Martin DiedenhofenSPD - Wärmewende
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Union, Sie haben hier heute einen Antrag vorgelegt, in dem tatsächlich ein paar vernünftige Punkte enthalten sind. In Zusammenhang mit dem, was Sie in den vergangenen Wochen gesagt haben, erlebe ich aber etwas ganz anderes.
Täglich melden sich bei mir Bürgerinnen und Bürger zu unseren Heizungsplänen –
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Lass mich raten: Wir sind schuld!)
Menschen wie eine ältere Dame aus Thüringen, die kürzlich in meinem Berliner Büro anrief. Kurz nach der Wende hat sie wie viele in Ostdeutschland ihren Kohleofen gegen eine Gasheizung ausgetauscht. Diese funktioniert immer noch einwandfrei. Jetzt hat sie gehört, dass sie wegen der Pläne der Regierung ihre Heizung austauschen müsse. Wie sie das mit ihrer kleinen Rente bezahlen solle, fragte sie aufgebracht. Also haben wir uns ihren Fall angeschaut. Schnell war klar:
(Zurufe der Abg. Andreas Jung [CDU/CSU] und Marc Bernhard [AfD])
Sie hatte sich unnötig Sorgen gemacht. Warum?
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Weil sie 81 ist!)
Die Frau muss ihre Heizung gar nicht vor 2045 austauschen, solange man sie noch reparieren kann;
(Andreas Jung [CDU/CSU]: Das ist auch ein Konjunkturprogramm für Reparaturen!)
denn im sogenannten Gebäudeenergiegesetz gibt es eine Ausnahmeregelung für Alteigentümer/-innen wie sie, und das ist auch richtig so.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Andreas Jung [CDU/CSU]: Ihr habt alles rausgeholt! – Zuruf des Abg. Marc Bernhard [AfD])
Die Reaktion der älteren Dame hierauf: Pure Erleichterung.
So wie dieses Telefonat laufen viele meiner Gespräche zu den Heizungsplänen.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Das Problem ist, dass Sie überhaupt Gespräche führen müssen!)
Zu Beginn ist die Sorge groß, und am Ende sind die Menschen erleichtert. Und das hat einen Grund:
(Marc Bernhard [AfD]: Die paar Ausnahmen!)
Es sind viele Gerüchte im Umlauf, die die Menschen verunsichern – Gerüchte, die mit Fakten entkräftet werden,
(Marc Bernhard [AfD]: Na ja!)
Fakten, die viele Bürgerinnen und Bürger verständlicherweise nicht haben,
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Die anderen sind schuld!)
Fakten, die die lautesten Kritiker bewusst verschweigen, aber eben Fakten, die schon lange im Gesetzentwurf stehen. Denn für uns als Ampel steht an erster Stelle, was die Auswirkungen auf den einzelnen Mensch vor Ort sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Aha!)
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, bekommen mit Sicherheit auch Anrufe verunsicherter Bürgerinnen und Bürger. Da möchte ich Sie schon einmal fragen:
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wir leiten die alle weiter!)
Erzählen Sie den Menschen dann, was wirklich im Gesetzentwurf steht, und nehmen ihnen die Sorgen? Oder erzählen Sie den Leuten lieber, dass sie von der bösen Ampel zum Heizungstausch gezwungen und dabei so richtig zur Kasse gebeten werden?
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie Herr Kretschmer zum Beispiel in Sachsen!)
Wie reagieren Sie da? Sagen Sie das doch mal!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Ich leite die immer an Sie weiter!)
Wir alle tragen Verantwortung für die Menschen in unserem Land.
(Zuruf des Abg. Peter Beyer [CDU/CSU])
Dazu gehört auch, dass man eben nicht Ängste schürt für ein, zwei Prozentpunkte mehr in der Sonntagsumfrage, werte Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zurück zum Telefonat mit der älteren Dame. Sie sagte mir zu Recht noch etwas, und ich glaube, das richtet sich an die gesamte Politik. Nachdem ihre Sorgen entkräftet waren, meinte sie: Warum erzählen Sie das den Leuten nicht genauso, wie es ist? Sie müssen das doch erzählen. – Wissen Sie was? Genau das mache ich jetzt.
Erstens. Es ist nicht so, dass ganz Deutschland am 1. Januar 2024 auf einen Schlag die Heizung tauschen oder das Gebäude sanieren muss.
(Marc Bernhard [AfD]: Aber 2 Millionen! Das hat überhaupt niemand behauptet!)
Denn unsere Pläne zielen darauf ab, dass wir die Art und Weise, wie wir heizen, bis 2045 modernisieren. Und ohne – das will ich an der Stelle ganz deutlich sagen – dass das bezahlbar ist, geht es nicht. Das ist für die SPD-Fraktion völlig klar.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zweitens. Niemand muss sich eine Wärmepumpe einbauen. Es kann jede Heizung eingebaut werden, die ausreichend klimafreundlich ist.
(Lachen des Abg. Marc Bernhard [AfD])
Und drittens. Niemand wird sein Haus verlieren, wenn er sich den Heizungstausch nicht leisten kann.
(Zuruf des Abg. Marc Bernhard [AfD])
Denn genau für diesen Fall gibt es Ausnahme- und Härtefallregelungen, und auch das ist gut so.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Marc Bernhard [AfD]: Sehr witzig!)
Auf dem Weg zum fertigen Gesetz würde ich mir einen ernsthaften Austausch der demokratischen Parteien und aller Beteiligten wünschen – faktenbasiert und ohne die Angstmacherei vor Enteignung & Co, ganz im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP] – Marc Bernhard [AfD]: Faktisch Enteignung!)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Michael Kießling das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553137 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 100 |
Tagesordnungspunkt | Wärmewende |