06.07.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 115 / Zusatzpunkt 7

Gitta ConnemannCDU/CSU - Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste auf der Tribüne! Stellen Sie sich vor: Pokalendspiel. 80. Minute. Es gibt einen Angriff des Gegners. Das entscheidende Tor fällt – geschossen vom Schiedsrichter.

(Zuruf von der SPD: Wer gegen wen?)

Tumult in der Fankurve. – Nachvollziehbar, denn jeder weiß: Ein Schiedsrichter ist unverzichtbar; der Unparteiische sorgt dafür, dass die Regeln beachtet werden. Aber jeder weiß auch: Der Schiedsrichter darf niemals selbst aktiv eingreifen. Er ist kein Spieler.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dieses Prinzip gilt auch für die soziale Marktwirtschaft. Hier heißt der Schiedsrichter übrigens Staat. Er muss dafür sorgen, dass der Wettbewerb fair bleibt, und zwar unparteiisch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Er darf selbst nicht in den Markt eingreifen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ehrlich jetzt?)

Diese soziale Marktwirtschaft hat Deutschland stark gemacht. Ihr Architekt war Ludwig Erhard. Er forderte „Wohlstand für alle“, und er wusste: Ohne freien und fairen Wettbewerb gibt es keinen Wohlstand. Das eine bedingt das andere.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sebastian Roloff [SPD]: Das ermöglichen wir heute!)

Und deshalb brachte er 1957 das Gesetz auf den Weg, über das wir heute debattieren. Es ist das Fundament unserer Wirtschaftsordnung. Damit waren und sind wir bis heute übrigens weltweit Vorreiter im Wettbewerbsrecht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau an dieses Fundament legt die Ampel heute die Axt.

(Enrico Komning [AfD]: Das stimmt!)

Ohne Frage: Das Gesetz muss angepasst werden; es gibt europäische Vorgaben. Es geht um das Thema Digitalisierung. – Aber was in den Reden des Ministers nicht erwähnt worden ist, ist die entscheidende Generalklausel, die hier zugunsten des Bundeskartellamts eingeführt wird. Damit leitet die Ampel einen Sonderweg in Europa ein.

(Enrico Komning [AfD]: Richtig!)

Wir stellen uns ins Abseits;

(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Quatsch!)

denn zukünftig soll das Bundeskartellamt zu einschneidenden Eingriffen in den Wettbewerb befugt sein, selbst wenn kein Rechtsverstoß vorliegt.

(Zuruf des Abg. Reinhard Houben [FDP])

Das bedeutet in der Fußballersprache: Platzverweis ohne Foul.

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee, erst mal die Abseitsregel! – Sebastian Roloff [SPD]: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)

Damit greift die Politik direkt ins Spiel ein – ohne Anlass.

(Sebastian Roloff [SPD]: Googeln Sie mal „Marktstörung“! Das würde helfen!)

Schon heute hat das Bundeskartellamt nämlich ganz weitgehende Rechte, umfassende Kontrollen durchzuführen, und diese wirken.

(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht den Mut, uns in die Augen zu gucken, während Sie diesen Mist erzählen! – Zuruf des Abg. Reinhard Houben [FDP])

So gibt es keine Belege für eine flächendeckende Steigerung der Marktmacht einzelner Unternehmen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], auf die CDU/CSU zeigend: Ich glaube, Sie spielen in der Unterzahl da drüben!)

keine Belege für die Erhöhung der Anzahl von Wettbewerbsstörungen. Kurzum: Es gibt keine Schutzlücke.

(Beifall der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])

Und trotzdem wird die Ampel tätig.

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abwehrmauer!)

Es geht hier also ums Prinzip; es geht um einen Paradigmenwechsel.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Reinhard Houben [FDP]: Die AfD klatscht!)

Und Sie, Bundesminister Habeck, haben das offen zugegeben. Ich darf zitieren, Herr Präsident: Mit der 11. GWB-Novelle wird die Software der sozialen Marktwirtschaft verhandelt. – Genau das passiert heute. Die Ampel schreibt das Grundgesetz der deutschen Wettbewerbspolitik neu.

(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verbessert sie! – Jürgen Coße [SPD]: Wir machen es besser!)

Der Staat kann jetzt in den Wettbewerb eingreifen, und Leidtragende sind Betriebe, auch Mittelständler, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen.

(Reinhard Houben [FDP]: Nein! – Sebastian Roloff [SPD]: Das ist Quatsch! – Gerald Ullrich [FDP]: Wir haben gerade das rausgenommen! – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das müssten gerade Sie doch besser wissen!)

Mit dieser Novelle wächst die Rechtsunsicherheit für inländische Betriebe und ausländische Investoren in gleicher Weise;

(Sebastian Roloff [SPD]: Eben nicht!)

denn sie müssen sich auf die Frage einlassen, was aus Sicht des Kartellamts markt- und wettbewerbskonform ist. Die Antwort ist offen, die Strafe übrigens auch – und das während einer Rezession.

(Enrico Komning [AfD]: Ja!)

Dieser nationale Alleingang schwächt nicht nur die Betriebe in diesem Land, sondern auch den Mittelstand.

(Zurufe der Abg. Tim Klüssendorf [SPD] und Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Er ist Gift für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Liebe Ampel, wer sich vom Wettbewerb verabschiedet, verabschiedet sich vom Motor des Wohlstandes. Deshalb lehnen wir Ihren Entwurf ab.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie des Abg. Robert Farle [fraktionslos])

Vielen Dank, Frau Kollegin Connemann. – Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Tim Klüssendorf, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Elfmeter! – Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steilvorlage!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556185
Wahlperiode 20
Sitzung 115
Tagesordnungspunkt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
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