09.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 134 / Tagesordnungspunkt 10

Wilfried OellersCDU/CSU - Gesetzlicher Mindestlohn, Minijobs

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Lohnfindung in Deutschland ist immer die ureigenste Aufgabe der Tarifpartnerschaft. Das sollte auch weiterhin so bleiben, und da sollte sie auch verortet bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahre 2014 wurde allerdings – leider, muss man sagen – notwendig, weil die Tarifpartnerschaft in einigen Branchen nicht funktionierte

(Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Aha!)

und damit dort eben auch die Lohnfindung im Rahmen einer intakten Tarifpartnerschaft nicht funktionierte.

Deswegen sind wir damals hingegangen und haben gesagt: Wir führen einen gesetzlichen Mindestlohn ein, um diese Branchen zu unterstützen, um da einen entsprechenden Rahmen vorzugeben. – Aber – das ist entscheidend – die Maßgabe war: Wir greifen ein Mal ein, und dann wird die Lohnfindung, die Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns, wieder in die Hände der Tarifpartner gelegt.

Und deswegen haben wir seinerzeit auch die Mindestlohnkommission eingeführt, paritätisch besetzt, mit drei Arbeitgebervertretern, drei Arbeitnehmervertretern und einem Vorsitzenden als siebte Person, der alle zwei Jahre wechselt, damit es in jedem Fall zu einer Entscheidung kommt. Diese Entscheidung muss nicht immer einheitlich sein, wie das heute auch schon einmal anklang, Frau Ferschl, und deswegen ist ja der Wechsel im Vorsitz eingeführt worden. Und ich denke, das muss man dann an der Stelle auch zur Kenntnis nehmen.

(Zuruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was dann schon bedauerlich ist, ist – das muss ich sagen –, dass wir im Moment eine Situation haben, in der wir feststellen, dass man versucht, den gesetzlichen Mindestlohn und seine Weiterentwicklung den Tarifpartnern aus den Händen zu nehmen. Darauf deutet Ihr Antrag, Frau Ferschl, sehr deutlich hin, und das lehnen wir ausdrücklich ab.

Wenn Sie hingehen und den Mindestlohn auf 60 Prozent des mittleren Einkommens festsetzen wollen, so wie die EU-Richtlinie das empfiehlt – nicht vorschreibt, aber empfiehlt! –, dann hat das letztlich zur Konsequenz, dass wir nur noch einen Taschenrechner brauchen.

(Zuruf der Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE])

Dann brauchen wir die Tarifpartnerschaft in der Tarifkommission nicht mehr. Sie würden der Tarifpartnerschaft diese Weiterentwicklung des Mindestlohns entziehen, und das lehnen wir ausdrücklich ab.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sage für meine Fraktion ausdrücklich: Wir haben nichts gegen einen Mindestlohn von 12 Euro; aber er muss, bitte schön, von der Mindestlohnkommission entsprechend festgesetzt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir sprechen uns ausdrücklich dafür aus, dass die Weiterentwicklung des gesetzlichen Mindestlohns in der Hand der Mindestlohnkommission bleibt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie, Frau Ferschl, haben ja auch den Median angesprochen. Ich darf da vielleicht von meiner Seite aus einmal Zahlen anfügen. Wenn Sie behaupten, der Mindestlohn wäre jetzt weit davon entfernt, muss ich sagen: Als der gesetzliche Mindestlohn auf 12 Euro angehoben wurde, hatten wir einen Medianlohn, auf alle Beschäftigten – ich betone: auf alle Beschäftigten! – fokussiert, von 18,94 Euro. Wenn man davon 60 Prozent nimmt, kommt man auf 11,36 Euro. Das heißt: Mit den 12 Euro ist man darüber hinausgeschossen.

(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Nein! Das ist Quatsch!)

Das zur Höhe des Mindestlohns.

Wenn Sie in Ihrem Antrag zusätzlich fordern, er müsse jährlich angepasst werden, darf ich Ihnen da vielleicht auf die Sprünge helfen und sagen, dass die Mindestlohnkommission das in ihren Entscheidungen bei den letzten Malen durchaus immer gemacht hat. Jetzt, bei der derzeitigen Beschlusslage, hat man eine jährliche Anpassung um 41 Cent; das ist Ihnen zu wenig. Das ist natürlich ein Diskussionspunkt; aber letztlich passt man ihn jährlich an.

(Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt leider überhaupt nicht!)

Man hat es nach einem vorherigen Beschluss sogar halbjährlich gemacht. Von daher ist Ihr Wunsch, das entsprechend anzupassen und von der Zweijährigkeit abzurücken, eigentlich schon erledigt. Die Mindestlohnkommission kommt da ihrer Aufgabe nach.

(Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Wenn ich dann im Antrag der AfD sehe, dass man die Anrechenbarkeit von bestimmten Positionen infrage stellt, dann muss ich hier deutlich sagen, dass Ihr Antrag bereits obsolet ist. Das Bundesarbeitsgericht hat umfänglich entschieden, wie man mit der Anrechenbarkeit von Lohnbestandteilen umgeht.

Das Wichtigste – das konnten wir damals gesetzgeberisch nicht regeln; deswegen haben wir es auch nicht geregelt und in die Hände der Rechtsprechung gelegt – ist, dass immer die Intention entscheidend ist, mit der dieser entsprechende Zuschlag gezahlt wird. Ich denke, dass das Bundesarbeitsgericht hier eine ausgewogene Lösung gefunden hat, die wir unterstützen und die wir auch weiterverfolgen sollten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat Frank Bsirske für Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603107
Wahlperiode 20
Sitzung 134
Tagesordnungspunkt Gesetzlicher Mindestlohn, Minijobs
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