26.05.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 107 / Tagesordnungspunkt 26

Norbert KleinwächterAfD - Bürokratiearme Regelung der Arbeitszeiterfassung

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Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte um die Arbeitszeiterfassung zeigt wie unter einem Brennglas, wie dringlich der Austritt aus der Europäischen Union ist.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ganz ehrlich: Da urteilt das Bundesarbeitsgericht letztes Jahr – und erzeugt dadurch völliges Chaos –, dass Arbeitszeiterfassung plötzlich generell notwendig sei, und zwar, weil es ansonsten europarechtswidrig sei. Tatsächlich hat 2019 der Europäische Gerichtshof in einem spanischen Fall geurteilt, dass Arbeitszeiterfassungssysteme generell zur Verfügung gestellt werden müssten. Da nahm man Bezug auf die Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung von 2003. Der Clou, wenn Sie die Richtlinie mal lesen: Da gibt es Artikel 17: Da sind lauter Abweichungen drin, unter anderem für den Fall, dass die Arbeitszeit nicht erfasst wird oder erfasst werden kann oder erfasst werden soll. – Völliges Fehlurteil des Europäischen Gerichtshofs!

(Beifall bei der AfD)

Natürlich sieht diese Richtlinie lauter Ausnahmen vor für die Mitgliedstaaten, weil ja auch in Artikel 153 AEUV, also des Vertrages über die Arbeitsweise der EU, drinsteht: Das ist Kompetenz der Mitgliedstaaten, nicht der Europäischen Union. Die Europäische Union hilft nur und unterstützt nur ein bisschen unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung und unter Berücksichtigung der Bedingungen in den Mitgliedstaaten. Meine Damen und Herren, hier kann es kein EU-Recht geben. Hier gilt das Recht des Mitgliedstaats.

Ganz ehrlich: Ich finde es völlig grotesk, wenn in dieser Debatte der Bundesminister einen Gesetzentwurf vorlegt, der im Endeffekt ein Urteil noch mal irgendwie ausgestalteten und europäisches Recht in nationales Recht überführen soll, und Sie von „Spielräumen“ reden. Wir haben keine Spielräume, meine Damen und Herren, wir sind der Gesetzgeber. Wir machen das Recht.

(Beifall bei der AfD)

Wir kehren diesen europäischen Unrat aus, und dann interpretieren die Gerichte, was wir als Legislative hier beschließen, meine Damen und Herren. So wird ein Schuh daraus und nicht anders. Haben Sie mal Mut zur Souveränität!

Wenn wir uns das Thema Arbeitszeiterfassung anschauen und besprechen, dann müssen wir eigentlich feststellen: So dringlich ist ein Handlungsbedarf in Deutschland nicht. Wir haben ein ganz gutes Recht. 80 Prozent der Arbeitnehmer haben eine Form der Arbeitszeiterfassung; das funktioniert also wirklich in den allermeisten Fällen. Bei den 20 Prozent, die verbleiben, muss man sich halt auch die Frage stellen: Hat da eine Arbeitszeiterfassung vielleicht gar keinen Sinn? Zum Beispiel in meinem Beruf, Lehrer, da werden Unterrichtsstunden gezählt; da wird nicht irgendwie die Arbeitszeit erfasst.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einfach mal lesen!)

Da geht dieses Urteil völlig fehl.

Und, ehrlich gesagt, ich kann mir von dieser Kanzel aus auch nicht anmaßen, über alle Berufe in Deutschland zu urteilen. Dafür haben wir Experten, meine Damen und Herren; dafür gibt es die Tarifparteien.

(Beifall bei der AfD)

Übergeben wir es doch den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden, das auszuhandeln. Übergeben wir es auch den Betriebsräten in den Unternehmen, das so auszuhandeln, wie es im Unternehmen am besten passt. Es gibt auch so was wie Vertragsfreiheit, meine Damen und Herren. Ich weiß, mit Freiheit haben Sie so Ihre Schwierigkeiten.

Auf der anderen Seite – das muss man auch sagen – müssen wir als Gesetzgeber vielleicht tätig werden in Bereichen, in denen eine Missbrauchsgefährdung vorliegt. Darüber müssen wir vielleicht debattieren, meine Damen und Herren. Jedenfalls brauchen wir diesen europäischen Unrat im deutschen Recht nicht. Haben Sie endlich mal, mit Kant gesprochen, den Mut, sich Ihres eigenen Verstandes zu bedienen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Das hat Kant nicht verdient, von Ihnen zitiert zu werden!)

Als Nächstes erhält das Wort Frank Bsirske für Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7554594
Wahlperiode 20
Sitzung 107
Tagesordnungspunkt Bürokratiearme Regelung der Arbeitszeiterfassung
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