Norbert RöttgenCDU/CSU - Vereinbarte Debatte zum Internationalen Frauentag
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die eindrucksvollste Frauenbewegung unserer Zeit sind, glaube ich, die Frauen im Iran. Vorfälle von der Misshandlung und der Ermordung Jina Mahsa Aminis bis zu den jüngsten wahllosen Vergiftungen von Mädchen, ganz offensichtlich zur vorbeugenden Einschüchterung – das muss man sich mal vorstellen: Einschüchterung durch Vergiftung –, belegen, dass das Regime in Teheran, das Mullah-Regime, die Unterdrückung und Entrechtung von Frauen systematisch betreibt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Es geht sogar noch weiter. Dieses Regime, dieses System der Mullahs beruht ideologisch und in seiner Herrschaftspraxis auf der Unterdrückung und der Entrechtung von Frauen. Frau, Leben, Freiheit – der Kampf für Würde und Rechte von Frauen ist darum unvereinbar mit diesem System. Ja, es ist systemzersetzend, was die Frauen im Iran wollen, und weil das so ist, findet im Iran eine feministische Revolution statt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Das ist ein historisches Ereignis. Es kann vielleicht weitere historische Ereignisse nach sich ziehen, wenn diese feministische Revolution Erfolg hat.
Die feministische Revolution verliert nicht dadurch ihren Charakter, dass sie schon einen großen Erfolg erreicht hat, nämlich die meisten Männer und die große Mehrheit des Volkes für sich gewonnen zu haben. Es ist auch mit Männern eine feministische Revolution, die im Iran stattfindet, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Was bedeutet das für uns? Ich glaube, es bedeutet eine grenzenlose Bewunderung für den Mut der Frauen. Denn diese Frauen wissen, was ihnen droht, wenn sie protestieren, wie eine der Frauen, die gestern aus dem Gefängnis entlassen wurde und sofort wieder für Freiheit und Würde auf die Straße gegangen ist und acht Stunden später wieder im Gefängnis war. Diese Frau wusste, dass ihr Einsatz für Freiheit und Würde der Frauen sie wieder der Drangsalierung, vielleicht der Folter, jedenfalls dem Gefängnis aussetzt. Es ist nichts als Bewunderung, die wir für diesen Mut und für diese Aufopferungsbereitschaft haben können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber es geht auch um Solidarität. So wie sie unsere ganze Bewunderung verdient haben, verdienen sie unsere ganze Solidarität. Das, was wir tun können, ist wenig genug. Die Frauen und Männer wissen, dass sie das selber machen müssen. Aber ein bisschen was können wir schon tun. Ich möchte dazu ein paar Anregungen und Vorschläge machen, auch fraktionsübergreifend. Ich glaube, so zu agieren, das sollte unser Ziel sein.
Erstens. Wir könnten doch einige Repräsentantinnen der iranischen Opposition in Deutschland in den Deutschen Bundestag, zum Beispiel in den Auswärtigen Ausschuss, einladen, ihnen zuhören und auf diese Weise Solidarität mit der iranischen Opposition ausdrücken. Das wäre möglich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich möchte mich auch an Sie wenden, Frau Baerbock, und noch einmal zu überlegen geben, ob Sie dem Wunsch von Masih Alinejad, einer der führenden Repräsentantinnen, nach einem Treffen mit Ihnen nicht doch stattgeben wollen. Das wäre ein starkes Zeichen der Solidarität. Ich kann Ihre Bedenken verstehen. Aber nachdem sich gestern der niederländische Premierminister mit ihr getroffen hat, meine ich, müsste es auch Ihnen als Außenministerin möglich sein, sich mit dieser Spitzenrepräsentantin in Deutschland zu treffen. Meine Bitte ist: Erwägen Sie es noch einmal. Vielleicht können Sie sich dazu entscheiden, sich mit ihr zu treffen. Das wäre ein starkes Zeichen Deutschlands der Solidarität mit der Opposition, mit den Frauen in der Opposition im Iran.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Terrorlistung der Islamischen Revolutionsgarden ist angesprochen worden: Doro Bär hat es angesprochen. Sie, Frau Esken, haben sich schon vor langer Zeit dafür ausgesprochen. Lars Klingbeil hat es getan. Die CDU/CSU-Fraktion ist komplett dafür. Ich glaube, die FDP-Fraktion ist auch komplett dafür. Omid Nouripour hat sich dafür ausgesprochen. – Wollen wir nicht versuchen und schulden wir es nicht den Frauen im Iran, dass wir unsere Fraktionsgrenzen überschreiten und als vier Fraktionen zu einem gemeinsamen, starken Antrag zusammenkommen, der Solidarität mit den Frauen ausdrückt und der auch die Terrorlistung der Islamischen Revolutionsgarden beinhaltet? Das ist der entscheidende Punkt. Verweigern wir uns dem nicht. Kommen wir als Fraktionen zusammen. Ich finde, wir schulden diese Solidarität den kämpfenden Frauen im Iran, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Nicole Bauer [FDP])
Vielen Dank, Herr Kollege Röttgen. – Sosehr ich es bedauere, Herr Schnieder: Sie müssen sich schon mal entscheiden, wer von Ihren Rednerinnen eine Minute weniger redet. Ich fand den Beitrag gut, aber leider zu lang.
(Heiterkeit)
Als nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Josephine Ortleb, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7551999 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 92 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte zum Internationalen Frauentag |