Michael BreilmannCDU/CSU - Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier eine sehr nüchterne Rede der Bundesbauministerin gehört. Ich hätte bei der jetzigen Lage, der schwersten Baukrise, die wir seit vielen Jahren haben, bei den Haushaltsberatungen, aber auch bei dieser Rede mehr Zupacken durch die Bauministerin erwartet.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sollten uns wirklich mal die Situation angucken. Seit über einem Jahr sehen wir Monat für Monat markant sinkende Baugenehmigungszahlen und Auftragseingänge in der Baubranche. Nur mal zur Erinnerung: Die Plan-, Bau- und Immobilienwirtschaft hat mit fast 20 Prozent einen wichtigen Anteil an der Bruttowertschöpfung unseres Landes. Dieser Nachfragerückgang kann auch auf die Beschäftigung durchschlagen.
Im ersten Halbjahr 2023 fehlten im Vorjahresvergleich Baugenehmigungen für fast 51 000 Wohnungen. Das ist ein Rückgang von 27 Prozent. Die Zahlen der Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser sind um mehr als 40 Prozent gesunken. Da erwarten wir eine Schwerpunktsetzung. Da können wir nicht auf zukünftige Haushaltsjahre warten. Da muss es jetzt einen Baugipfel geben, da muss es ein Baukabinett geben mit dem Bundeskanzler, mit dem Bundesfinanzminister und mit dem Bundesjustizminister, damit es Politik aus einem Guss gibt. Das ist jetzt erforderlich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Bundesregierung hat zumindest schon mal einen Schritt Abstand von ihren Bauzielen genommen, die sie noch bei der letzten Haushaltsdebatte hier vollmundig verkündet hat; darüber redet ja Gott sei Dank keiner mehr. Das ist wichtig; denn Politik beginnt mit der Betrachtung der Lebenswirklichkeit. Doch man würde auch annehmen, dass sich im vorliegenden Einzelplan einige Lösungen finden ließen. Aber wer das erhofft hat, sieht sich enttäuscht. Weit gefehlt! Sie setzen im Grunde genommen – Sie haben es auch in dieser Sommerpause gemacht – in der Bau- und Wohnungspolitik das Chaos fort und verfolgen weiterhin eine Politik der allgemeinen Verunsicherung. Ich nenne zum Beispiel die wochen- und monatelang offen ausgetragenen Streitigkeiten zum Gebäudeenergiegesetz. Glauben Sie, das hat der Baubranche gutgetan? Glauben Sie, das hat der Wirtschaftsbranche gutgetan? Nein, das hat es nicht.
(Kassem Taher Saleh [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das liegt aber auch an Ihnen!)
Gerade auch im Bereich der Wohnungseigentumsförderung für junge Familien scheitert die Bundesregierung auf ganzer Linie, und das mit Ansage. Viele Redner der Union haben hier vorne gestanden und haben deutlich gemacht, dass das, was Sie da an Eigentumsförderung für junge Familien auf den Weg bringen, nicht zusammenpasst. Mit allerhöchsten energetischen Standards, EH 40, zu bauen, ist in Deutschland sehr teuer, und es wird noch teurer. Aber gleichzeitig ein Programm aufzulegen, bei dem die Geförderten über ein zu versteuerndes Haushaltseinkommen von maximal 60 000 Euro verfügen dürfen, passt nicht dazu. Dann dürfen Sie sich auch nicht wundern, dass – Stand Ende August – nur 104 Anträge gestellt wurden. Das ist verfehlte Wohnungseigentumspolitik. Das ist die Note Sechs und nichts anderes.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen fordern wir als Union Sie auf, die Förderbedingungen umgehend zu ändern: Standards senken und mit klaren Positionen auch die Eigentumsgrenzen deutlich machen. Und wir müssen uns vor allen Dingen um die Sanierung im Bestand kümmern. Das ist ganz wichtig; denn 80 Prozent der Eigentumsbildung vollzieht sich doch im Bestand. Dann setzen Sie doch da auch ein Förderprogramm für junge Familien auf!
(Beifall bei der CDU/CSU – Kassem Taher Saleh [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es bereits!)
Frau Ministerin, Sie haben ja gerade angesprochen, dass Sie für die Eigentumsförderung zuständig sind. Dann verstehe ich aber nicht, warum Sie sich bei Ihren Koalitionspartnern nicht durchsetzen. Ich könnte jetzt viele weitere Punkte nennen, wo Sie sich durchsetzen müssen. Der Staat ist mittlerweile bei Kosten, Gebühren und Steuern regelmäßig für 37 Prozent der Baukosten verantwortlich. Für 37 Prozent! Ich höre von Ihnen nichts dahin gehend, wie Sie das ändern wollen. Deswegen sage ich Ihnen: Gehen Sie doch jetzt endlich auch mal an die Grunderwerbsteuer ran! Sorgen Sie doch da für eine spürbare Entlastung!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber stattdessen geht Ihre Politik der allgemeinen Verunsicherung ja weiter. Der größte Koalitionspartner, die SPD, fordert plötzlich einen bundesweiten Mietenstopp. Das muss man sich mal vorstellen. In der schwersten Bau- und Wohnungskrise das Vermieten nicht attraktiver, sondern noch unattraktiver zu machen, darauf kann nur die SPD kommen. Nein, sorry, darauf hätte auch Die Linke kommen können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Roger Beckamp [AfD] – Widerspruch der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE] – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Was sagt denn die FDP dazu?)
Das muss man sich mal vorstellen, und das sollten Sie sich noch mal vergegenwärtigen. Die Mehrheit der Vermieter in Deutschland sind private Kleinvermieter und nicht die großen Wohnungsbaugesellschaften. Denen müssen wir doch jetzt wieder Vertrauen geben. Da brauchen wir Belastungsmoratorien und gerade keine zusätzlichen mietrechtlichen Vorschriften. Sie werden Ihre baupolitischen Ziele mit dieser Politik ganz klar verfehlen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es wird sicherlich gleich auch das Thema „serielles Bauen“ angesprochen. Ja, dafür kann man auch viele Mittel in die Hand nehmen. Aber dann brauchen wir auch einheitliche Baustandards über die Ländergrenzen hinweg; sonst nützt das ganze Geld nämlich nichts, das wir da zur Verfügung stellen. Dazu muss es jetzt endlich eine Initiative aus dem Bauministerium geben. Und wir brauchen realistische energetische Vorgaben. Die geplante Verschärfung des energetischen Gebäudestandards auf EH 40 würde die aktuelle Situation nur noch verschlimmern. Deswegen: Einigen Sie sich in der Koalition, dass das sich ändert!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zum Abschluss kann ich sagen: Alles, was ich gerade vorgetragen habe, muss sich auch in einem Haushalt wiederfinden. Nur wenn Sie das beherzigen und nur wenn wir da in den Beratungen zueinanderkommen, gibt es auch die Zustimmung der Unionsfraktion.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der nächste Redner ist Markus Kurth für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556803 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 117 |
Tagesordnungspunkt | Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen |