Jens ZimmermannSPD - Glasfaser-Überbau
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht ist es auch besser, dass wir die Debatte jetzt zum Schluss führen;
(Nadine Schön [CDU/CSU]: Es ist noch lange nicht Schluss! Noch zwei Stunden!)
denn sie lässt mich bisher ein wenig ratlos zurück. Ich glaube, bei der Problemdefinition gibt es hier im Hohen Haus überhaupt keinen Dissens. Allerdings lässt uns der Antrag der Union dann doch ein bisschen ratlos zurück.
Es gilt erst einmal der Grundsatz, dass der Glasfaserausbau in Deutschland durch den Markt stattfindet. Das ist eine Entscheidung, die vor langer Zeit getroffen worden ist. Ich würde sie heute nicht mehr so treffen. Aber wir fangen hier ja nicht an, auf einem weißen Blatt Papier zu planen, und deswegen müssen wir damit umgehen. Kein Markt ist perfekt, und deswegen gibt es auch Regeln. Deswegen gibt es an den Stellen, wo es notwendig ist, auch einen geförderten Ausbau. – So weit, so klar.
Unser Ziel ist – und das teilen wir alle hier im Hohen Haus –: Wir brauchen in Deutschland ein flächendeckendes Glasfasernetz, und zwar überall. Das Problem – das haben Sie zu Recht angesprochen – entsteht dann, wenn am gleichen Ort mehrere Wettbewerber so ein Netz bauen wollen bzw. wenn einer schon gebaut hat und der Nächste obendrüber bauen will. Wenn dann gleichzeitig an anderen Stellen immer noch weiße Flecken sind, wo es überhaupt kein Glasfasernetz gibt, dann ist das definitiv nicht sinnvoll.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
– Ja, da kann man ruhig klatschen, das stimmt.
(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Aber jetzt warten wir auf Ihre Lösung! Was ist Ihr Vorschlag?)
Wir haben alle die gleichen Hinweise aus der Branche bekommen, und wir nehmen sie ernst. Hier schießt aber der Antrag der Union aus meiner Sicht meilenweit übers Ziel hinaus; denn was Sie in Ihrem Antrag fordern, ist, dass jede Bürgermeisterin und jeder Bürgermeister im Land jeden weiteren Ausbau für sieben Jahre de facto stoppen kann.
(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Nein, nur den Überbau!)
Das ist natürlich nicht möglich; das können wir nicht machen. Ich habe zwar großes Vertrauen in unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister; aber wenn die sagen können: „Hier hat einer ausgebaut, und für die nächsten sieben Jahre darf niemand anderes ausbauen“ – bis 2030, steht in Ihrem Antrag –, dann muss ich sagen: Für was haben wir denn eine Bundesnetzagentur, für was haben wir Wettbewerbsbehörden, wenn das am Ende jeder Bürgermeister, jede Bürgermeisterin entscheiden kann?
(Nadine Schön [CDU/CSU]: Machen Sie einen besseren Vorschlag!)
Das halte ich wirklich für meilenweit übers Ziel hinausgeschossen.
Ich muss mal eins sagen: Bei uns haben diese Woche die Telefone nicht stillgestanden. Die ganze Branche, all diejenigen, die diese Diskussionen auf den Weg gebracht haben, haben bei uns, bei der Ampel, angerufen und gesagt: Ihr werdet doch bitte nicht diesen Antrag der Union unterstützen wollen; wir wollen keine solche gesetzliche Regelung, wie die CDU/CSU sie vorschlägt. – Deswegen sage ich: Die Intention ist gut, aber in der Umsetzung meilenweit übers Ziel hinausgeschossen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Und jetzt Ihre Lösung, Ihr Vorschlag!)
Am Ende des Tages übernehmen Sie mit Ihrem Vorschlag eigentlich das Schlechteste aus beiden Welten.
(Nadine Schön [CDU/CSU]: Machen Sie einen besseren!)
Sie sagen – das steht in Ihrem Antrag ja auch drin – die ganze Zeit: Wettbewerb, Wettbewerb, Wettbewerb!
(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Ihr Vorschlag!)
Gleichzeitig sagen Sie aber: Um Gottes willen, da sind zwei Unternehmen, die wollen beide ausbauen – da muss sofort eingegriffen werden. Das muss gestoppt werden. – Da müssen Sie sich am Ende auch mal entscheiden: Wettbewerb oder Planwirtschaft?
(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Haben wir verstanden! Aber wir warten auf Ihren Vorschlag!)
Aber das, was Sie vorschlagen, ist das Schlechteste aus beiden Welten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Aber jetzt!)
Einige der Vorschläge, die auch in Ihrem Antrag stehen, sind vollkommen richtig. Wir brauchen einen klaren Überblick darüber, wo dieser Überbau stattfindet. Aber eines müssen wir auch noch mal feststellen: Ich finde, es kann nicht sein, dass zum Beispiel in Großstädten wie hier in Berlin am Ende nur ein Wettbewerber ein Glasfasernetz bauen darf. Das wäre aber laut Ihrem Antrag am Ende möglich. Es ist ganz normaler Wettbewerb, wenn zwei, drei oder vier Anbieter in einer Großstadt ausbauen. Das kann ja wohl nicht gemeint sein.
(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Nein, es betrifft nur den Überbau!)
Deswegen müssen wir vor allem das Thema des sogenannten strategischen Überbaus angehen, wenn also ein Wettbewerber irgendwo hinkommt und sagt: Ich baue jetzt hier an. Wir gewinnen das Spiel damit zwar nicht, aber ich trete dem Gegner wenigstens den Platz kaputt. – Das ist aber das, was passiert. Deswegen will ich an dieser Stelle noch einmal eine klare Botschaft an einen sehr großen Wettbewerber auf diesem Markt senden: Wir werden uns die Ergebnisse des BMDV sehr genau anschauen, und wenn dabei herauskommt, dass es diesen strategischen Überbau gibt, der betriebswirtschaftlich keinen Sinn macht, der nur dazu da ist, den Wettbewerb einzuschränken, dann muss entsprechend dagegen vorgegangen werden. Das Bundeskartellamt und die Bundesnetzagentur sind dazu die richtigen Behörden. Die werden wir bei dieser Arbeit dann auch unterstützen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552020 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 92 |
Tagesordnungspunkt | Glasfaser-Überbau |