10.05.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 102 / Zusatzpunkt 1

Klaus ErnstDIE LINKE - Aktuelle Stunde - Vertrauen in Klimaschutz - Personalpolitik unter Bundesminister Habeck

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt möchte ich erst einmal auf den Kollegen Audretsch eingehen. Ja, es gab natürlich bei der CDU viele Punkte, die man kritisieren konnte. Da gab es die Maskenaffäre und weiß der Kuckuck was noch; da gab es ja eine Affäre nach der anderen. Aber wollen Sie wirklich Ihre eigenen Missstände damit rechtfertigen, dass es bei denen auch Affären gab?

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Klaus, du hast Gerhard Schröder als Sachverständigen in den Wirtschaftsausschuss eingeladen! Das war bitter!)

Das halte ich für nicht korrekt. Es ist schon richtig: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Aber wenn alle im Glashaus sitzen und keiner mehr mit Steinen wirft, dann geht einfach durch, was ihr macht. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Ich habe den Eindruck, Herrn Audretsch wäre es lieber gewesen, das alles wäre im Sumpf geblieben, keiner hätte es gemerkt. Ja, wäre das besser gewesen?

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zuhören, Herr Ernst!)

Inzwischen ist von dem zuständigen Minister und von Herrn Graichen zugegeben, dass das alles nicht in Ordnung war. Aber wenn man das nicht mehr ansprechen darf, weil man selber in der Vergangenheit vielleicht auch nicht ganz sauber war, dann ist das – –

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Sie können mir gerne eine Zwischenfrage stellen, wenn Sie so gerne herumbrüllen. Machen Sie das doch!

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Aktuelle Stunde! Da kann man leider keine Zwischenfrage stellen nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages!)

Das ist doch ein Zustand, in dem solche Punkte nicht mehr aufgedeckt würden, und das finde ich nicht in Ordnung.

Das gilt auch für Sie von der SPD. Sie haben in dieselbe Richtung argumentiert: Weil die schlimme Finger waren, dürfen wir auch schlimme Finger sein. – Das ist ein Punkt, der nicht akzeptabel ist, meine Damen und Herren. Das sage ich mit aller Klarheit.

(Beifall bei der LINKEN – Sebastian Roloff [SPD]: Die Entscheidung ist revidiert worden! Zuhören hätte geholfen!)

Jetzt zum eigentlichen Punkt, zur Transparenz. Die Koalition ist doch nach der Wahl mit dem Koalitionsvertrag damit angetreten: mehr Transparenz, mehr Offenheit, mehr Beteiligung des Parlaments. Jetzt wollten wir heute bei den zwei Ausschusssitzungen eine Öffentlichkeit herstellen.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wer wollte es nicht?)

Darüber ist zumindest bei uns im Klimaausschuss abgestimmt worden. Die Koalition hat das aber niedergestimmt. Es gab keine Öffentlichkeit, keine Transparenz.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Keine Transparenz!)

Das ist die Wahrheit. Auch als wir die gemeinsame Sitzung von Klima- und Wirtschaftsausschuss hatten,

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Grüner Filz, Ampelfilz!)

hat Herr Habeck gesagt, er habe gar nichts dagegen, dass man das öffentlich macht. Ja, was ist passiert? Der Ausschuss hat wieder genauso abgestimmt. Sie sind nicht für mehr Transparenz, sondern wollten bei dem Punkt verschleiern. Deshalb ist es gut, dass wir das noch mal auf der Tagesordnung haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU/CSU und der AfD)

Den Vorgang selber haben wir jetzt rauf- und runterdiskutiert. Aus meiner Sicht – das ist ja heute auch zur Sprache gekommen – ist das ein Verstoß gegen die Compliance-Regeln, und eigentlich müsste das auch beamtenrechtliche Konsequenzen haben.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Absolut!)

Sie haben gesagt, Sie prüfen das. Ich bin auf das Ergebnis der Prüfung gespannt; denn das ist kein Bagatellvorgang. Aber ihr müsstet erst mal selber wissen, wie lange ihr das in der Öffentlichkeit halten wollt.

Viel schlimmer ist allerdings folgender Umstand: Es entsteht ja der Eindruck, dass eine Partei, die sich zu Recht dem Klimaschutz verschrieben hat – dass wir das richtig verstehen –, den Klimaschutz jetzt nicht in einem breiten gesellschaftlichen Konsens durchsetzt, mit möglichst vielen Fachleuten, mit möglichst vielen, die man vielleicht noch überzeugen muss, beim Klimaschutz mitzumachen, sondern es anders macht, indem man das in diesem Zusammenhang wichtigste Ministerium mit Freunden besetzt, wobei jetzt unerheblich ist, ob Freund, Trauzeuge oder Blutsbruder. Das ist mir in dem Zusammenhang wurscht.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Aber wenn draußen der Eindruck entsteht, dass das zuständige Ministerium sozusagen nur noch mit den eigenen Leuten besetzt ist und damit andere Meinungen im eigenen Ministerium untergehen: Da gibt es ja auch Fachleute. Da sind nicht bloß Grüne drin; da gibt es auch Fachleute.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

– Ich habe das jetzt gar nicht so gemeint, wie ihr das wieder versteht. Aber man konnte es so interpretieren; einverstanden.

Aber wenn es so ist, dann muss man die doch mitreden lassen. Man muss doch die Gesellschaft beim Klimaschutz mitnehmen. Und wenn draußen der Eindruck entsteht, dass da eine Ingroup ist, zu der man dazugehören muss – möglicherweise muss man schon 20 Jahre gegen Atomkraft demonstriert haben, was ich auch gemacht habe, um das einmal zu sagen –, weil das die Voraussetzung dafür ist, dass man in ein Ministerium kommt, dann ist das nicht in Ordnung. Der Klimaschutz scheitert, weil er nicht breit aufgestellt ist. Das ist das eigentliche Problem an Ihrer Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das, was Sie da machen, erinnert mich ein bisschen an Pferderennen; nicht dass ich ein großes Faible dafür hätte. Aber da gibt es ja die Traber, die links und rechts Scheuklappen haben und dann in eine Richtung rennen.

(Stephan Brandner [AfD]: Das sind die Pferde, nicht die Traber!)

Dann wird nicht mehr geguckt, was rechts und links von der Scheuklappe ist. – Wenn man Klimapolitik betreibt, muss man vielleicht gucken: Was hat das für Auswirkungen auf andere Politikbereiche? Ich habe den Eindruck: Wenn man im Ministerium die Stellen nur mit Leuten in die eine Richtung besetzt, dann kommen die anderen Punkte zu kurz.

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist zum Beispiel beim Gebäudeenergiegesetz genau das Problem. Dort haben wir den Punkt, dass Sie nur in eine Richtung denken, aber nicht fragen: Kann das noch jemand bezahlen? Was kostet das eigentlich? Was sind die Konsequenzen, wenn wir das tun? – Sie machen eine Grenze bei 80 Jahren. Der 79-Jährige ist dann der Arsch.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Kollege Ernst!

Ich bin fertig. – Solche Dinge gehen nicht. Deshalb: Korrigieren Sie diese grundsätzliche Politik der Besetzung Ihrer Stellen!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Olaf in der Beek das Wort.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/cvid/7553531
Wahlperiode 20
Sitzung 102
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Vertrauen in Klimaschutz - Personalpolitik unter Bundesminister Habeck
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Keine
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Gerhard Schröder

Gerhard Schröder

Gerhard Fritz Kurt „Gerd“ Schröder ist ein ehemaliger deutscher Politiker (SPD). Er war von Oktober 1998 bis November 2005 der siebte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und regierte in der ersten rot-grünen Koalition auf Bundesebene. Zuvor war Schröder von 1990 bis 1998 Ministerpräsident von Niedersachsen. Er war in den Jahren 1999 bis 2004 Bundesvorsitzender der SPD und von 1978 bis 1980 Bundesvorsitzender der Jusos. Während seiner Zeit als Bundeskanzler brachte er unter anderem die Agenda 2010 und die Hartz-Reformen auf den Weg. Infolgedessen spalteten sich Teile der SPD ab und gingen später in der neu gegründeten Linkspartei auf. Nach verlorener Vertrauensfrage kam es 2005 zu vorgezogenen Bundestagswahlen, bei der er die Mehrheit für eine Wiederwahl verlor. Seit dem Ende seiner politischen Karriere ist er als Wirtschaftsanwalt sowie in verschiedenen Positionen als Interessenvertreter des mit ihm befreundeten russischen Präsidenten Wladimir Putin und als Wirtschaftslobbyist tätig, unter anderem als Verwaltungsratspräsident des Ostsee-Pipeline-Betreibers Nord Stream 2. Weiterhin war er bis Ende 2021 Ehrenvorsitzender des Nah- und Mittelost-Vereins. Spätestens nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 geriet Schröder wegen seiner Russland-Nähe und insbesondere Putin-freundlichen Position in die Kritik. Infolgedessen wurde gegen Schröder als bislang einzigem Bundeskanzler ein Parteiausschlussverfahren angestrengt, das jedoch scheiterte.

Gerhard Schröder

Gerhard Fritz Kurt „Gerd“ Schröder ist ein ehemaliger deutscher Politiker (SPD). Er war von Oktober 1998 bis November 2005 der siebte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und regierte in der ersten rot-grünen Koalition auf Bundesebene. Zuvor war Schröder von 1990 bis 1998 Ministerpräsident von Niedersachsen. Er war in den Jahren 1999 bis 2004 Bundesvorsitzender der SPD und von 1978 bis 1980 Bundesvorsitzender der Jusos. Während seiner Zeit als Bundeskanzler brachte er unter anderem die Agenda 2010 und die Hartz-Reformen auf den Weg. Infolgedessen spalteten sich Teile der SPD ab und gingen später in der neu gegründeten Linkspartei auf. Nach verlorener Vertrauensfrage kam es 2005 zu vorgezogenen Bundestagswahlen, bei der er die Mehrheit für eine Wiederwahl verlor. Seit dem Ende seiner politischen Karriere ist er als Wirtschaftsanwalt sowie in verschiedenen Positionen als Interessenvertreter des mit ihm befreundeten russischen Präsidenten Wladimir Putin und als Wirtschaftslobbyist tätig, unter anderem als Verwaltungsratspräsident des Ostsee-Pipeline-Betreibers Nord Stream 2. Weiterhin war er bis Ende 2021 Ehrenvorsitzender des Nah- und Mittelost-Vereins. Spätestens nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 geriet Schröder wegen seiner Russland-Nähe und insbesondere Putin-freundlichen Position in die Kritik. Infolgedessen wurde gegen Schröder als bislang einzigem Bundeskanzler ein Parteiausschlussverfahren angestrengt, das jedoch scheiterte.