Franziska HoppermannCDU/CSU - Binnenmarkt für digitale Dienste
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Tribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie schon erwähnt: Mit dem Digitale-Dienste-Gesetz wird nun erstmalig in dieser Wahlperiode ein unter Federführung des Digitalausschusses erarbeitetes Gesetz durch den Bundestag verabschiedet. Im Koalitionsvertrag ist das erste Kapitel: „Moderner Staat, digitaler Aufbruch und Innovationen“. In der Realität – darauf hat der Kollege Brandl hingewiesen – steht dieses Thema jedoch leider an ganz nachgelagerter Stelle.
Das lassen auch die ersten Zahlen zum Haushalt 2025 befürchten: Minus 12 Prozent sollen es bei Minister Wissing sein, und auch beim Innenministerium soll kräftig gespart werden.
(Maximilian Mordhorst [FDP]: Aha! Mehr Geld ausgeben! Das können Sie! Verantwortungslose Haushaltspolitik!)
Fast 10 Prozent weniger sind vorgesehen. Schon in diesem Jahr hat das BMI massiv bei Digitalem gespart. Wie soll die Finanzierung des Onlinezugangsgesetzes unter vielen anderen Digitalisierungsvorhaben eigentlich funktionieren?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das größte Ausgabenplus ist übrigens für den Schuldendienst vorgesehen, und wenn diese Zahlen zum Bundeshaushalt 2025 stimmen, ist das kein gutes Signal für unser Land.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wäre es denn damit, die Schuldenbremse zu ändern?)
Zum Digitale-Dienste-Gesetz. Zunächst einmal sind wir froh darüber, dass viele der Forderungen unseres Entschließungsantrags den Weg in die Beschlussempfehlung gefunden haben, so zum Beispiel, dass die Leitung der Koordinierungsstelle für digitale Dienste – also der neu zu schaffenden Stelle, die auf die Einhaltung des DDG durch Onlineplattformen achten soll – nun doch mit einer deutlichen fachlichen Expertise verknüpft wird.
Negativ bleibt für mich aber – und das ist mein Hauptkritikpunkt an dieser Stelle –, dass die Unabhängigkeit dieser Stelle aus meiner Sicht eben nicht ausreichend gesichert ist. Hier ist unseren Forderungen leider nicht nachgekommen worden.
Die Bundesregierung sieht als Koordinierungsstelle, wie schon von den anderen Kolleginnen und Kollegen erwähnt, die Bundesnetzagentur vor. Sie gehört aber zum Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums. Das sehe ich nicht nur deshalb kritisch, weil Bundesminister Habeck in der Vergangenheit problematische Personalentscheidungen getroffen hat. Die Tatsache, dass öffentliche Ausschreibungen zu Stellenbesetzungen führen sollen, ist für mich ein Normalfall im öffentlichen Dienst und kein besonderes Zeichen von Unabhängigkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Unstrittig ist, dass diese Stelle eine effektive und konsequente Verfolgung von Verstößen im Netz sicherstellen soll und muss. Das Internet soll ein freier, aber eben kein rechtsfreier Raum sein. Man muss sich mal Folgendes vor Augen halten: Wir haben nach dem Zweiten Weltkrieg einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgebaut, mit breiter Medienaufsicht, Konkurrenz untereinander und maximal transparenter Struktur, auch bei Printmedien. Da gibt es allein bei Telegram Gruppen wie die der Freien Sachsen, die mehr Nutzer haben als einige Printmedien Leser, und das völlig unmoderiert, intransparent und ohne Regeln. Dass künftig Hetze und Gewalt auch im digitalen Raum verfolgt werden, ist richtig.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der AfD)
Dem Vorwurf von Radikalen und Demokratiefeinden, hier fände Zensur oder Ähnliches statt, kann mit einer größtmöglichen Unabhängigkeit und Neutralität der Koordinierungsstelle begegnet werden. Es spricht aber auch nichts dagegen, eine wirklich unabhängige Behörde nach Vorbild des Bundesbeauftragten für den Datenschutz oder des Unabhängigen Kontrollrates zu schaffen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Beides hat auch zum Teil innerhalb kürzester Zeit funktioniert. Die Bundesregierung hat es aber versäumt, hier Vorkehrungen zu treffen. Dabei war Zeit genug.
Im Oktober 2022 wurde der DSA in Brüssel als Verordnung verabschiedet. Die Diskussion hierüber hat jedoch bereits 2019 begonnen. Ich verstehe die Zurückhaltung der Koalition in Bezug auf die Unabhängigkeit wirklich nicht. Der Digital Services Act sieht für die Koordinierungsstelle die größtmögliche Unabhängigkeit vor. Eine unabhängige Behörde wäre von der Exekutive weiter entfernt und dafür näher am Parlament und an den Bürgerinnen und Bürgern. Das wäre ein Gewinn für unsere Demokratie und für das Vertrauen in den Staat.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb finden wir weiterhin, dass unser Entschließungsantrag diese Punkte besser berücksichtigt, und bleiben beim Nein zu Ihrem Entwurf.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächste hat das Wort für die SPD-Fraktion Carmen Wegge.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7608913 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 160 |
Tagesordnungspunkt | Binnenmarkt für digitale Dienste |