Friedrich MerzCDU/CSU - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten in dieser Woche den zweiten regulären Bundeshaushalt nach der sogenannten Zeitenwende. Nach all dem, was wir bisher dazu gehört und gelesen haben, wird auch der Bundeshaushalt für das Jahr 2024 dieser fundamentalen Herausforderung einer tatsächlichen Zeitenwende nicht gerecht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
In der Bewertung des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sind wir uns hier im Haus bis auf ganz links und ganz rechts ja weitgehend einig.
(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])
Wir sind es jedenfalls vordergründig und in der gemeinsamen Verurteilung dieses Angriffskrieges. Aber ich habe erhebliche Zweifel, ob wir die ganze Dimension dieses Krieges und seine weitreichenden Auswirkungen auch übereinstimmend richtig einschätzen.
Stellen wir uns einen kurzen Augenblick vor, der Krieg wäre – und so hoffen wir es ja alle – morgen zu Ende. Ist dann am Tag danach alles wieder so wie vor dem Krieg? Könnten wir einfach da weitermachen, wo wir vorher aufgehört haben? Das mag mancher hier im Saal so annehmen.
(Zuruf von der SPD: Niemand!)
Aber, meine Damen und Herren, die ganze Dimension dieser Zeitenwende durch den Krieg wird erst nach dem Krieg richtig sichtbar werden. Wir sind eben nicht nur Zeitzeugen dieses Krieges. Wir sind, ob wir das nun wollen oder nicht, auch Zeitzeugen der Zerstörung einer ganzen Friedens- und Freiheitsordnung. Und je nachdem, wie der Krieg ausgeht, ob also die gewaltsame Aneignung eines fremden Territoriums durch eine Nuklearmacht mehr oder weniger erfolgreich verläuft, wird es weitere Versuche geben imperialer, vermutlich ebenfalls nuklear bewaffneter Staaten, in ihrer Nachbarschaft mit militärischer Gewalt territoriale Zugewinne zu erzielen.
Deshalb bleibt auf absehbare und möglicherweise auf sehr lange Zeit die Sicherung des Friedens und vor allem die Sicherung unserer Freiheit die wichtigste staatliche Aufgabe unseres Landes in der Europäischen Union und vor allem in der NATO.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vor diesem Hintergrund war es richtig, dass Sie, Herr Bundeskanzler, in Ihrer Regierungserklärung vom 27. Februar des letzten Jahres versprochen haben, ab sofort 2 Prozent unserer Wirtschaftsleistung in die Bundeswehr zu investieren und ein zusätzliches schuldenfinanziertes Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Beschaffung großer, langjährig zu finanzierender Waffensysteme für unsere Streitkräfte zu errichten. Wir haben, wie Sie wissen, dieser Entscheidung aus Überzeugung zugestimmt. Geschäftsgrundlage unserer Zustimmung war allerdings, dass, so wie Sie es hier versprochen haben, der Verteidigungsetat tatsächlich auf 2 Prozent anwächst. Stattdessen sehen wir jetzt einen weitgehend unveränderten Verteidigungsetat, der immer stärker von zusätzlichen Personal- und Sachkosten beansprucht wird.
Zur rein formalen Erfüllung des 2-Prozent-Ziels bedienen Sie sich für den laufenden Betrieb zunehmend aus dem Sondervermögen, das schon in wenigen Jahren aufgebraucht sein wird. Spätestens im Jahr 2027 klafft dann eine Lücke von mindestens 30 Milliarden Euro im Verteidigungshaushalt, zu der Sie am heutigen Tag keinen Gedanken und keine Ahnung haben, wie Sie diese Lücke denn füllen wollen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich muss es leider so sagen: Trotz Ihrer Regierungserklärung und trotz des Beifalls, den Sie dafür im ganzen Haus bekommen haben, bei SPD und Grünen bleibt das ungeliebte Kind Bundeswehr schon nach kurzer Zeit wieder weitgehend strukturell unterfinanziert, sehr viel weitreichender übrigens als zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie vor zwei Jahren die Bundeswehr übernommen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Das waren doch Ihre Minister! „Ignoranz“ nennt sich das!)
Großer Verlierer dieser Verteidigungspolitik und dieser Haushaltspolitik sind Sie, Herr Pistorius, der Sie angetreten sind mit dem Versprechen, mindestens 10 Milliarden Euro mehr für den laufenden Betrieb der Bundeswehr zu bekommen. Sie bekommen nichts. Verlierer sind aber nicht nur Sie persönlich, sondern Verlierer sind die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Verlierer ist das Vertrauen der ganzen Bundesrepublik Deutschland im Bündnis der NATO und bei unseren europäischen Partnern.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Saskia Esken [SPD])
Nun hat der Bundesfinanzminister in seiner Einbringungsrede gestern interessanterweise auf genau diesen Sachverhalt und auf weitere große Risiken der nächsten Jahre hingewiesen. Hinter dem Horizont, so hat er gesagt – auch wenn er heute Morgen nicht anwesend ist –, warte ein großer Eisberg, auf den wir zusteuerten und der seinen Kurs nicht verändern werde. Also, so hat er gesagt, müssten wir unseren Kurs ändern, wenn es nicht zu einer Kollision kommen soll. Das war die Stelle Ihrer Rede, Herr Bundesfinanzminister, Ihrer Eisberg-Rede, von der an Sie nur noch den Beifall Ihrer eigenen Fraktion bekommen haben und in deren weiteren Verlauf gleich drei Bundesminister der Grünen – Frau Baerbock, Herr Habeck und Herr Özdemir – demonstrativ die Regierungsbank verlassen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)
Spätestens seit gestern haben wir also zwei Oppositionsführer in Deutschland: einen im Parlament und einen in der Regierung. „ Auf gute Zusammenarbeit, Christian Lindner!“, kann ich da nur sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Reinhard Houben [FDP]: Ihr wollt doch Steuererhöhungen, Herr Merz! – Zuruf der Abg. Katja Mast [SPD])
Der Bundesfinanzminister hat in dieser Eisberg-Rede berechtigterweise auch einige Fragen an uns gestellt, wie wir denn mit diesen Herausforderungen umgehen würden. Lassen Sie mich darauf einige wenige Antworten geben in der Kürze der Zeit, einige wenige, aber – aus unserer Sicht jedenfalls – wichtige. Die ganz grundsätzliche Antwort lautet zunächst: Die Zeitenwende kann sich nicht in einer schuldenfinanzierten Übergangsfinanzierung der Bundeswehr erschöpfen. Das ist nicht die Zeitenwende.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie hätten in Ihrer Koalition im letzten Jahr den Koalitionsvertrag auf die Seite legen müssen und die gesamten Prioritäten vor allem der Aufgaben, der Ausgaben neu ordnen müssen. Stattdessen versprechen Sie der Bevölkerung, es könne während und nach dem Krieg alles so weitergehen wie bisher.
(Katja Mast [SPD]: Das haben Sie immer gemacht, nicht wir!)
Teilweise erhöhen Sie sogar noch die konsumtiven Ausgaben, ohne die Folgen abzuschätzen und einzuordnen.
(Zuruf des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ja, das ist genau der Eisberg, den Christian Lindner gestern hier beschrieben hat und auf den wir zusteuern. Das ist genau der Eisberg.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, was müssten daraus für Schlussfolgerungen gezogen werden? Zunächst: Unser Land erstickt in Bürokratie. Wir würden sofort alle Gesetze stoppen,
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
die diesen wahnsinnigen Bürokratieaufwand immer noch weiter erhöhen. Dazu zählen das angekündigte Kindergrundsicherungsgesetz, das wir bis heute nicht haben, und das Gebäudeenergiegesetz. Wir würden es nicht machen, so wie Sie es vorschlagen und in dieser Woche hier noch durchsetzen wollen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Gebäudeenergiegesetz ist übrigens ein gutes Stichwort. Wir würden im Gebäudesektor wie im Verkehrssektor auf echte Technologieoffenheit setzen.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist doch keine Überraschung, meine Damen und Herren, dass Sie mit Ihrer Verbotspolitik
(Christian Dürr [FDP]: So ein Quatsch!)
auch im zweiten Jahr in Folge die Klimaziele verfehlen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ihre Klimapolitik wird von den Menschen im Land mehrheitlich nicht mehr mitgetragen, weil die Menschen es einfach leid sind, nur noch mit Verboten, Regulierungen, unkalkulierbaren Kosten und bürokratischen Auflagen konfrontiert zu werden.
(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt überhaupt nicht, Herr Merz! – Christian Dürr [FDP]: Sie beschreiben gerade eigene Regierungsverantwortung, Herr Merz!)
Wenn man dem Klima schaden will, dann muss man es genau so machen, wie Sie es gegenwärtig machen. Genau so!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir würden das sogenannte Bürgergeld so ausgestalten, dass sich Arbeit mehr lohnt als der Bezug von staatlichen Transferleistungen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch zugestimmt! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Ich verstehe, dass Sie hier sehr nervös reagieren, aber das ist doch die Wahrheit, die wir im Augenblick sehen.
(Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist eben eine Lüge!)
Die Menschen gehen nicht zurück in die Beschäftigung, weil sie sich ausrechnen können, dass sie mit staatlichen Transferleistungen am Ende des Jahres mehr herausbekommen, als wenn sie in einer einfachen Beschäftigung arbeiten und Sozialversicherungsbeiträge und Steuern bezahlen müssten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist doch ein Märchen, Herr Merz! Märchenstunde! Das werden Sie doch nie beweisen können! Das ist doch Unsinn! Das wissen Sie auch! – Saskia Esken [SPD]: Fake News! Sie verbreiten Fake News, Herr Merz! Sie verbreiten Lügen!)
Wir würden den älteren Beschäftigten, meine Damen und Herren, einen Anreiz geben, eben nicht in die Frühverrentung zu gehen, sondern dem Arbeitsmarkt länger zur Verfügung zu stehen. Sie machen genau das Gegenteil davon.
(Beifall bei der CDU/CSU – Torsten Herbst [FDP]: Wer hat denn die Rente mit 63 beschlossen?)
Sie reden über Fachkräfteeinwanderung und lassen es zu, dass 260 000 Menschen vorzeitig in den Altersruhestand gehen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie haben 45 Versicherungsjahre, Herr Fraktionsvorsitzender! Sie haben ihre Leistung erbracht!)
Nur damit das hier klar ist, weil ich das hier in der Koalition höre: Es sind nicht die Menschen, die zu faul sind. Die Menschen können einfach rechnen, im Gegensatz zu manchen von Ihnen. Die können rechnen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Viertagewoche, Frühverrentung, Bürgergeld: Meine Damen und Herren, das Problem sind nicht die Menschen, die das in Anspruch nehmen. Das Problem sind Sie, die das ermöglichen
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Genau!)
und die die politischen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass das so ist: dass sich Leistung nicht mehr lohnt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD – Katja Mast [SPD]: Sie haben dem zugestimmt, Herr Merz! – Gegenruf des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ihr seid das Problem!)
Wir würden an den Grenzen zu Polen, zur Tschechischen Republik und auch zur Schweiz ja nicht neue Schlagbäume errichten. Aber wir würden die beständig weiter ansteigende Zahl der illegalen Grenzübertritte so kontrollieren, wie dies bereits seit 2015 an der Grenze zu Österreich stattfindet.
(Anke Hennig [SPD]: Das war ja klar, dass das jetzt kommt! – Dr. Bernd Baumann [AfD]: So ein Blödsinn! – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Was ist eigentlich der Unterschied zum Grenzübertritt in Tschechien, in Österreich, in der Schweiz oder in Polen? Was ist eigentlich der Unterschied?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Danke, dass Sie heute Morgen hier sind, Frau Faeser. Vielleicht erläutern Sie uns in den nächsten Tagen mal, was eigentlich der Unterschied ist, nachdem Sie sich gestern krankgemeldet und in Wiesbaden dpa-Interviews gegeben haben. Schön, dass Sie hier sind. Vielleicht sagen Sie mal etwas zu diesem Sachverhalt und zu diesen illegalen Grenzübertritten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Saskia Esken [SPD]: Wie respektlos von Ihnen! – Weitere Zurufe von der SPD)
– Ja, ich verstehe, dass Ihnen das unangenehm ist.
(Saskia Esken [SPD]: Sie lassen jeden Respekt vermissen!)
Aber Sie haben ja einen Koalitionspartner, der bis zum heutigen Tag beharrlich bestreitet, dass es überhaupt illegale Migration gibt.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wahnsinn!)
Wenn Sie einen solchen Koalitionspartner haben, dann kommen Sie natürlich nicht zu einer Lösung dieses Problems, das aber mittlerweile unsere Gesellschaft tief spaltet und das uns demnächst um die Ohren zu fliegen droht, wenn Sie es nicht lösen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Und dann könnten wir auch einmal über die Aufgaben- und Ausgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden miteinander reden, aber bitte erst, nachdem Sie dieses Problem gelöst und dafür gesorgt haben, dass Länder und Gemeinden nicht über Gebühr mit diesen Problemen belastet werden.
(Stephan Brandner [AfD]: Sie haben das Problem geschaffen!)
Ganz interessant: Der Bundesfinanzminister hat ja erstmalig in diesem Jahr einen Bericht anfertigen lassen über die Leistungen des Bundes zur Mitfinanzierung von Länder- und Kommunalaufgaben, herausgekommen im August 2023. Er kommt dabei auf einen Betrag von 56 Milliarden Euro, den der Bund für Aufgaben ausgibt, die eigentlich Länderaufgaben und Kommunalaufgaben sind. Wir haben in unseren Berechnungen nicht ganz diesen Betrag erreicht; wir liegen bei ungefähr 40 Milliarden Euro. Aber immerhin: Das ist doch eine Summe, aus der heraus sich das Potenzial ergibt, wie eine Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern jetzt vorgenommen werden müsste.
(Beifall der Abg. Frauke Heiligenstadt [SPD])
Meine Damen und Herren, wenn Sie das dann täten, wenn Sie das alles machen würden, dann hätten wir auch schnell Spielräume, die zum Beispiel für eine größere Steuerreform in Deutschland gebraucht würden. Wir könnten dann endlich den Soli abschaffen. Das würde vor allem den mittelständischen Unternehmen in Deutschland schnell und wirksam helfen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber das wollen Sie nicht, weil Sie natürlich in Ihrer ganzen Klassenkampfrhetorik immer nur von den reichen und den breiten Schultern sprechen, die Sie meinen immer noch mehr belasten zu müssen. Das Gegenteil wäre richtig, gerade auch im Interesse der kleinen und mittleren Unternehmen, die in Deutschland weitgehend Personengesellschaften sind.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Dürr [FDP]: Aber deren Steuern wollen Sie erhöhen, Herr Merz!)
Wir könnten dann – Herr Dürr, so wie die FDP das ja wohl auch will – für Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften in Deutschland eine einheitliche Unternehmensteuer einführen,
(Christian Dürr [FDP]: Ich bin sehr dafür, aber Sie haben es ja immer verhindert! Ich bin ja dafür!)
die vor allem reinvestierte Gewinne mit maximal 25 Prozent belastet. Das wären international wettbewerbsfähige Steuersätze. Dann könnten wir den Einkommensteuertarif sogar so gestalten, dass sich Leistung wirklich wieder lohnt, aber der Einkommensteuertarif dann eben ausschließlich für die privaten Einkünfte herangezogen wird. Das wäre mal ein Steuerkonzept, mit dem sich Leistung lohnt und mit dem die Attraktivität des Investitionsstandorts und Arbeitsstandorts Deutschland wirklich schnell und nachhaltig gesteigert werden könnte.
(Beifall bei der CDU/CSU – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist der Bierdeckel?)
Und da Herr Lindner jetzt da ist: Im Sinne einer guten Zusammenarbeit würde ich Sie gerne bitten, nicht auf das hereinzufallen, was vom Generalsekretär der SPD in den letzten Tagen dazu veröffentlicht worden ist. Das hat mit unseren steuerpolitischen Vorstellungen nichts, gar nichts zu tun. Das sind nicht unsere steuerpolitischen Vorstellungen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie sich schon wieder versprochen, Herr Merz? Haben Sie es schon wieder nicht so gemeint?)
Sie sehen also, meine Damen und Herren: Wir diskutieren hier nicht nur über die Details des Bundeshaushaltes. Wir widersprechen Ihnen in Ihrem ganz grundsätzlichen Staatsverständnis. Sie bauen nämlich trotz Zeitenwende den betreuenden, bevormundenden, alles regulierenden und dann auch finanzierenden Staat,
(Stephan Brandner [AfD]: Den Sie schon abgebaut haben! – Christian Dürr [FDP]: Sie beschreiben bisher nur eigene Regierungsverantwortung!)
einen geradezu paternalistischen Staat, immer weiter aus, der möglichst hohe Steuern einnimmt, um dann einen Teil davon – nach Abzug eines immensen Verwaltungsapparates,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
den Sie natürlich am liebsten aus Ihren eigenen Reihen besetzen,
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Natürlich! – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
mit immensen Kosten – wieder gönnerhaft nach Ihren parteipolitischen Vorstellungen an die Bevölkerung zurückzugeben. Das ist der Staat, den Sie gerne hätten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Saskia Esken [SPD])
Ich kann es Ihnen nicht ersparen, Herr Bundeskanzler – Sie werden das nicht so gerne hören –: Sie haben als Generalsekretär der SPD mal von der „Lufthoheit über den Kinderbetten“ gesprochen, die die SPD erreichen müsse. Sie sind auf diesem Weg ein ganzes Stück vorangekommen. Und die Kindergrundsicherung ist genau das, was Sie erreichen wollen: Lufthoheit über den Kinderbetten, über den Familien, über dieser Gesellschaft, damit Sie sie nach Ihren eigenen Vorstellungen gestalten können. Das ist es, was Sie wollen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Ja, ich kann ja verstehen, dass Sie das alles nicht gerne hören.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wir sind hier nämlich nicht in Gillamoos!)
Aber, meine Damen und Herren, es gibt eben einen wirklich grundlegenden Unterschied zwischen Ihnen und uns.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
– Danke für den Beifall. Er bestätigt genau das, was ich jetzt sagen möchte. Wir wollen nämlich den Menschen, den Unternehmen und vor allem den Ingenieurinnen und Ingenieuren in unserem Land etwas zutrauen. Wir wollen sie zur Leistung und zur gemeinsamen Gestaltung unseres Landes wirklich ermutigen und befähigen.
(Zuruf von der SPD: Genau! Indem Sie ihnen Faulheit nachsagen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Sie machen nur Politik für Ihr eigenes Portemonnaie! – Stephan Brandner [AfD]: So eine Heuchlerei! – Norbert Kleinwächter [AfD]: Mittlerweile sind die alle ausgewandert, so haben Sie die befähigt!)
Sie tun von fast alledem genau das Gegenteil. Sie tun genau das Gegenteil.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und wenn die Menschen dann am Ende des Monats auf ihre Lohn- und Gehaltsabrechnung schauen und sehen, welche Steuern und Abzüge sie da zu bezahlen haben, und gleichzeitig hören, was sie ohne Arbeit in diesem Land auch bekommen könnten,
(Stephan Brandner [AfD]: Ohne Steuern! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Hören Sie doch mal mit der Märchenplatte auf! Die ist falsch!)
wenn sie dann anschließend monatelang auf einen Arzttermin warten und keine Kitaplätze für die Kinder bekommen, ja, dann entsteht eben genau diese Stimmung im Land, die wir heute haben.
(Anke Hennig [SPD]: Welche Stimmung denn? Ihr macht die Stimmung!)
Herr Bundeskanzler, beschweren Sie sich nicht über die Stimmung! Das ist genau die Stimmung, die Sie mit Ihrer Koalition in Deutschland herbeiführen,
(Beifall bei der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: Die Merkel-Stimmung!)
und daran müssten Sie grundlegend etwas ändern, wenn sich in diesem Land etwas zum Besseren wenden soll.
(Langanhaltender Beifall bei der CDU/CSU)
Und für die Bundesregierung hat als nächster Redner das Wort Bundeskanzler Olaf Scholz.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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