Sebastian RoloffSPD - Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Vielen Dank. – Herr Präsident! Ich darf kurz anregen, dass wir die Kommentare, die hier zu fußballerischen Themen angemerkt werden, im Ältestenrat besprechen; denn das geht so alles nicht.
(Heiterkeit – Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagte der Münchner!)
Jenseits dessen, lieber Herr Durz, dachte ich ja, dass wir wenigstens fußballerisch auf einer Linie sind. Aber die fußballerischen Vergleiche waren heute genauso verunglückt wie Ihre Bewertung des Gesetzes.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Oh, ich fand die ganz gut!)
Im Gegenteil: Es ist ein ganz besonders positives Beispiel dafür, wie handlungsfähig die Ampel ist;
(Lachen des Abg. Hansjörg Durz [CDU/CSU])
denn die Diskussion läuft seit vielen Monaten.
(Zurufe von der CDU/CSU)
Wenn Sie sich mit dem Gesetz befasst hätten, wüssten Sie auch, was zwischen Referentenentwurf und Kabinettsvorlage passiert ist. Wir sind nämlich seit vielen Monaten in einer sehr offenen, kollegialen Diskussion – auch weiterhin –, stehen aber kurz vor dem Abschluss. Dementsprechend stehen wir zu diesem Gesetz, weil es ein sehr gutes Gesetz ist. Es wäre schön, wenn Sie sich damit auch mal im konkreten Detail befassen würden; denn dann könnten wir Ihnen die Sorgen nehmen. Ich gehe gleich darauf ein.
Herr Minister Habeck hat gesagt, es sei das „Grundgesetz“ der Wirtschaftspolitik. Das kann man so sagen. Ich hätte es „Bibel“ der Wirtschaftspolitik genannt; das ist aber natürlich eine Frage der individuellen Orientierung.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Der Heilige Geist!)
Die Idee in den 1950er-Jahren war, Kartelle zu verbieten und ein Umfeld zu schaffen, in dem Wettbewerb immer frei möglich ist und Wettbewerbsbeschränkungen begrenzt werden. Denn völlig klar ist, dass ein fairer Wettbewerb zu mehr Verbraucherschutz, niedrigeren Preisen, besserer Qualität und einer höheren Innovationskraft führt. Gucken wir uns jetzt die elfte GWB-Novelle an, stellen wir fest: Der Kerngedanke hat sich nicht verändert. Dementsprechend ist klar, dass wir freien und fairen Wettbewerb weiter stärken wollen und dass das ein wichtiger Standortfaktor für Deutschland ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])
Worum geht es? Wir haben im Wesentlichen drei Elemente in dieser Novelle. Wir stärken die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts und machen daraus einen effektiven wettbewerbsrechtlichen Faktor. Wir gucken uns bei festgestellten Kartellrechtsverstößen eine schnellere Rechtsfolge an bis zur Abschöpfung der daraus entstandenen Vorteile, und wir schaffen – darauf wird mein Kollege Klüssendorf gleich noch eingehen – die rechtlichen Grundlagen für die erforderliche Umsetzung des Digital Market Acts.
Schon heute kann die Sektoruntersuchung durch das Bundeskartellamt eingesetzt werden. Wir wissen aber auch, dass es oft zu lange dauert und oft keine wirkliche Konsequenz hat. Denn klar ist auch: Wenn die Sektoruntersuchung einige Jahre dauert, hat sich auf dem Markt meistens schon viel verändert. Dann muss man über die Tatbestandsgrundlagen neu diskutieren und kann kein verbindliches Ergebnis treffen. Dementsprechend ist es sinnvoll, dass wir die Sektoruntersuchung jetzt auf 18 Monate begrenzen, sodass man dann ein Ergebnis hat, mit dem man arbeiten kann, weil sich die Marktveränderungen dann nach Möglichkeit zumindest in zeitlichen Grenzen gehalten haben.
Als Konsequenz geben wir dem Bundeskartellamt einen Instrumentenkasten an die Hand, mit dem es nach einer Sektoruntersuchung mit einem entsprechenden Ergebnis die Störung angehen und im besten Fall abschaffen kann. Schon heutzutage kann ein Wettbewerb gestört sein, ohne dass man was tun kann, wenn zum Beispiel Märkte komplett verkrustet sind oder der Marktzutritt für neue Unternehmen praktisch oder auch technisch nicht mehr möglich ist. Hier besteht eine Regelungslücke, die wir mit diesem Gesetz schließen wollen.
Aber selbstverständlich ist es immer angezeigt – das ist auch klar; leider ist das Gegenteil behauptet worden –, das mildeste Mittel zu wählen. Das ist bei Verwaltungshandeln grundsätzlich so, und das haben wir auch in diesem Gesetz so geregelt. Also, wer behauptet, man würde das Bundeskartellamt jetzt aufblähen und mit irgendwelchen mächtigen Kompetenzen ausstatten, damit es ohne jedwede Kontrolle auf dem Markt agieren könne, sagt nicht die Wahrheit. Denn selbstverständlich gilt das mildeste Mittel. Und selbstverständlich gilt überall umfassender Rechtsschutz. Das war uns in der Beratung besonders wichtig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Klar ist auch, dass das mildeste Mittel kooperativ mit den Unternehmen einzusetzen ist, und zwar, wie gesagt, in allen Instanzen, und – je nachdem, wie gravierend die Mittel sind – bei dem deutlichsten Eingriff der eigentumsrechtlichen Entflechtung haben wir einen besonderen Rechtsschutz in das Gesetz aufgenommen. Das war uns in der Ausgestaltung besonders wichtig.
Durch die Innovationsklausel wollen wir besondere Innovationstätigkeiten schützen, damit wir bei neuen Märkten oder bei neuen Produkten, neuen Teilaspekten nicht möglicherweise sozusagen die Falschen treffen. Dementsprechend sind diese Unternehmen ausgenommen.
Die Eingriffsbefugnisse umfassen einen ganzen Katalog: Zugang zu Daten, Veränderung von Geschäftsbeziehungen, organisatorische Trennung etc., bis hin zur eigentumsrechtlichen Entflechtung im Worst Case. Ja, das wird entsprechend geregelt; allerdings wird dieser Worst Case mit einer fairen Kompensationszahlung versehen.
Für den Fall, dass das Gesetz so beschlossen wird, haben wir eine Rechtslage, die mit der im Vereinigten Königreich vergleichbar ist. Dem Vereinigten Königreich kann man viel unterstellen; aber ich glaube, dass der Sozialismus da noch nicht Einzug gehalten hat.
Darüber hinaus wollen wir es dem Bundeskartellamt erleichtern, die Anmeldung von Zusammenschlüssen schneller zu erfassen, damit es möglich ist, auch unterhalb der üblichen Umsatzschwelle zum Beispiel systematische Aufkäufe auf mehreren Regionalmärkten gleichzeitig zu prüfen.
Ich freue mich sehr auf die weitere Beratung; wie gesagt, wir sind auch schon einige Zeit dabei. Ich glaube, dass das ein gutes Gesetz wird. Ich freue mich, dass auch der Gedanke von Rainer Brüderle
(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Guter Mann!)
entsprechend Eingang findet. Ich glaube, dass dieses Gesetz den Standort stärken wird.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Kollege Enrico Komning, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554668 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 107 |
Tagesordnungspunkt | Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen |