Carolin WagnerSPD - 100 Milliarden Euro Sondervermögen für Bildung
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, die ertragreichsten und zukunftsfähigsten Investitionen überhaupt, die wir tätigen können, sind Investitionen in Bildung. Allein der Sanierungsstau an den Schulen dieses Landes liegt bei rund 45 Milliarden Euro. Mit Blick auf das Bildungssystem geht es aber nicht nur um strahlende Gebäude, die wir brauchen. Der Handlungsbedarf ist größer. Es geht um die technische Ausstattung unserer Klassenzimmer, um das Unterrichtsmaterial, um Weiterbildungsangebote, Personalmittel usw. usf. Frau Ludwig, wir haben sehr engagierte Lehrkräfte in diesem Land. Aber die buckeln sich auch krumm und können nicht mehr. Das darf man nicht ignorieren, liebe Unionsfraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir wissen aus den jüngsten Bildungsstudien: Etwa ein Fünftel der Grundschülerinnen und Grundschüler hat erhebliche Defizite bei Lesen, Schreiben, Zuhören und Rechnen. Immer noch verlassen viel zu viele junge Menschen die Schule ohne Abschluss. Viele sagen dabei: Das ist volkswirtschaftlich fatal mit Blick auf den Fachkräftemangel. – Ja, das stimmt. Wir von der SPD sagen aber auch klar: Es ist fatal mit Blick auf jeden Einzelnen dieser jungen Menschen und seine Chancen auf ein selbstbestimmtes und gutes Leben. Deshalb können wir das auch nicht akzeptieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Was von uns von der SPD auch nicht akzeptiert werden kann, ist der erneut nachgewiesene Zusammenhang von Bildungschancen und dem Geldbeutel der Eltern. Deshalb setzen wir uns auf allen Ebenen – im Bund, in den Ländern und den Kommunen – seit jeher dafür ein, dass mehr Kinder in Kitas gehen, für Ganztagskonzepte, für ein BAföG für Schülis, Studis und Meister, für eine echte Ausbildungsplatzgarantie und ein Recht auf Weiterbildung, kurz: für Bildungsgerechtigkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die Bildungsausgaben deutlich steigern wollen. Dass Geld hier wirklich Verbesserungen herbeiführt, zeigt sich mit einem Blick nach Hamburg. Hamburg investiert seit einigen Jahren schon pro Schüler/-in bedeutend mehr Geld als andere Länder, sogar mehr als das reiche Bayern. Während Land und Kommunen in Bayern 2020 pro Schüler/-in in den allgemeinbildenden Schulen 10 600 Euro ausgaben, waren es im Stadtstaat Hamburg 12 600 Euro. Hamburg legt dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die frühen Bildungsphasen eines Kindes und verzeichnet in 2020 Ausgaben pro Grundschüler/-in in Höhe von 12 100 Euro, Bayern hingegen nur 8 700 Euro.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Was macht ihr denn eigentlich in Berlin und in Rheinland-Pfalz?)
Und siehe da: In 2021 ist Hamburg im IQB-Bildungstrend, der eben genau die basalen Leistungen Rechnen, Schreiben, Lesen am Ende der Grundschulzeit misst, in die Spitzengruppe der Bundesländer aufgestiegen. Hier wurde in die Personalausstattung investiert. Schulen in Problemlagen erhalten zusätzliches Personal für Förderunterricht oder Nachhilfe. Die Besoldung von Lehrkräften wurde angeglichen, es gab freiwillige Lernangebote in den Ferien und 500 zusätzliche Lehrkräfte für Sprachförderung bis zum zehnten Schuljahr. Landesweite Ergebnisse von engmaschigen Vergleichstests sind in Hamburg Grundlage für gezielte pädagogische Initiativen.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Bitte mal in Relation zu Berlin setzen!)
Das Beispiel Hamburg verdeutlicht: Wir brauchen mehr Geld in der Bildung. Vor allem müssen wir in frühe Bildungsphasen investieren.
(Nicole Höchst [AfD]: Bildung ist Länderhoheit!)
Besondere Zuwendung brauchen die Risikogruppen. Dazu gehören Kinder aus Familien mit Zuwanderungsgeschichte oder mit sozialen Benachteiligungen.
Ja, wir brauchen ein Sondervermögen Bildung. Genau das fordert unsere Parteivorsitzende Saskia Esken, wie wir heute schon des Öfteren gehört haben, und ich und viele Teile der Fraktion unterstützen das zu hundert Prozent.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir wollen diesen Weg aber gemeinsam mit unseren Ampelpartnern innerhalb der Koalition beschreiten. Das notwendige Geld für ein Sondervermögen kann unter anderem durch eine gerechte Steuerpolitik eingenommen werden. Immerhin flossen laut Oxfam in Deutschland 81 Prozent des gesamten Vermögenszuwachses, der zwischen 2020 und 2021 erwirtschaftet wurde, an das reichste Prozent der Bevölkerung. Diese Schieflage wächst ebenso weiter wie die Schieflage unseres Bildungssystems.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Wer stellt denn hier eigentlich den Finanzminister in den nächsten vier Jahren?)
Lasst uns das endlich ändern, liebe FDP. Wir haben es jetzt in der Hand.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Kein gutes Zeugnis für Bremen und Berlin, würde ich sagen, was Sie ausgestellt haben!)
Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Wagner. – Nächster Redner ist der Kollege Christoph Meyer, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551407 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 88 |
Tagesordnungspunkt | 100 Milliarden Euro Sondervermögen für Bildung |