30.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 141 / Tagesordnungspunkt 8

Esra LimbacherSPD - Wirtschaftsstandort Deutschland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme zu dem Antrag zurück, den Sie zwar eingebracht haben, aber heute offensichtlich nicht besprechen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Allein in den letzten Wochen durften wir hier im Hohen Hause mehr als viermal über Bürokratieabbau diskutieren, frei nach dem Motto: Es ist schon alles gesagt, aber eben offenbar nicht von jedem.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Tja, und nichts geschieht bei Ihnen!)

Darunter war auch ein Antrag der Unionsfraktion in der vorletzten Sitzungswoche. Warum also jetzt ein nächster, ein eigentlich abgesetzter und neu aufgesetzter Tagesordnungspunkt in dieser Form?

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Weil Sie nichts tun! – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Weil wir eigentlich Haushaltswoche hätten! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Weil Ihre Haushaltswoche nicht kommt! Wir haben die Haushaltswoche ja nicht abgesagt! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Weil Sie gegen die Verfassung verstoßen haben! Das ist der Grund!)

Wie es zu diesem Unionsantrag mit diesem Thema kommt, kann man sich sicherlich nur mit Kompetenzgerangel in Ihrer Fraktion erklären. Aber bei Ihnen weiß offenkundig die rechte Hand nicht, was die linke Hand macht. Und ausgerechnet Sie wollen uns erklären, wie wir unsere Arbeit zu machen haben. Danke, aber nein danke, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union. Wir kommen auch ganz gut alleine klar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP und des Abg. Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Na, den Eindruck haben wir aber nicht! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und die Bevölkerung offensichtlich auch nicht! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Chaostage in Berlin, und Sie machen so weiter, als wäre nichts gewesen!)

– Aber wenn Sie schon so reinrufen: Was hat die Union uns beim Bürokratieabbau überhaupt anzubieten?

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ist das lächerlich!)

Hier vorne sitzt Julia Klöckner, hier vorne sitzt Jens Spahn. Beide, zwei ehemalige Staatssekretäre und ehemalige Bundesminister, haben heute geredet. Sie haben ihr halbes Leben in Parlamenten und Regierungsämtern verbracht,

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Es wäre schön, wenn es mein halbes Leben wäre! Danke fürs Kompliment! Das halbe Leben! Wie goldig! Ich bin noch so jung!)

haben aber – man muss es so klar sagen – beim Bürokratieabbau null, aber auch rein gar nichts erreicht. Und Sie wollen uns erklären, wie es zu gehen hat? So funktioniert es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Aber es setzt sich fort. Wir haben eine EU-Kommissionspräsidentin, die Funktionärin der CDU ist.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Warum reden Sie eigentlich nie über Herrn Timmermans? Gehört der nicht zu Ihnen? – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Der Herr Timmermans, oje!)

Seitdem sie dieses Amt innehat, ist die Bürokratieflut aus Brüssel eben nicht besser, sondern schlimmer und schlimmer geworden. Das ist die Realität, mit der Sie sich in der Union mal beschäftigen sollten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Oder noch besser – ich habe es gerade eben während der Rede von Jens Spahn im Internet gelesen –: Friedrich Merz schreibt in Bezug auf seinen Wahlkreis im Hochsauerlandkreis: „Klimaschutz scheitert an der Ampel-Bürokratie.“ – Nein.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Richtig! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Recht hat er!)

Klimaschutz scheitert nicht an der Ampelbürokratie, Klimaschutz scheitert an der Unionsnostalgie, liebe Kolleginnen und Kollegen. Daran scheitert es.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ja, ja! Goldig! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Die 90er-Jahre noch erwähnen! Die fehlen noch! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Die 16 Jahre fehlen auch noch!)

Aber es wird ja wirklich nicht besser. Es droht an unterschiedlicher Stelle noch mehr Bürokratie auf Bürgerinnen und Bürger, aber vor allen Dingen auf die Unternehmen zuzukommen. Wir wissen schon jetzt, dass insbesondere kleine Mittelständler, die eigentlich vom Lieferkettengesetz nicht erfasst werden sollten – das haben übrigens Sie, liebe Kollegen von der Union, auf den Weg gebracht –,

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Die SPD hat damit natürlich nichts zu tun! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: War die SPD nicht in der Regierung? Wie war das mit dem Herrn Heil? In der SPD verlieren alle das Gedächtnis! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Mann, Mann, Mann!)

mit den Berichtspflichten Schwierigkeiten haben. Genau das wissen wir. Und in einem solchen Moment plant die Europäische Union ein neues europäisches Lieferkettengesetz, das noch einmal weitergehen soll als das, was Sie beschlossen haben.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Was „wir“ beschlossen haben!)

In so einer wirtschaftlichen Lage finde ich persönlich das nicht besonders klug.

Wenn Sie schon etwas tun wollen, wenn das alles, was Sie hier heute gesagt haben, ernst gemeint sein soll, dann reden Sie mit Ihrer Parteifreundin von der Leyen in Brüssel. Das würde tausendmal mehr helfen, als hier Ihre Anträge ohne jedes Ergebnis diskutieren zu lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Stattdessen aber schmeißen Sie mir und uns hier nichtssagende, unvollständige und – man muss es leider sagen – überholte Anträge vor die Füße.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Vor die Füße ging das nicht!)

Ich zitiere mal aus Ihrem Antrag:

„Wichtig ist ein Gesamtpaket an ... Maßnahmen ..., dass insbesondere

...

in Gesetzen mehr Möglichkeiten für Experimentierräume geschaffen werden.“

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ja, gute Sache!)

Ich bin so frei und frage Sie: Was um alles in der Welt sollen wir denn mit solchen nichtssagenden Formulierungen und Anträgen anderes anfangen, als sie gleich wieder zur Seite zu legen? Dabei haben Sie diese hier noch nicht einmal erwähnt. Bei allem Respekt vor Ihren Experimentierräumen: Jetzt ist keine Zeit für Experimente, liebe Kolleginnen und Kollegen,

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Die ganze Ampel ist ein Experiment!)

es ist endlich Zeit zu handeln! Genau das tun wir in dieser Koalition.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der AfD: Dann fangen Sie mal an!)

Glücklicherweise geht das – wir merken es ja – auch ohne Sie. Zum ersten Mal beschäftigt sich eine Koalition, beschäftigt sich eine Bundesregierung wirklich mit Bürokratieabbau, wirklich mit Verfahrensbeschleunigung.

Ich will am Ende meiner Rede noch auf ein wichtiges Thema zu sprechen kommen, weil unser Bundeswirtschaftsminister hier ist. Ein großes Problem für unsere Wirtschaft sind die Berichtspflichten. Allein in der Zuständigkeit des Bundes gibt es 12 000 Berichtspflichten. Es ist klar: Hier ist etwas aus dem Ruder gelaufen, hier müssen wir etwas ändern. Deswegen ist es gut, dass das Bundeswirtschaftsministerium ein Maßnahmenpaket mit über 140 Maßnahmen schnüren will, die vorsehen, Berichtspflichten zu streichen, zu verschlanken, zu digitalisieren und zu bündeln. Das ist richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich komme zum Schluss. Hilfreich sind Handlungen. Hilfreich ist, zu machen. Wenig hilfreich sind unnötige Reden wie die, die wir heute gehört haben,

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ein bisschen Opposition müsst ihr schon noch erleben, auch wenn es euch schwerfällt!)

und unnötige Anträge. Ich persönlich bin fürs Machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Enrico Komning für die AfD-Fraktion ist der nächste Redner.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604262
Wahlperiode 20
Sitzung 141
Tagesordnungspunkt Wirtschaftsstandort Deutschland
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