Tim KlüssendorfSPD - Änderung des Umsatzsteuergesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Karliczek, ich finde es ja fast schon ein bisschen dreist, wenn Sie uns hier Arroganz vorwerfen oder wenn Sie uns vorwerfen, dass uns die Gastronomie egal sei. Es gibt, glaube ich, keine Bundesregierung, die so viel für eine einzelne Branche an Hilfspaketen geschnürt hat wie diese und die letzte Bundesregierung, wie diese beiden Bundesregierungen unter SPD-Beteiligung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Diese hat noch gar nichts gemacht!)
– Diese hat sehr wohl was gemacht. Wer hat denn die auslaufende Regelung zum reduzierten Mehrwertsteuersatz verlängert? Das war diese Bundesregierung im vergangenen Jahr.
(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Ein Jahr! Das ist genau das, was nicht hilft!)
Und das war übrigens vollkommen unabhängig von Ihren Vorschlägen. Wir haben gemacht, was wir auch in diesem Jahr tun: Wir haben uns die Situation angeguckt, eine Einschätzung getroffen, vor dem Hintergrund des Haushaltes eine Bewertung vorgenommen und am Ende über die Maßnahme entschieden,
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Schrei doch nicht so!)
ganz ohne Ihre Hinweise, ganz ohne Ihre Hilfe; das haben wir getan.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Ganz ohne unsere Hilfe? Wir haben das im letzten Jahr schon beantragt! Zu Ihrer Information!)
Einige werden sich vielleicht erinnern, dass Sie, zumindest meiner Information nach, auch mal Teil der Bundesregierung waren. Ich weiß nicht, wie Sie das als Ministerin gemacht hätten unter dem Haushaltsdruck. Die Diskussionen in den letzten Wochen zeigen: Wir verhandeln hier über jede Million. Wir diskutieren über Migrationsberatungsstellen, über das FSJ, über die Bundeszentrale für politische Bildung. Das sind harte Diskussionen. Und von Ihnen kommt nichts anderes als Steuersenkungsforderungen: Zehn-Punkte-Plan im Juni, Fünf-Punkte-Plan im August.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Von Ihnen kommt halt gar nichts!)
Ich weiß nicht, was als Nächstes kommt. Vielleicht ein Drei-Punkte-Plan, ein Zwei-Punkte-Plan? Immer nur auf Kosten des Haushalts Politik zu machen, das ist keine seriöse Haushaltspolitik.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Von Ihnen kommt nur: Steuererhöhung! Steuererhöhung!)
Die ganze Doppelmoral Ihrer Partei zeigt sich in dem Beschluss, den der Landtag Schleswig-Holstein diese Woche gefasst hat. Der Landtag Schleswig-Holstein hat diese Woche nämlich entschieden, dass die Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf Speisen bei 7 Prozent bleiben soll. So weit, so gut. Gleichzeitig haben sie aber entschieden, dass sie das nicht bezahlen wollen; denn im Landeshaushalt ist kein Geld dafür da. Das soll bitte der Bund komplett übernehmen. Das ist ja eine spannende Entscheidung. Da zählt auf einmal der Haushalt, und bei uns soll er keine Rolle spielen. Ich finde, das ist eine eindeutige Doppelmoral, die Sie auch mal intern hinterfragen sollten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf der Abg. Anja Karliczek [CDU/CSU])
Wenn ich dann den Kollegen Söder höre, der sich mitten im Wahlkampf im Oktoberfestzelt hinreißen lässt, geradezu in Bierlaune zu verkünden: „Günstiges Essen für alle!“, dann frage ich mich, was als Nächstes kommt. „ Freibier für alle“? Dazu kann ich nur sagen: Das ist keine seriöse Haushaltspolitik. So kann man weder ein Bundesland führen noch eine Bundesregierung. Das lehnen wir kategorisch ab.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir werden es so machen wie schon im vergangenen Jahr: Wir werden das seriös diskutieren.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Fangen Sie doch mal an damit!)
Heute werden eine ganze Reihe von persönlichen Erklärungen abgegeben, weil den Menschen das Thema am Herzen liegt, weil wir es uns nicht leicht machen, weil wir nicht schon seit Monaten herumrennen – Ihr erster Antrag ist aus dem März – und sagen: Es ist uns vollkommen egal, wie die finanzielle Situation ist; wir entfristen das für alle Ewigkeiten. – Wir werden uns Gedanken darüber machen, wie wir die besten Entscheidungen treffen. Wir werden es in den Haushaltsberatungen sorgfältig abwägen.
Die letzten drei Minuten meiner Redezeit spende ich heute den fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundestagsverwaltung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7578745 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 122 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Umsatzsteuergesetzes |