05.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 117 / Einzelplan 20

Otto FrickeFDP - Allgemeine Finanzdebatte

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Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Görke, das Beispiel, das Sie da bringen, zeigt, dass Sie von Wirtschaft keine Ahnung haben.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ahnung braucht man nicht! Kenntnis braucht man!)

Ich würde sogar, wenn es nur 1 Euro wäre, sagen: Es ist dann eine vernünftige Steuerreform, wenn sie für etwas sorgt, was wir alle brauchen, nämlich die Bereitschaft unserer Bevölkerung, die Bereitschaft all derjenigen, die mitmachen, auch der Unternehmer, zu sagen: Es lohnt sich, in diesem Land zu investieren. – Das wird unsere Aufgabe sein – dafür ist jeder Cent es wert – und nicht diese Kleinkrämerei, wie Sie sie betreiben, weil Sie nur an Staatsdirigismus glauben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn wir über diesen Haushalt reden, dann kommt ja immer – ich will mich jetzt mehr auf die generellen Einwürfe konzentrieren –, das sei ein Sparhaushalt, das sei ein Kürzungshaushalt. Ganz ehrlich, wie machen Sie das denn zu Hause? Wie ist denn das, wenn Sie im Vorjahr große Ausgaben hatten, etwa weil etwas kaputtgegangen ist oder Ähnliches mehr? Sagen Sie dann: „Ich muss aber im nächsten Jahr genauso viel ausgeben. Es könnte ja wieder was kaputtgehen“? Oder sagen Sie: „Ich gehe wieder auf das Normalmaß zurück, damit ich, wenn mal wieder eine Krise kommt, darauf reagieren kann“? Genau das macht diese Koalition: Nach drei Jahren, in denen wir Notsituationen aus unterschiedlichsten Gründen hatten, gehen wir auf das Normalmaß zurück.

Jetzt sagen viele: Stimmt doch gar nicht! Ich höre, überall werde gekürzt. Schauen wir uns das einfach mal an: Wo waren wir vor der Krise? Bei 356 Milliarden Euro Ausgaben. Wo sind wir jetzt?

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: 540!)

Bei 446 Milliarden Euro Ausgaben.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Plus 93!)

Das heißt, wir sind auf der ganz normalen Geraden weiterhin in einem Anstieg, der mir ein bisschen zu hoch ist. Aber von Sparhaushalt, von Kürzen, von Streichen kann an der Stelle wirklich nicht die Rede sein.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Sie ballern raus!)

Dann kommen noch die klugen Leute von der CDU, die keine Sparvorschläge haben, aber gerne alles kritisieren, auch wenn es auf ihre eigenen Geschichten zurückgeht, was da passiert. Selbst dann, wenn wir noch die Inflation rausrechnen, sind es 19 Milliarden Euro mehr, die diese Regierung in diesem Normalisierungshaushalt für all die Dinge, die sowohl im Bereich des Sozialstaates, im Bereich der Umwelt, aber auch in der Frage, wie wir Investitionen fördern, notwendig sind, bereitstellt. Das ist das, was eine Koalition schaffen kann, wenn sie nach Diskussionen, meinetwegen auch nach Streit, am Ende ein Ergebnis findet. Wer sich nicht streitet, der hat schon verloren, und wer nur meckert, beteiligt sich nicht am Diskurs. Das sollten wir immer wieder sehen, wenn es um unsere Demokratie geht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann kommt immer wieder dieses „die Schuldenbremse, die Schuldenbremse“. Ich kann da nur in Richtung der linken Ecke sagen: Das ist die Verfassung. Und wer eine Verfassung aushebeln will,

(Christian Görke [DIE LINKE]: Machen Sie doch selber!)

der muss sich überlegen, welches Verständnis er von der Verfassung an der Stelle hat. Das ist dann die Aufgabe.

Zur Haushaltswahrheit und -klarheit gehört dann eben auch, mal genauer zu gucken, was an Kürzungen da ist. Da kommen ja immer wieder so Messages, gerne von der CDU/CSU, wo steht: Oh, ihr kürzt beim BAföG! – Es stellt sich nachher heraus: Tun wir gar nicht. Wir stellen ausreichend Mittel zur Verfügung, wir nutzen die Ausgabereste, und am Ende wird kein einziger BAföG-Empfänger weniger bekommen.

(Zuruf des Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU])

Das ist die Realität dieser Koalition und die Irrealität dieser Opposition, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann das Thema Investitionen. Der Minister hat es bereits in der Einbringung angesprochen. Ich will aber eine Sache dabei vorschieben: Wir müssen uns immer wieder darüber klar werden, dass Investitionen in Deutschland nicht wie die Staatsquote zu 50 Prozent beim Staat und 50 Prozent bei der Privatwirtschaft liegen, sondern sie finden ungefähr im Verhältnis 85 Prozent Privatwirtschaft, 15 Prozent Staat statt. Jetzt wollen wir private Investitionen weiter hochführen, indem wir steuerliche Anreize geben. Die mögen nach Meinung der Linken zu klein sein, und ich freue mich ja, dass die Linken noch für höhere steuerliche Anreize für Investitionen sind.

Die CDU/CSU hat sich aber schon entschieden und sagt: Steuerliche Anreize für private Investitionen lehnen wir ab. – Da zeigt sich das komische und krude Verhältnis der CDU/CSU zu Investitionen: Als es nämlich einen Überschuss im Bundeshaushalt gab, insbesondere von 2014 bis 2019 – Sie wissen, wer Finanzminister war –, hat die CDU/CSU nicht gesagt: Okay, dann investieren wir mehr, weil die Straßen marode sein könnten. Dann investieren wir mehr, weil wir mehr für Schulen tun müssen,

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

obwohl dafür eigentlich die Länder, die ja heute hier auch wieder nur spärlich vertreten sind, zuständig sind. – Was hat die CDU/CSU vielmehr gemacht? Sie hat gesagt: Nö, mehr Investitionen, obwohl wir das nach der Schuldenbremse machen könnten, wollen wir nicht. Investitionen sind nicht wichtig.

Und was macht diese Koalition jetzt? Auf allen Ebenen erhöht sie die Investitionen: in absoluten Zahlen, gemessen am Prozentsatz im Verhältnis zum Gesamthaushalt und bezogen auf das Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Das ist das, was eine Zukunftskoalition, die nach vorne schaut, macht. Das ist der Unterschied zu dem, der einfach nur auf eine schwarze Null guckt. Da frage ich mich übrigens: Wo ist eigentliche Ihre Position mit der schwarzen Null? Haben Sie die inzwischen vergessen? Was sind Ihre Positionen an dieser Stelle?

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich will es ehrlicherweise sagen: Da kam doch jetzt dieser neue Begriff der echten NKA des Bundesrechnungshofes, wo man das Gefühl hat, dass die in der Bundeshaushaltsordnung falsch oder – sagen wir es freundlich – unecht ist. Ich sage nur: Es gelten die Gesetze.

Schauen wir uns mal die Liquidität der letzten Jahre an: 2019 waren es 12 Milliarden Euro echte NKA nach Meinung des Rechnungshofes, 2020 – alles unter CDU-Führung – waren es 151 Milliarden Euro und 2021 197 Milliarden Euro. Ihr habt die echte NKA auf 197 Milliarden Euro hochgefahren. Und was schaffen wir im Haushalt 2024? Wir halbieren eure NKA. Das hättet ihr mal schaffen sollen, statt uns solche Haufen an Schulden und ähnlichen Dingen zu überlassen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zum Schluss. Bei den Flippers gibt es dieses schöne Lied „Septemberwind“. Den hatte ich mir eigentlich vonseiten der CDU/CSU gewünscht. Aber ich muss sagen: Das ist eher eine Flaute. Von Ihnen kommen keine konkreten Einsparvorschläge. Gleich kommt die Debatte zum Haushalt des Ministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend; dann werden alle Vertreter Ihrer Fraktion, die jetzt noch gar nicht da sind, sagen, wie viel mehr ausgegeben werden muss.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ihre Regierung ist auch nicht da!)

Kollegin Bär will bis zu 2 Milliarden Euro mehr ausgeben. Das ist eben der Unterschied. Sie sagen heute hier wieder: „Ihr müsst mehr sparen; ihr müsst vernünftiger sein!“, aber werden die restliche Haushaltsdebatte über wieder sagen, wo mehr auszugeben ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ich bleibe dabei und hoffe – Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss –, dass es bei „König Heinrich der Sechste“ – Shakespeare –, Fünfter Aufzug, Siebente Szene bleibt: „For here, I hope, begins our lasting joy“. So hoffe ich, dass unsere Haushaltsberatungen hier zu unserer dauerhaften Freude erfolgen. Ich bin mir ziemlich sicher: Wir bekommen auch diesen Haushalt hin.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Kollege Fricke, wir sind ja noch am Anfang der Haushaltswoche. Ich bitte, im weiteren Verlauf der Woche die beliebten Zitate und anderes gleich in die Redezeit einzupreisen, ja?

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Antje Tillmann für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556771
Wahlperiode 20
Sitzung 117
Tagesordnungspunkt Allgemeine Finanzdebatte
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