Lukas KöhlerFDP - Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, allen ist klar, dass wir in Deutschland vor einer gigantischen Herausforderung stehen. Ich glaube, allen ist klar, dass wir – da teile ich die Analyse des Wirtschaftsministers und die Analyse des Finanzministers –
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Aber nicht des Kanzlers!)
eine Wirtschaftswende brauchen.
Wir müssen dafür sorgen, dass dieses Land wirtschaftlich wieder stabil wird, attraktiv wird, vor allen Dingen aber, dass wir wachsen. Das Wachstum, das wir erreichen wollen, setzt Chancen voraus. Deswegen brauchen wir dringend ein Wachstumschancengesetz.
Frau Klöckner, das, was Sie sagen, hat ja wahrscheinlich auch direkte Konsequenzen. Deswegen gehe ich davon aus, dass Ihre Länder jetzt gerade ihren Widerstand komplett zurückgezogen haben und die Debatte im Vermittlungsausschuss damit auch beendet ist.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ihre FDP-Ministerin in Rheinland-Pfalz ist auch dagegen! FDP!)
Das freut mich. Ich glaube, dass das der Schritt sein muss, den wir jetzt gemeinsam gehen.
Wir teilen auch die Analyse, lieber Kollege Westphal, dass wir schon viel richtig angestoßen haben. In diesem Land entwickelt sich auch etwas. Wir sind schon große Schritte bei der Planungsbeschleunigung gegangen. Wir haben allein, was die Bürokratieentlastung betrifft, im letzten Jahr über 122 Maßnahmen beschlossen. Das ist gut, aber das ist bei Weitem nicht das, was man Wirtschaftswende nennen kann. Deswegen müssen wir jetzt dafür sorgen, dass wir große Schritte nach vorne gehen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir sind dazu gezwungen, von der Angebotspolitik wegzukommen hin zu einer Standortpolitik. Das bedeutet, dass wir im Wesentlichen vier große Punkte angehen müssen.
Wir müssen dafür sorgen, dass wir beim Thema Energie besser werden. Wir haben es gerade gehört: Zum Glück sinkt der Strompreis, zum Glück haben wir eine sichere Gasversorgung, auch dank dieser Ampel, auch dank dieser Regierung. Das ist auch gut und richtig. Wir müssen aber trotzdem dafür sorgen, dass die strukturellen Probleme schneller gelöst werden, dass wir der Industrie, dem produzierenden Mittelstand weiterhin günstige Energie anbieten können. Wir haben bereits massive Steuerentlastungen vorgenommen. Und auch da haben wir schon die Forderung Ihres Antrags, nämlich die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß, umgesetzt. Das ist also genau der richtige Weg, den wir hier gehen.
Wir müssen beim Thema Bürokratie besser werden, und zwar viel besser. Nichts ärgert die Leute mehr, als wenn sie ihre Zeit nicht mit Produzieren, sondern mit dem Schreiben von Anträgen und Berichten verbringen müssen. Deswegen müssen wir das Bürokratieentlastungsgesetz IV jetzt schnellstmöglich umsetzen und es so stark machen, wie wir das nur können.
Das bedeutet aber auch, dass wir Bürokratie in den Ländern und auf EU-Ebene reduzieren müssen. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir das Lieferkettengesetz in der jetzigen Form auf europäischer Ebene nicht umsetzen können und dass wir uns dagegen einsetzen sollten. Zum Glück tut das diese Bundesregierung dadurch, dass sie sich enthält, und zum Glück sorgen wir dafür, dass wir nicht weitere Bürokratie in der EU aufbauen. Aber – hier muss die Union hart durch – Sie müssen an dieser Stelle auch mal erwähnen, dass die Präsidentin der Europäischen Kommission und die neue Spitzenkandidatin der Union für die Europawahl, Ursula von der Leyen, dieses Gesetz auf den Weg gebracht hat, dass das ein Von-der-Leyen-Gesetz ist; das müssen Sie hier auch mal sagen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Und Sie müssen hier auch dafür sorgen, dass das nicht wieder passiert.
Das ist übrigens nicht das einzige bürokratische Gesetz, das von Ihnen kommt. Eine Abfrage des Justizministers im letzten Jahr hat gezeigt, dass der Großteil der bürokratischen Maßnahmen von der europäischen Ebene kommt. Dafür war meines Wissens in den letzten Jahren die Union verantwortlich.
Übrigens ist auch das Lieferkettengesetz, das Sie in Ihrem Antrag hier selber angreifen, kein Gesetz, hinter dem Sie sich verstecken können. Das kommt von Ihrem CSU-Minister Müller. Da können Sie noch nicht mal sagen: Das hat uns die SPD in der Großen Koalition aufgezwungen. – Das würde ich ja noch als Argument verstehen. Nein, das kommt von Ihrem eigenen Minister, und jetzt sagen Sie: Das ist völliger Wahnsinn. – Vielleicht sagen Sie mal ein bisschen was zum Thema Verantwortung und dazu, dass Sie solche Sachen nicht wieder auf den Weg bringen werden.
(Beifall bei der FDP – Bernd Westphal [SPD]: Wir wollten das aber auch!)
– Dass die SPD dafür war, kann ich mir vorstellen, aber nichtsdestotrotz glaube ich, dass Sie besser werden.
Dann sind in diesen zwölf Punkten, die Sie da aufgeschrieben haben, ein paar Forderungen, die mich doch verwundern. Sie wollen, dass wir beim Bürgergeld härtere Strafen für Totalverweigerer einführen. Härtere Strafen als 100 Prozent müssen Sie mir mal erklären. Wir haben in der letzten Sitzungswoche in diesem Bundestag für die Totalverweigerer die 100-Prozent-Sanktionen durchgesetzt, und jetzt wollen Sie noch härtere Strafen. Ich glaube tatsächlich, Sie brauchen nicht nur ein Update für dieses Land, sondern Sie brauchen auch ein Update für Ihre Anträge. Es ist doch traurig, dass Sie es, gerade wenn sie eine Sofortabstimmung wollen, nicht hinkriegen, Ihre Anträge sauber durchzugehen, ein paar mehr Punkte als zwölf aufzuschreiben und dafür zu sorgen, dass die Punkte Substanz haben.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Sie sind ja schon mit zwölf überfordert!)
Das ist ein wirkliches Trauerspiel.
Sie fordern in Ihrem Antrag, dass wir die Unternehmensteuer auf 25 Prozent senken. Das heißt, das, was wir beim Wachstumschancengesetz gesehen haben, war nur das Vorgeplänkel. Denn Sie müssten nicht nur schreiben, wie Sie das finanzieren wollen – ich hätte erwartet, dass Sie in einem soliden Antrag solide Haushaltspolitik vorschlagen; das tun Sie leider nicht –, sondern auch, dass die Länder das mittragen. Das Absenken der Unternehmensteuer wird auch davon abhängen, ob wir gemeinsam in diesem Land vorwärtsgehen. Dafür brauchen wir die Zusammenarbeit auf Bund-Länder-Ebene und eigentlich auch eine verantwortungsvolle Union. Ich hoffe darauf, dass Sie in diesen Punkten besser werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Maik Außendorf [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vielen Dank, Herr Kollege Köhler. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Klaus Wiener, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7607170 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 153 |
Tagesordnungspunkt | Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft |