30.11.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 141 / Tagesordnungspunkt 12

Carl-Julius CronenbergFDP - Wirtschafts- und Sicherheitsbeziehungen mit China

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kuban, die Koalition hat den Hamburger Hafen nicht verscherbelt, sondern dafür gesorgt, dass der COSCO-Anteil unter der Sperrminorität bleibt, und die Hansestadt Hamburg dafür, dass der Hafen beim China-Geschäft im Geschäft bleibt. Beides finde ich nicht so verkehrt.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich ein paar grundsätzliche Gedanken zur Außenwirtschaftspolitik mit Ihnen teilen! Überall in der Welt sind deutsche Unternehmen gerngesehene Geschäftspartner, egal ob als Kunde, Lieferant oder Investor. Glauben Sie mir, deutsche Unternehmen brauchen keine Belehrungen darüber, mit welchen Partnern wann und in welchem Umfang Abhängigkeiten oder Risiken entstehen. Das wissen sie selber. Denn Unternehmer, besonders im inhabergeführten Mittelstand, führen ihr Geschäft mit großer Verantwortung gegenüber Beschäftigten, Kapitalgebern, Staat und Gesellschaft aus – in großer Verantwortung.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Alexander Bartz [SPD])

Ansonsten wäre die soziale Marktwirtschaft in den vergangenen 75 Jahren wohl kaum so erfolgreich gewesen, wie sie es war.

Viele auslandsaktive Unternehmen bauen laut einer DIHK-Umfrage ihre Risikovorsorge aus, wollen bei Lieferketten und Produktionsstandorten Geschäftsrisiken besser streuen. Das ist gut. Nicht gut ist, dass ein Drittel der Unternehmen dabei über erhebliche rechtliche Risiken klagt, ausgelöst unter anderem durch das Lieferkettengesetz.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Aussetzen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Aufgabe von Politik ist es nicht, Unternehmen bei ihrer Diversifizierung zu behindern. Im Gegenteil: Aufgabe muss es sein, sie dabei zu unterstützen und Märkte zu öffnen.

(Beifall bei der FDP)

Ja, der regelbasierte Welthandel steht unter Druck. Die wirtschaftliche Entkopplung zwischen den USA und China, eine weiterhin blockierte WTO und auch der russische Krieg gegen die Ukraine, all das hat erhebliche Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft. Dass die EU reagiert, ist richtig; wie sie reagiert, beunruhigt. Die EU-Wirtschaftssicherheitsstrategie und auch das EU-Rohstoffgesetz enthalten Vorschläge, die sich deutlich von freiem Handel und offenen Märkten entfernen. Ich zähle beispielhaft und nicht abschließend auf: Prüfung von Auslandsinvestitionen, Diversifizierungspflichten, Quoten für heimische Produktion. All das bedeutet noch mehr bürokratische Überregulierung. Verantwortungsvolle Unternehmen brauchen unternehmerische Freiheit und kein EU-Mikromanagement, liebe Kolleginnen und Kollegen, um das sehr deutlich zu sagen.

(Beifall bei der FDP)

Also, liebe Union, einen schönen Gruß an die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen,

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Alles aus dem BMWK!)

Wettbewerbsfähigkeit wird nicht durch staatlich gelenkten Außenhandel gestärkt, sondern durch die Vollendung des Binnenmarktes, durch längst überfälligen Bürokratieabbau

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Der Teil stimmt!)

und durch freien Handel. Offene Märkte und regelbasierter Handel sind doch der Motor für Wohlstand und Beschäftigung in Deutschland. Europäische Wirtschaftsinteressen souverän verteidigen, globale Öffnung von Märkten und Investitionsstandorten vorantreiben, das Mercosur-Abkommen abschließen und ein Abkommen mit Australien, Indien, Indonesien gleich hinterher, das sind die Maßnahmen, die Lieferketten diversifizieren, das sind die Maßnahmen, die Resilienz stärken, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Esra Limbacher [SPD] und Jens Spahn [CDU/CSU] – Jens Spahn [CDU/CSU]: Guter Plan!])

All diese, wie ich finde, wichtigen Fragen können wir in dem von der Koalition vorgeschlagenen Unterausschuss Handel beleuchten.

(Beifall der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das haben Sie, werte Union, mehrfach abgelehnt. Stattdessen fordern Sie mit dem vorliegenden Antrag die Einsetzung einer Kommission. Okay, also Kommission statt Unterausschuss.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Nee!)

Thorsten Frei hat neulich im Zusammenhang mit dem Unterausschuss zwischengerufen: Wenn man nicht mehr weiterweiß, macht man einen Arbeitskreis!

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Antrag gelesen?)

Ich darf heute ergänzen: Nach Ansicht der Unionsfraktion heißt „Arbeitskreis“ jetzt „Kommission“.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Nee!)

Aber Spaß beiseite. Beantragen Sie nun eine Enquete-Kommission gemäß § 56 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages oder einen Unterausschuss gemäß § 55?

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Da sollen ja keine MdBs rein!)

Im Antrag jedenfalls schlagen Sie vor, dass der Kommission 19 Mitglieder angehören und alle Fraktionen vertreten sein sollen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Nein, sie sollen Experten entsenden! Da sollen keine MdBs rein!)

Das entspricht genau den geschäftsordnungsmäßigen Vorgaben für die Größe eines Unterausschusses. Oder soll es doch eine Enquete-Kommission werden?

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Nein, es sollen keine MdBs rein! Also bitte!)

Eine Kommission gibt es schon, die formal als Unterausschuss zusammentritt. Die Kinderkommission – ganz interessant – ist ein Unterausschusses des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Worin besteht also bitte schön der Unterschied

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wir erklären es Ihnen gleich noch mal!)

zwischen dem Unterausschuss, den die Koalition vorschlägt und Sie ablehnen, und der Kommission, die Sie beantragen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union?

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Keine MdBs!)

Wenn Sie uns das gleich, in der nächsten Rede bitte erklären könnten!

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Eines jedenfalls steht fest: Ein Unterausschuss Handel oder gern auch Außenwirtschaft bietet die Möglichkeit, auch und gerade die Themen ausführlich zu behandeln, die Sie in Ihrem Antrag adressieren. Ein Unterausschuss wertet Außenwirtschaftspolitik auf und nicht ab, liebe Julia Klöckner.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Dann macht den doch! Ihr habt doch die Mehrheit!)

Deshalb noch mal mein Appell an die Kolleginnen und Kollegen von der Union: Machen Sie mit uns gemeinsam den Weg frei für einen Unterausschuss Handel!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Esra Limbacher [SPD])

Das Wort hat Dr. Jens Zimmermann für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7604421
Wahlperiode 20
Sitzung 141
Tagesordnungspunkt Wirtschafts- und Sicherheitsbeziehungen mit China
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta