Klaus-Peter WillschCDU/CSU - Regulierung kleiner und mittlerer Unternehmen
Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank für die großzügige, bevorzugte Behandlung. – Die gestiegenen Preise, die wir für Energie, Rohstoffe und Vorprodukte verzeichnen müssen, die Pandemiebewältigung, der wachsende Mangel an Arbeits- und Fachkräften und die Engpässe in der Logistik fordern die Wirtschaft zurzeit enorm heraus. Das gilt nicht nur für den Mittelstand, für Familienunternehmen; das gilt auch für Konzerne, das gilt für unsere Industrie. Selten gab es so viele Krisen gleichzeitig, und wir müssen uns fragen, wie wir dort helfen können. In diesen Zeiten von Unsicherheit und Krise müssen wir über gezielte bürokratische Entlastungen diskutieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Enrico Komning [AfD]: Das ist gut!)
Als wir hier im Deutschen Bundestag im Herbst 2019 – Herr Limbacher, Sie waren nicht dabei – mit den Sozis zusammen
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Reinhard Houben [FDP]: Die Sozis und die Schwarzen waren das!)
das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz verabschiedet hatten, waren wir uns schon darüber im Klaren, dass es das nicht war, dass es eine Daueraufgabe ist. Ein viertes haben wir in einem Begleitbeschluss sofort mit angekündigt. Leider sind wir nicht mehr dazu gekommen. Es war auch schwer, mit der SPD über Bürokratieentlastung zu reden, weil sie immer sofort witterten, wir könnten Arbeitnehmerrechte abbauen oder es den Unternehmen erleichtern, Steuern zu hinterziehen, und all so ein Quatsch.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Die Menschen, die hier arbeiten wollen, die Firmen gründen, tun das, weil sie was bewegen wollen, weil sie was vorwärtsbringen wollen, und nicht, weil sie Arbeitnehmer quälen oder Steuern hinterziehen wollen. Die freuen sich, wenn sie Steuern zahlen können; aber wir dürfen ihnen das Leben doch nicht unnötig schwer machen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: So ist das! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Richtig! – Reinhard Houben [FDP]: Genau!)
Wir haben mit dem Dritten Bürokratieentlastungsgesetz die Wirtschaft um mehr als 1,1 Milliarden Euro entlastet, trotz all der Schwierigkeiten, die wir da mit Ihnen hatten. Das kann sich durchaus sehen lassen, und das ist ein gutes Ergebnis gewesen.
Jetzt haben Sie ja im Koalitionsvertrag das lobenswerte Ziel stehen, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Das gilt aber nur sehr selektiv. Das ist vielleicht der Beleg dafür, dass Herr Habeck sich mehr als Klima- und nicht so sehr als Wirtschaftsminister versteht.
(Enrico Komning [AfD]: Der hat ja auch keine Ahnung von Wirtschaft!)
Denn Artenschutz und Bürgerbeteiligung sind für ihn wurscht beim Windkraftanlagenbau oder bei der Eisenbahn; aber das gilt nicht für die Straße. Was ist denn mit den Brücken, was ist mit den anderen Infrastrukturverbesserungen, die wir dringend brauchen, um Deutschland und seine Wirtschaftskraft zu stärken?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Die Sucht nach immer mehr Windrädern
(Zurufe von der SPD: Oh!)
kennt offenbar kein Gebot.
(Reinhard Houben [FDP]: Das ist ja mal ein Potpourri von Themen!)
Dabei ist, weil ja eben schon über die Rechenkünste von Abgeordneten oder Juristen gesprochen worden ist, noch mal festzuhalten: Ein Produkt mit null ist immer null. Wenn also kein Wind weht, können Sie 10 000 oder 100 000 Windräder aufstellen – dann ist Flaute, und es kommt überhaupt nichts.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sind Sie sicher, dass Sie in der CDU richtig sind?)
Deshalb ist es falsch, dass Sie grundlastfähige Kraftwerke nur noch ein paar Tage, bis Mitte April, laufen lassen und dann die Kernkraftwerke einfach abschalten. Das ist wirklich irre.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ganz Europa schüttelt den Kopf über uns.
Der Erfüllungsaufwand, den die Wirtschaft für Bürokratie zu tragen hatte – da war zugegebenermaßen der Mindestlohn dabei –, ist allein im Zeitraum 2021/22 um 6,7 Milliarden Euro auf 17,4 Milliarden Euro gestiegen. So steht es im NKR-Bericht. Ich hoffe, die dürfen das in Zukunft auch noch schreiben; sie sind ja schon einmal verschoben worden: vom Kanzleramt jetzt ins Justizministerium. Ich wünsche dem NKR, dass er weiter gut aufpasst, und dem Kollegen Buschmann, dass er das Instrument, das er hat, gut einsetzt.
Ich will mal ein Beispiel nennen. Mir hat heute jemand aus unserer Mittelstandsunion eine E‑Mail geschickt. Er schreibt, dass er soeben Post vom Statistischen Landesamt gekriegt hat, eine Anordnung, dass er jetzt bei der Verdiensterhebung mitmachen muss. Das geht dann sechs Jahre lang. Der Steuerberater hat ihm gesagt: Ja, mache ich für euch; kostet 200 Euro im Monat. – Was meinen Sie, was da abgefragt wird? Das, was Unternehmen sowieso schon ständig melden, nämlich die Löhne und die Sozialabgaben. Das wird ja alles zweimal gemeldet.
Das hängt natürlich damit zusammen, dass das OZG noch lange nicht so weit ist, wie es sein sollte. Hier ist im letzten Jahr nichts passiert. Wir können bei 575 Verwaltungsleistungen immer noch von nur 33, 35, seien es 40 sprechen, die überhaupt digital angeboten werden. Das ist einfach zu schwach.
Wir müssen uns wirklich ernsthaft Gedanken darüber machen, wie wir den Standort stärken. Jedes fünfte Unternehmen gibt an, die energieintensiven Geschäftsfelder in Deutschland aufgeben zu wollen: BioNTech geht mit der Forschung nach Großbritannien, BASF investiert 10 Milliarden Euro in China, und Linde verlässt den DAX. Das sind schon dramatische Anzeichen; die muss man ernst nehmen, darum muss man sich kümmern und darf nicht nur bei Überschriften stehen bleiben. Also, es ist viel zu tun.
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Ich appelliere an die Regierung, wirklich voranzuschreiten und etwas auf den Tisch zu legen. Wir warten auf das BEG IV. Wir werden selbst in einem eigenen Antrag deutlich machen, was wir in der jetzigen Situation für die Wirtschaft für notwendig halten.
(Beifall der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])
Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Schluss.
Für uns ist wichtig: Der Regierungsapparat, die Verwaltung müssen laufen und nicht die Bürger und die Unternehmer.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Prima! Genau richtig!)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Maik Außendorf, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550959 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 85 |
Tagesordnungspunkt | Regulierung kleiner und mittlerer Unternehmen |