Julia KlöcknerCDU/CSU - Bezahlbarer Strom
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was man an einem Freitagnachmittag von den unterschiedlichen Fraktionen der gemeinsamen Koalition wahrnimmt, hört sich an wie Wünsch-dir-was.
(Zuruf des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE] – Reinhard Houben [FDP]: Frau Klöckner, wir debattieren!)
Was Sie diesem Land gerade zumuten, ist eine Zumutung für alle hier.
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer oder was sind die Zumutungen? Da reden wir noch mal drüber!)
Halten wir nur einmal fest: Wir sind in einer schweren wirtschaftlichen Krisenlage: Industrie wandert ab, Auftragseingänge sind rückläufig, Arbeitsplätze werden verlagert. Wir bekommen aus NRW schlechte Nachrichten; über 400 Arbeitsplätze werden abgebaut. Wir haben die USA als Konkurrenten, die die Industrie anlocken. Das wird dauerhaft nicht nur eine kleine wirtschaftliche Delle sein, sondern wir haben strukturell Probleme.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Wie kann man sein eigenes Land immer so schlechtreden?)
Ihre Antwort darauf ist, dass jede Fraktion der Koalition sagt, was sie sich wünscht. Das führt dazu, dass Sie hier keine einzige Entscheidung treffen. Das ist keine Zukunfts- oder Fortschrittskoalition, das ist eine Stillstandskoalition, und das ist eine Gefahr für unser Land, für unsere Industrie und für die Arbeitsplätze in diesem Land.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen des Abg. Reinhard Houben [FDP] – Gabriele Katzmarek [SPD]: Dieses Land schlechtreden, Frau Klöckner! Sie sind es!)
– Jetzt lacht Herr Houben so locker. Klar, Sie kriegen Ihr Gehalt.
(Reinhard Houben [FDP]: Nein, ich kriege kein Gehalt! Abgeordnete kriegen kein Gehalt!)
Aber die Leute, die zum Beispiel gerade in Nordrhein-Westfalen bei Lanxess ihren Job verlieren, wissen, warum sie ihn verlieren: weil die Energiepreise zu hoch sind.
Schauen wir uns doch mal die Genese an! Der Bundeskanzler hat im Bundestagswahlkampf einen Industriestrompreis von 4 Cent versprochen – das wurde plakatiert – und wurde unter anderem auch dafür gewählt. Dann kommt Herr Habeck und sagt: Wir wollen nicht 4 Cent, sondern 13 Cent haben, wenn die Offshoreanlagen am Netz sind. – Dann hören wir plötzlich von der FDP: „Wir wollen weder das eine noch das andere“, woraufhin wir von Herrn Habeck hören, dass er plötzlich für 6 Cent ist. Das unterbietet die SPD-Fraktion dann noch mit ihrer Forderung von 5 Cent. Da fragt man sich: Sind Sie noch in der Findungsphase, oder sind Sie wirklich in der Regierung?
(Andreas Mehltretter [SPD]: Was will denn die Union?)
Wir sind in einer Phase, wo wir Entscheidungen brauchen, damit die Industrie hierbleibt und keine Arbeitsplätze in diesem Land verloren gehen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bengt Bergt [SPD]: Das ist ein politischer Diskurs!)
Es ist erbärmlich, was wir hier gerade hören und sehen.
Schauen wir uns das noch mal an: Wir könnten doch handeln. Schauen wir auf die Grünen und den Atomausstieg! Auf Biegen und Brechen mussten die drei Kernkraftwerke in dieser Krisenzeit abgeschaltet werden – koste es, was es wolle, keine Rücksicht auf Verluste. Ich würde mir wünschen, dass Ihr Minister sich auch mal so einsetzen würde, um wenigstens eine Lösung für die Industrie zu finden. Sie haben das Lieferkettengesetz in Kraft gesetzt; das könnte man aussetzen.
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war Ihr Gesetz, Frau Klöckner! Der große Gerd Müller! – Reinhard Houben [FDP]: Sie haben es doch eingeführt! Ist doch Ihre Erfindung! Das war der Lebenstraum von Herrn Müller, Frau Klöckner!)
Sie haben sich in Brüssel für das PFAS-Verbot eingesetzt. Sie haben sich sehr klar für die Sektorleitlinien eingesetzt.
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Klöckner, Sie waren im Kabinett, als das Gesetz beschlossen wurde, was Sie gerade abschaffen wollen! Sie waren im Kabinett! Nicht nur Abgeordnete, Sie waren im Kabinett!)
Das alles sind Belastungen für unsere Industrie, Belastungen für unsere Wirtschaft.
Jetzt geht Ihnen die Düse, weil Ihr grünes Wirtschaftswunder nach der Planwirtschaft der Grünen gar nicht eintritt. Jetzt sehen Sie plötzlich, dass wir eine Rezession haben. Jetzt sehen Sie, dass Deutschland das einzige Industrieland ist, dessen Wirtschaftsleistung gerade schrumpft. Jetzt geht Ihnen die Düse, jetzt geht es um den Industriestrompreis. Aber in Brüssel war noch keiner von Ihnen. Wer hat das in Brüssel denn mal geklärt?
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss nicht physisch in Brüssel sein, um zu wissen, wie man die Kommission erreicht! Ich weiß nicht, ob Sie das gekonnt haben als Ministerin, aber das traue ich unserer Regierung zu! Man muss nicht nach Brüssel fahren! Die haben auch Telefone!)
Das alles sind Nebelkerzen, die Sie hier werfen. Entscheiden Sie jetzt! Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Nur mit einer starken Wirtschaft kriegen wir auch einen starken Sozialstaat hin.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sehen, wie die Produktion mittlerweile eingebrochen ist. Deshalb fordern wir strukturelle Verbesserungen. Wir brauchen ein Gesamtpaket,
(Zuruf des Abg. Andreas Mehltretter [SPD])
einen Pakt für Wachstum und Wohlstand in diesem Land.
(Reinhard Houben [FDP]: Ohne Finanzierung! – Zuruf der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir müssen die Stromsteuer reduzieren. Wir müssen die Entgelte reduzieren. Sie schwadronieren noch davon, dass zum Beispiel der Spitzenausgleich abgeschafft wird. Da blickt doch kein Mensch mehr durch. Wirtschaft braucht Zuversicht, Wirtschaft braucht Zusage, und Wirtschaft braucht auch Planbarkeit. Und das geht mit dieser Ampelkoalition hier in Deutschland leider nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])
– Ja, Zuversicht!
Passen Sie auf! Jetzt können Sie da ja rummachen. Sie schicken Ihre Papiere: Wir, SPD-Fraktion, die Starken, sind für 5 Cent Industriestrompreis. – Das schicken Sie an die Gewerkschaften und lassen sich kurz beklatschen, während Ihr Kanzler sagt: Nö, will ich nicht. – Könnten Sie das mal klären? Was will denn der Kanzler jetzt? Will er jetzt die 4 Cent? Will er Ihre 5 Cent? Oder steht er zu dem, was er gerade gesagt hat, nämlich dass er bei der FDP ist, dass er dagegen ist?
Man kann ja dagegen sein; man kann auch dafür sein. Nur irgendwann braucht man eine Entscheidung. Man kann nicht beides in einer Koalition; man kann nicht gleichzeitig dafür und dagegen sein.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Richtig!)
Wenn Sie diese Art von Politik, die ein Nichtentscheiden ist, weiterhin so konservieren, dann haben Sie Arbeitsplätze in Deutschland auf dem Gewissen. Und wer als Industrie einmal hier weg ist, der kommt so schnell nicht wieder.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Das sind dann Ihre Arbeitslosen; das will ich Ihnen sehr, sehr klar sagen.
In den USA – –
Frau Kollegin, die Redezeit ist zu Ende gewesen.
Ich bedanke ich mich sehr herzlich, dass wir heute darüber reden konnten.
Schönes Wochenende!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7602596 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 132 |
Tagesordnungspunkt | Bezahlbarer Strom |