Esra LimbacherSPD - Untersuchungsausschuss - Warburg Bank
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren heute einen Antrag der Unionsfraktion, der symbolisch für die Politik dieser Parteien steht. Es geht bei diesem Antrag nicht um einen Erkenntnisgewinn für die Bürgerinnen und Bürger. Es geht auch nicht darum, hier einen Steuerskandal aufzuarbeiten. Nein, es geht rein um politische Instrumentalisierung und parteipolitische Spielchen. Aber genau dafür ist ein Untersuchungsausschuss als schärfstes Schwert der Opposition eben nicht da, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Untersuchungsausschüsse sind in Deutschland seit der Weimarer Republik ein fester Bestandteil der parlamentarischen Demokratie und der Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition, und das ist auch gut so. Der Mehrwert eines Untersuchungsausschusses jetzt im vorliegenden Fall ist aber nicht nur schwer zu begründen, er ist schlicht nicht vorhanden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Man muss es so klar sagen: Es geht um Behauptungen, die vor drei Jahren ohne Belege in den Raum gestellt wurden, die längst widerlegt sind und jetzt wieder aufgerollt werden sollen, um politisch Stimmung zu machen.
Jeder, der sich ein wenig mit den Vorwürfen beschäftigt hat, weiß: Da war nie was dran. Es gab keine politische Einflussnahme,
(Michael Frieser [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das?)
und bei allen angestrengten Untersuchungen ist nichts rausgekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wo soll hier der Mehrwert für eine Untersuchung sein?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie zweifeln in Ihrem Antrag an den Aussagen und der Glaubhaftigkeit unseres Bundeskanzlers und wollen hierfür einen Untersuchungsausschuss im Bundestag einsetzen, obwohl Sie wissen: Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Hamburger Bürgerschaft haben diese Zweifel bereits längst ausführlich widerlegt.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg hat zuletzt Anfang März dieses Jahres eindeutig dargelegt, dass sie im Zusammenhang mit den Cum-ex-Geschäften der Bank erst überhaupt gar keinen Anfangsverdacht gegen den Kanzler wegen uneidlicher Falschaussage sehen würde. Einen Beweis für eine Einflussnahme hat auch der Hamburger Untersuchungsausschuss in über zweieinhalb Jahren Tätigkeit eben nicht erbracht. Glauben Sie etwa, Ihre Parteifreunde in Hamburg haben in dem Untersuchungsausschuss nicht ordentlich gearbeitet?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Gute Frage!)
Seit 2020 gibt es diesen Untersuchungsausschuss. Dort wurden über 50 Zeuginnen und Zeugen angehört. Insgesamt fanden bereits über 40 Sitzungen statt. Zudem tagte der Cum-ex-Untersuchungsausschuss in der 18. Legislaturperiode des Bundestages in 46 Sitzungen, vernahm 70 Zeuginnen und Zeugen und hörte eine Vielzahl von Sachverständigen an. Jetzt einen neuen Untersuchungsausschuss einzusetzen, wäre nicht nur völlig sinnlos, sondern auch unverhältnismäßig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es mutet – das muss man sagen – beinahe schon so an, als wollten Sie hier auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Bundesmittel dafür einsetzen, um einen Sachverhalt zu untersuchen, der bereits in seiner Gänze durch unterschiedliche Staatsorgane zu unterschiedlichen Zeiten untersucht wurde, die immer wieder zu ein und demselben Ergebnis gekommen sind: Es war nichts; es gab nichts; es ist nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Neben keiner Aussicht auf neuen Erkenntnisgewinn stellt sich ganz grundlegend die Frage, inwieweit der Antrag der Unionsfraktion überhaupt verfassungskonform ist. Mir scheint es beinahe so, dass Sie Bundes- und Landeszuständigkeiten mehrfach verwechseln. Es ist klar: In so einem wichtigen Verfahren muss die Frage der Verfassungskonformität klar überprüft und festgestellt werden, und das am besten schnell durch den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Heute wäre eine Gelegenheit dazu.
Ich komme zum Schluss und will noch auf ein bemerkenswertes Zitat hinweisen, das ich mit dem Einverständnis der Frau Präsidentin wiedergeben möchte. Ein Bundestagsabgeordneter hat im Jahr 2001 in Bezug auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu einer von zugegeben mittlerweile sehr vielen Schmiergeldaffären der CDU Folgendes gesagt:
Das ist ein eklatanter Missbrauch …, und es ist ein Untersuchungsausschuss tätig, der ein reines parteipolitisches Kampfinstrument der Sozialdemokraten gegen die Union als Ganzes geworden ist und der mit dem Untersuchungsausschussauftrag, etwas festzustellen, bis heute nichts mehr zu tun hat.
Diese Worte, liebe Kolleginnen und Kollegen, habe ich mir von meinem geschätzten Kollegen, dem heutigen Fraktionsvorsitzenden der Union, geborgt.
(Michael Schrodi [SPD]: Hört! Hört! Wo ist er?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, wir sollten Friedrich Merz genau an seinen eigenen Worten auch heuten messen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrter Herr Merz: Lassen Sie es nicht zu, dass ein Untersuchungsausschuss in diesem Haus zu einem parteipolitischen Kampfinstrument wird, und bewahren Sie sich selbst diesen Rest an Glaubwürdigkeit.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Michael Schrodi [SPD]: Daran erinnert Herr Merz sich nicht mehr!)
Der Kollege Michael Frieser spricht jetzt für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552677 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 97 |
Tagesordnungspunkt | Untersuchungsausschuss - Warburg Bank |