Christian PetrySPD - 5. Jahrestag des Vertrages von Aachen
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst mal: Herr Kollege Hardt, ich war eben geneigt, Ihnen einen Optiker zu empfehlen; denn das Kanzleramt ist mit der Staatsministerin Sarah Ryglewski die ganze Zeit anwesend gewesen. Insoweit müsste man das, was Sie hier gesagt haben, etwas relativieren.
(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Nein! Die Regierungsbank war leer! 40 Minuten lang! Die war 40 Minuten leer! Keiner saß da!)
Fünf Jahre Vertrag von Aachen – das ist eine Kooperation zwischen zwei Ländern, sage ich mal. Es gibt in Europa mehrere Kooperationen: Wir kennen Benelux, wir kennen Visegrád und andere. Aber diese hat eine deutlich historischere Dimension und ist tiefer gehend. Darauf können wir sehr stolz sein.
Ich bin froh, dass wir es damals geschafft haben, parallel dazu ein Parlamentsabkommen zu beschließen. Wolfgang Schäuble ist schon sehr gelobt worden. Ich möchte dazu ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern. Wir haben in einer Gruppe aus neun deutschen Kollegen – unter anderem mit Andreas Jung, Michael Link, Franziska Brantner und auch mir – und neun französischen Kollegen den ganzen Prozess parlamentarisch begleiten dürfen. Das war eine spannende Arbeit. Zwei Politikkulturen zusammenzubringen und die Geschäftsordnung zu gestalten, hört sich dröge an. Aber die einen – wir – meinen, wir machen immer alles besser, wenn etwas ins Parlament kommt. Die anderen sagen, wir können doch nur Ja und Nein sagen. Insoweit ist das etwas Fantastisches gewesen, auf das wir aufbauen.
Die Erfolge sind genannt worden, und sie müssen weitergehen; sie müssen ausgebaut werden. Die Experimentierklausel ist genannt worden, die jetzt nicht das Parlamentsabkommen betrifft, sondern die Arbeit des grenzüberschreitenden Ausschusses, die Schnittstelle beider Institutionen. Ich glaube, hier ist noch sehr viel Luft nach oben.
Hinter dem Aachener Vertrag steht ja eine Projektliste. Chantal hat die baden-württembergischen Ideen genannt. Ich möchte eine saarländische Idee hinzufügen:
(Boris Mijatović [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war mir klar!)
Deutschland und Frankreich haben bereits 1996 in La Rochelle vereinbart, dass man von Paris nach Berlin in sechs Stunden mit dem Zug fahren können soll. Genial! Die Franzosen haben geliefert: In unter zwei Stunden – eine Stunde und 45 Minuten – ist man in Saarbrücken. Dann wird es etwas langsamer: durch den Pfälzer Wald über Mannheim nach Frankfurt, durch das Hessische, dann nach Berlin. Da ist also Luft nach oben. Ich werbe dafür, dass wir dieses Projekt vorantreiben und in den Bundesverkehrswegeplan aufnehmen. Und natürlich werbe ich für den sogenannten POS Nord, der über Saarbrücken führt und als POS Ost natürlich auch Straßburg mit einbindet. Ich glaube, wir können uns da sehr gut ergänzen, damit wir diese Dinge hinbekommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir wollen natürlich auch, dass die Arbeit, die wir zusammen machen, eine Blaupause für andere ist; das ist eben genannt worden. Wir wollen das Alleinstellungsmerkmal nicht nur für uns haben. Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn wir mit anderen Nachbarn ähnliche Vereinbarungen treffen: mit Polen, mit allen, die um uns herum sind. Wenn auch andere europäische Länder sehen: „Ah, da ist was Gutes, das bringt die Menschen zusammen, wir können hier zusammenarbeiten“, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der deutsch-französische Motor ein Beispiel für andere in einem Europa, das in Einheit in Vielfalt arbeitet, in dem wir zusammenarbeiten können, um diese guten Ideen einzubringen und die Menschen nach vorne zu bringen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Natürlich muss man auch sagen: Es ist alles nicht so einfach. Die Energiepolitik wurde schon genannt. Vom „guten Atom“ war mal in einer Broschüre von Willy Brandt die Rede; wir wissen es. Das ist heute nicht mehr Stand der Dinge. Aber in dieser Frage müssen wir mit den Franzosen klarkommen.
(Zurufe von der CDU/CSU und der AfD)
Wir haben uns in der Rüstungsexportfrage als Deutsche im Zuge der kriegerischen Ereignisse, glaube ich, in den letzten beiden Jahren sehr bewegt. Ich bin gespannt, wo es hingeht. In meinem Wahlkreis gibt es drei Rüstungsbetriebe, die sehr ausgelastet sind. Dramatisch! Man wünscht sich das alles anders. Aber auch hier gibt es gute Beispiele der Zusammenarbeit.
Vor allem im Sozialbereich haben wir uns sehr stark nach vorne bewegt. Ich glaube, das ist auch für andere beispielgebend.
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Ich bin der Meinung, dass wir hier in Deutschland und Frankreich die entsprechende Souveränitätsfrage, die Vorschläge für die Weiterentwicklung der Europäischen Union, beantwortet bekommen. In diesem Sinne: Vive l’amitié franco-allemande! Es lebe die deutsch-französische Freundschaft!
Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Petry. – Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Dr. Volker Ullrich, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7605594 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 147 |
Tagesordnungspunkt | 5. Jahrestag des Vertrages von Aachen |