Gerald UllrichFDP - Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Minister Habeck, ich bin auch der Meinung, dass dieses Wettbewerbsrecht das Grundrecht unserer Wirtschaft ist; da haben Sie recht. Ich glaube aber, dass die Intention von Ludwig Erhard ein kleines bisschen eine andere war. Denn er wollte nicht nur den Wettbewerb erlauben. Bei der Schaffung des Kartellrechtes sollte auch darauf geachtet werden, dass die Betriebe, dass die Firmen eine gewisse Mindestgröße haben, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Ich glaube, das muss man bei all dem mit beachten.
Lieber Herr Durz, ich fand es ganz toll, dass Sie die Stellungnahme des BDI hier vorgelesen haben. Das fand ich wirklich absolut klasse.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dafür, dass Sie sagen, Ihre Union sei der letzte Vertreter der Marktwirtschaft, sind heute am Freitagnachmittag wirklich verdammt wenig Abgeordnete Ihrer Fraktion hier; es hätte ja vielleicht auch noch ein anderer Vertreter reden können.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Bei euch aber auch!)
Außerdem: Wenn die Wirtschaftspolitik der Union schon mit der von der AfD verglichen wird, dann müssten Sie doch an einigen Stellschrauben drehen, damit es dort ein kleines bisschen besser wird.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Sebastian Roloff [SPD] – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Letzter Tagesordnungspunkt in dieser Woche! Das ist schon traurig!)
Am Anfang vielleicht so viel dazu.
Einige wichtige Fragen wurden gestellt. Die Hauptfrage ist aber, wie weit ein Staat überhaupt auf die Dinge einwirken kann. Die entscheidende Frage hierbei ist, ob wir als Staat bestimmen können, wie viel Wettbewerb auf einem Markt wir eigentlich für angemessen halten. Und da möchte ich gerne Ihr Beispiel mit dem Fußball aufnehmen; das war nämlich eine sehr gute Geschichte. Morgen ist der letzte Spieltag in der Fußball-Bundesliga. Und morgen kann Borussia Dortmund das erste Mal seit zehn Jahren wieder zu einem Meistertitel kommen – das finde ich sehr erstaunlich –, und zwar aus eigener Kraft. Vorher haben die Bayern zehnmal gewonnen, oft auch mit einem sehr großen Vorsprung. Oft wurde dort auch schon eine Vormachtstellung festgestellt, die wir so vielleicht gar nicht sehen.
Um im Bild zu bleiben: Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf hätte das Bundeskartellamt eine Sektoruntersuchung durchführen können – das ist in der Tat so – und wäre möglicherweise zu dem Ergebnis gekommen, dass der Wettbewerb im Profifußball gestört ist. Wenn dabei herausgekommen wäre, dass die Bayern als Verein diese Störung mit verursacht hätten, könnte das Kartellamt Maßnahmen anordnen, um diese Störung zu beseitigen. Die Palette an Maßnahmen ist dabei sehr umfangreich und im Gesetz auch nicht abschließend geregelt.
Ich möchte da einige Beispiele nennen. Das Kartellamt könnte zum Beispiel die Anmeldepflicht für Zukäufe erlassen; Transfers müssten dann erst durch das Kartellamt genehmigt werden. Es würde auch geschaut, ob der andere Wettbewerb durch solche Zukäufe nicht zu sehr geschwächt würde. Wenn man es will, könnte das Kartellamt auch Bestimmungen vorgeben, wie sich Spieler eines Vereins auf dem Platz zu verhalten haben: dass die schnelleren Spieler vielleicht nicht ganz so schnell rennen sollen, damit die langsameren Spieler ihnen noch ein bisschen folgen können.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es könnte auch Vorgaben zu Verträgen und Vertragsformen geben, wie die Spieler an den Verein gebunden sind. Als Ultima Ratio könnte eine Entflechtung stattfinden – das ist in der Tat so –, was dann, wieder auf den Fußball übertragen, zum Beispiel heißen würde, dass die Verteidigung aus einer Mannschaft wie dem FC Bayern entfernt würde. Wer sich an das letzte Wochenende erinnert, der möchte fast meinen, dass das dort schon mal der Fall gewesen ist.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)
Die Maßnahmen gelten im Übrigen auch für marktübergreifende Unternehmen, was bei den Bayern etwa die Basketballmannschaft betreffen würde, die ja durch Gelder aus dem Fußballgeschäft quersubventioniert wird.
Jetzt kann man sich fragen: Will man all diese Bereiche auf die Wirtschaft anwenden? Der FC Bayern hat ja nicht gegen das Gesetz verstoßen; das ist ganz richtig.
(Zuruf von der CDU/CSU: Die spielen zu schlecht!)
Sie sind nur über Jahrzehnte zu dem geworden, was sie heute sind. Dabei waren auch die Bayern nicht immer mit dem einseitigen Wettbewerb einverstanden. Die Bundesliga hat ja in Deutschland an Interesse und Marktanteilen verloren – das müssen wir uns vergegenwärtigen –,
(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Worüber reden wir hier eigentlich? Über die Bundesliga oder über das Gesetz?)
dadurch, dass sie langweiliger geworden ist und man sich nach Alternativen umgesehen hat. Es wurden gleich zwei andere Sportarten gesucht; zum Beispiel gibt es gleich zwei NFL-Spiele, die dieses Jahr in Deutschland stattfinden werden. Man sieht: Der Wettbewerb funktioniert hier schon.
Wir vermischen auch unterschiedliche Ebenen miteinander. Die Bayern stehen auch im internationalen Wettbewerb, und da sah es nicht so erfolgreich aus.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Sportpolitischer Sprecher!)
Ich bin mir auch nicht sicher, ob es hilft, solche Vereine dann im Heimatmarkt noch wesentlich zu schwächen.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Ist das die Bewerbungsrede zum sportpolitischen Sprecher? – Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Ich vermisse ein paar Worte zum VfL Bochum!)
Ich möchte auf Ludwig Erhard zurückkommen, den Sie hier sehr schön zitiert haben. Ludwig Erhard beschreibt in seinem Buch „Wohlstand für Alle“ den Staat als obersten Schiedsrichter, welcher selbst nicht mitspielen darf – ich zitiere –:
Das Fußballspiel folgt bestimmten Regeln, und diese stehen von vornherein fest. Was ich mit einer marktwirtschaftlichen Politik anstrebe, das ist – um im genannten Beispiel zu bleiben –, die Ordnung des Spiels und die für dieses Spiel geltenden Regeln aufzustellen.
Ich denke, das wollen wir auch mit diesem Gesetz erreichen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Der Herr Kubicki wird schon unruhig!)
Nun ist der Fußball heute wesentlich mehr ein Geschäft im Unterhaltungsbereich. Das zeigt umso dringlicher, dass es besonders von den Rahmenbedingungen abhängt.
Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen, bitte.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Zum Schuss! Kommen Sie bitte zum Schuss! – Zuruf des Abg. Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU])
Rahmenbedingungen müssen passen, damit auch neue Wettbewerber auf den Markt kommen können. Ich möchte hier zum Beispiel – –
Nein, Herr Ullrich, Sie möchten jetzt nicht mehr. Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.
Ich möchte hier zum Beispiel auch – –
(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP, der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Das Mikrofon wird abgeschaltet)
Ich habe jetzt bedauerlicherweise das Wort entziehen müssen.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das war ein Elfmeter, Leute!)
Ich bin ja nicht nur, aber auch Schiedsrichter; deshalb muss ich, um Wettbewerbsgleichheit herzustellen, auf die Redezeiten achten.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Fußball gewinnt, wenn wir es so organisieren, wie es gerade vorgetragen wurde.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der AfD)
Nächster Redner ist der Kollege Pascal Meiser, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN – Julia Klöckner [CDU/CSU]: So, jetzt kommt Dynamo Dresden hier! – Christian Görke [DIE LINKE]: Er macht jetzt das Tor rein!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554673 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 107 |
Tagesordnungspunkt | Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen |