Katrin ZschauSPD - Akademische und berufliche Bildung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Gäste! Ich habe mich mit Blick auf den vorliegenden Antrag gefragt, ob die Abgeordneten der AfD spätestens bei Einbringung des Antrages hier im Parlament sachlich einordnen, in welcher Höhe und Form der Bund und die Länder bereits seit vielen Jahren die Meisterausbildung in Deutschland fördern. Die Finanzierung des Aufstiegs-BAföGs erfolgt bereits jetzt zu 78 Prozent durch den Bund und zu 22 Prozent durch die Länder. Es wäre politisch anständig gewesen, darzustellen, dass sowohl um die Frage der kostenfreien Ausbildung, die eine komplette gebührenfreie Meisterfortbildung einschließt, als auch um die Erhöhung des Zuschusses zu den anteiligen Lebensunterhaltskosten gerungen wird.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: „Gerungen wird“!)
Wir haben uns als Ampelkoalition vorgenommen, den Zugang zur Meisterausbildung zu erleichtern, indem wir die Kosten von Meisterkursen und ‑briefen für die Teilnehmer deutlich senken und das sogenannte Aufstiegs-BAföG reformieren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aktuell ist es so: Wer mit den Kosten der Meisterausbildung allein nicht fertigwird, kann Meister-BAföG beantragen. Der Staat bezuschusst die Ausbildung zu 50 Prozent, der Rest ist ein Darlehen der KfW-Bank zu günstigen Konditionen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Für Studenten ist das Studium komplett umsonst!)
Hier wollen wir höhere staatliche Zuschüsse realisieren, die Länder jedoch nicht aus der Verantwortung entlassen. Die Kosten sind von Gewerk zu Gewerk unterschiedlich. Die Meisterausbildung zum Dachdecker oder Elektrotechniker beispielsweise kostet bis zu 12 000 Euro.
An dieser Stelle könnte man als Oppositionspartei sowohl mehr Tempo als auch mehr Geld bei der Umsetzung der Koalitionsvorhaben fordern. Man kann sich weiterhin in die Debatte werfen und Partei für die Länder ergreifen. Diese haben unlängst im Bundesrat beschlossen, dass die Meisterausbildung komplett kostenfrei gestaltet werden soll
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das hatten wir auch schon gefordert!)
und dass der Bund die anfallenden Kosten dafür tragen soll. Wer das alles nicht für die Bürgerinnen und Bürger einordnet, will vortäuschen, sich als einziger Akteur für die Belange der Wirtschaft und der arbeitenden Bevölkerung einzusetzen, und das kennen wir von Ihrer Partei zur Genüge.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])
Es ist richtig, die Meisterausbildung attraktiver zu machen, weil sie für junge Menschen die Attraktivität einer beruflichen, insbesondere einer dualen Ausbildung erhöht. Deshalb vergeben ja fast alle Länder die sogenannte Meisterprämie oder aber auch die Meistergründungsprämie. In vielen Berufen ist der Meistertitel Voraussetzung, um sich selbstständig zu machen. Mit Erhalt des Meisterbriefes dürfen Facharbeiterinnen selbst Lehrlinge ausbilden. Für Handwerkerinnen, die keinen eigenen Betrieb gründen möchten, kann sich die Meisterin lohnen, um als Angestellte aufzusteigen und das Einkommen deutlich zu steigern. Wer den Meister macht, hält sich die Möglichkeit offen, später noch zu studieren. Der Deutsche Qualifikationsrahmen bewertet den Abschluss Meister hinsichtlich seines Anspruchsniveaus als gleichwertig zum Bachelor. Gleiches gilt für den Europäischen Qualifikationsrahmen.
Akademische und berufliche Bildung sind bereits gleichwertig. Ihr wiederkehrendes Argument, Deutschland leide an einem Akademisierungswahn und es gäbe die Konkurrenz zwischen Facharbeiterinnen auf der einen Seite und den Akademikern auf der anderen Seite, ist ein alter Hut.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])
Im Nationalen Bildungsbericht 2022 heißt es dazu, dass der Trend zum Studium vorerst zum Stillstand gekommen ist.
(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Rückläufig!)
Wir entsprechen mit unserer inländischen Studienanfängerquote von etwa 45 Prozent dem OECD-Durchschnitt. Mehr oder weniger Studierende auf Kosten oder zugunsten der beruflichen Bildung werden uns nicht weiterhelfen. Die Engpässe können wir sowohl in einigen akademischen Berufen wie in den MINT-Fachrichtungen – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – und in der Medizin als auch in zahlreichen Ausbildungsberufen ausmachen.
Wir haben keinen flächendeckenden Fachkräftemangel über alle Berufe und Regionen, doch haben sich eklatante Fachkräfteengpässe in einigen Berufen verstetigt und betreffen inzwischen das ganze Bundesgebiet. Das spiegelt sich so etwa auch auf dem Ausbildungsmarkt wider.
Und es bilden deutlich weniger Betriebe aus, als es notwendig wäre. Wir haben bereits jetzt eine Qualifikationskrise in der Gesellschaft. Fast 2,1 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren verfügen über gar keinen Berufsabschluss, Tendenz steigend.
(Zuruf von der AfD: Ja, woher kommt das nur?)
Deshalb müssen wir mit gezielten Fördermaßnahmen dringend die Bildungsarmut reduzieren, die tendenziell eher steigen dürfte. Das heißt: Wind machen für die duale Ausbildung und die gebührenfreie Meisterausbildung. Berufliche Schulen müssen gestärkt werden. Die Berufsorientierung als solche muss aufgrund der Besonderheit unseres deutschen Bildungswesens eine starke Stellung einnehmen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Friedhelm Boginski [FDP])
Kollegin Zschau, denken Sie an Ihre nachfolgenden Kollegen?
Die Ausbildungsgarantie, die wir auf den Weg gebracht haben, richtet sich an die Jugendlichen, die bisher bildungsmäßig vernachlässigt waren. Wer ausbildet, muss belohnt werden. Die Ausbildungsplatzumlage ist weiterhin nicht vom Tisch.
Ich danke Ihnen und denke an die nächste Rednerin.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Stephan Albani das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 20 |
Session | 103 |
Agenda Item | Akademische und berufliche Bildung |