo das Problem liegt. Wir brauchen nicht mehr Hochglanzprojekte, die irgendwann toll werden, sondern es muss jetzt funktionieren. Dass es jetzt funktioniert, daran arbeiten wir. Sie wollen anscheinend noch mehr Geld für irgendwelche Blockchain-Projekte ausgeben, die gar nicht Teil einer sinnvollen Infrastruktur sein können. Da verbrennen wir nur Geld, und Lilith Wittmann – sie schaut uns wahrscheinlich zu – zerlegt uns das Hochglanzprojekt eh wieder innerhalb von zwei Tagen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das sind die schlechten Vorschläge.

Sie verzetteln sich bei ganz vielen Vorschlägen, zum Beispiel bei den juristischen Personen. Natürlich müssen juristische Personen sich auch digital ausweisen können. Aber wir legen den Fokus darauf, dass das jetzt endlich mal Private tun können.

Was tun wir also? Wir legen den Fokus klar auf die eID. Wir durchbrechen den Teufelskreislauf, indem wir bei der Wirtschaft, bei der Verwaltung und in der Öffentlichkeit für die Nutzung werben. Dazu bauen wir einen Vertrieb auf und jetzt eine Öffentlichkeitskampagne. Wir machen die Berechtigungszertifikate günstiger und leichter zugänglich. Wir erleichtern die Zugänge zu den eID-Servern und machen sie leichter nutzbar.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Wann denn?)

Und wir sorgen dafür, dass die eID auch international interoperabel wird. Das ist das, was im Moment passiert.

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Wann? Noch sehen wir es nicht!)

– Das passiert im Moment. Sie können gespannt sein. Auch wenn Sie mir nicht glauben, die Fakten werden mir recht geben.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Wort hat die Abgeordnete Barbara Lenk für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550598
Wahlperiode 20
Sitzung 83
Tagesordnungspunkt Sichere digitale Identitäten
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