09.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 134 / Tagesordnungspunkt 10

Carl-Julius CronenbergFDP - Gesetzlicher Mindestlohn, Minijobs

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion Die Linke fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 14 Euro. Das kommt jetzt ungefähr so überraschend wie Weihnachten am 24. Dezember.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja! Das ist doch schon mal schön!)

Bei allem Guten, was man über die Anpassung des Mindestlohns im vergangenen Jahr denken mag, war das immer der große Nachteil: Ein politischer Eingriff in die Arbeit der unabhängigen Mindestlohnkommission birgt das Risiko eines politischen Überbietungswettbewerbs.

(Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

Deshalb war es klug und wichtig, dass die Koalition im Koalitionsvertrag vereinbart hat, dass es bei einem einmaligen Eingriff bleibt und die Kommission danach ihre Arbeit wieder aufnimmt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau so haben wir das gemacht.

(Beifall bei der FDP – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Habt ihr nicht gemacht!)

Die Fraktion Die Linke beantragt also einen erneuten Eingriff. Begründung: Man ist mit der Empfehlung der Mindestlohnkommission aus dem Sommer nicht zufrieden.

(Zuruf der Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE])

Ihre Bewertung soll also die erneute Außerkraftsetzung des Mindestlohngesetzes rechtfertigen. Da gehen wir nicht mit. Anpassungen müssen auch weiter auf Grundlage der Empfehlung der Sozialpartner kommen und nicht auf Grundlage eines politischen Überbietungswettbewerbs, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zurufe von der LINKEN)

Da machen wir nicht mit.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Sie haben aber schon mitgemacht!)

– Einmal, ganz genau einmal.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Einmal ist keinmal?)

Entweder Sie respektieren das Mindestlohngesetz, das wir haben, oder Sie organisieren eine politische Mehrheit für dessen grundlegende Änderung. Beides kann ich im vorliegenden Antrag jedenfalls nicht erkennen. Womit wir aber nicht anfangen sollten, ist, dass Gesetze immer dann ausgesetzt werden, wenn uns die Folgen derselben nicht in den Kram passen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, um es sehr deutlich zu sagen: Das passt nicht zu meinem Verständnis von Verlässlichkeit im Rechtsstaat.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

Die Anträge der Fraktion Die Linke stellen einen schweren Eingriff in das Mindestlohngesetz dar und stören den funktionierenden Arbeitsmarkt empfindlich. Aber damit nicht genug: In Zeiten hoher Inflation heizt man so die Lohn-Preis-Spirale an. Das brauchen wir gar nicht. Wir sind vielmehr überzeugt: Die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission – Kollege Oellers und die Liberalen sind da eins – garantiert die Stabilität auf dem Arbeitsmarkt und sichert gleichzeitig Beschäftigungschancen für Menschen mit Einstellungshindernissen, und genau so ist das richtig.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Wilfried Oellers [CDU/CSU])

Eine 14-Euro-Forderung von der Fraktion Die Linke überrascht nicht, eine 14-Euro-Forderung von der CDU dafür umso mehr, also nicht hier im Plenum des Bundestags, aber da, wo Sie den Arbeitsminister stellen, nämlich in Nordrhein-Westfalen.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Die CDU hat immer für höhere Löhne gekämpft, Herr Kollege!)

Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin die „Rheinische Post“ vom 28. Oktober 2023: Eine gerechte Lohnuntergrenze liegt für den NRW-Arbeitsminister bei 14 Euro.

(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Im Interview lässt er dann verlautbaren, die Mindestlohnkommission sei eine Katastrophe, das Gremium sei am Ende. Ich brauche das nicht zu wiederholen; Frank Bsirske hat bereits dazu ausgeführt.

(Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat recht!)

Was ist das bitte schön für eine Botschaft an den Mittelstand, an die vielen kleinen Unternehmen in unserem Land, die täglich um Kunden und Aufträge kämpfen?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Mit welchen Löhnen sollen die in Zukunft planen? Auf welcher Grundlage sollen sie ihre Preise anpassen? Warum sollen sie noch in der Tarifbindung bleiben, wenn der Staat die Lohnfestsetzung übernimmt? Hat die Union das eigentlich wirklich mal zu Ende gedacht? Ludwig Erhard, auf den Sie so stolz sind, würde sich im Grabe umdrehen, wenn er von solchen Vorstößen erführe, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Union.

(Beifall des Abg. Pascal Kober [FDP] – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Er dreht sich bei Ihrer Wirtschaftspolitik im Grab um!)

Der Staat setzt einen Mindeststandard, um Preiswettbewerb zulasten von Lohnbeziehern zu begrenzen, wie der von mir sehr geschätzte und viel zu früh verstorbene ehemalige Kollege Matthias Zimmer immer wieder zu Recht betont hat.

(Beifall des Abg. Marc Biadacz [CDU/CSU])

Ein geeignetes Instrument zur Armutsbekämpfung war der Mindestlohn nie. Wir Freien Demokraten setzen vielmehr auf selbstbestimmten Aufstieg aus eigener Kraft. Niemand kann sich am Ende wünschen, dass die Menschen nur Mindestlohn verdienen. Mehr soll es sein.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja!)

Dafür verbessern wir die Rahmenbedingungen:

Erstens. Bildung und Qualifizierung sind der beste Weg aus der Armut. Deshalb haben wir die Weiterbildungsförderung reformiert.

Zweitens. Arbeit in Vollzeit schützt vor Armut, auch im Alter. Deshalb wollen wir Liberale mehr Arbeitszeitflexibilisierung. Das hilft bei Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Drittens. Investitionen steigern die Produktivität. Das zieht die Löhne hoch. Deshalb stärken wir die Wirtschaft mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz und dem Wachstumschancengesetz.

(Beifall bei der FDP – Max Straubinger [CDU/CSU]: Eine mutige Steuerreform wäre besser!)

Zu guter Letzt: Der Mindestlohn ist ein Bruttolohn, und wenn schon Beschäftigte nicht mehr als den Mindestlohn verdienen, dann sollten wir wenigstens den Steuergrundfreibetrag erhöhen und damit dafür sorgen, dass ihnen mehr Netto vom Brutto bleibt. Dafür sind wir auch zuständig.

(Beifall bei der FDP)

So sorgen wir ganz ohne ordnungspolitischen Flurschaden für mehr Kaufkraft bei vielen fleißigen Menschen. Sie haben es sich verdient.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Annika Klose hat das Wort für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7603110
Wahlperiode 20
Sitzung 134
Tagesordnungspunkt Gesetzlicher Mindestlohn, Minijobs
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