Oliver KaczmarekSPD - Internationalisierung von Wissenschaft und Lehre
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Wissenschaft ist international, und Wissenschaft funktioniert auch nur international, weil sich Neugierde nicht durch nationale Grenzen aufhalten lässt. Deshalb ist Wissenschaftskooperation der Weg, um globales Wissen über die Probleme dieser Welt zu erlangen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.
Wissenschaftskooperation steigert die Innovationskraft Deutschlands. Wissenschaftskooperation liefert einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs hier in Deutschland. Wissenschaftskooperationen stärkt Toleranz und Weltoffenheit und leistet damit einen Beitrag zur Sicherung von Freiheit und Demokratie. Deshalb ist internationale Wissenschaftskooperation – ich will gerne noch mal aufgreifen, was die AfD gesagt hat – vor allem eins, nämlich im deutschen Interesse, im Interesse eines Landes, das offen ist, das Handel betreiben will, das Wohlstand nicht nur erwirtschaften, sondern auch fair verteilen will. Deshalb ist das im nationalen Interesse. Aber vielleicht haben Sie ein anderes Deutschlandbild als wir.
(Dr. Stephan Seiter [FDP]: Bestimmt sogar!)
Wir setzen auf Wissenschaftskooperation im deutschen Interesse.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für die Bundesregierung ergeben sich Handlungsfelder. Ich will zwei Punkte benennen: 370 000 internationale Studierende waren im vergangenen Wintersemester an deutschen Hochschulen eingeschrieben. 70 000 internationale Forscherinnen und Forscher arbeiten in Deutschland. Das ist ein Rekord. Das zeigt die Attraktivität der Rahmenbedingungen für wissenschaftliche Arbeit in Deutschland. Das ist eine Entwicklung, die wir über einige Jahrzehnte miteinander aufgebaut haben, übrigens nicht nur mit denen, die das Haus geführt haben, sondern auch gemeinsam mit Bund und Ländern und mit den Wissenschaftsorganisationen. Da würde der Union ein bisschen mehr Bescheidenheit guttun.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Stephan Seiter [FDP] – Alexander Föhr [CDU/CSU]: Wir werden Sie wieder daran erinnern, wenn Sie sich selbst loben!)
Manche von diesen Studierenden bleiben eine gewisse Zeit hier, manche gehen zurück. Wissenschaftlicher Austausch ist wichtig. Aber unser Ziel muss doch sein, einige von denen, die hier als Studierende eingeschrieben sind, dafür zu gewinnen, um das Fachkräfteproblem, das wir hier in Deutschland haben, zu lösen.
Um das zu machen, haben wir ja auch gehandelt. Wir haben das Fachkräfteeinwanderungsgesetz gemacht, und wir haben das Staatsangehörigkeitsrecht modernisiert, um dafür zu sorgen, dass Abschlüsse leichter anerkannt und Aufenthaltstitel gesichert werden können. Das ist ein wichtiger Beitrag, um Wissenschaftskooperation zu ermöglichen und sie unkomplizierter zu machen, wie Frau Staffler gerade gefordert hat. Aber Sie haben sich diesem Weg leider verweigert. Sie haben nicht zugestimmt; das muss man einfach mal sagen.
Ich war vor einer Stunde hier, als über die Bezahlkarte debattiert worden ist. Die Debatte und die Art, wie die Union über Migration spricht, und die Reden, die Sie hier halten über internationale Wissenschaftskooperation, passen einfach nicht zusammen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP])
Ja, Bund und Länder müssen die internationale Sichtbarkeit unterstützen. In einiger Zeit werden wir die nächsten Vergaberunden – so nenne ich es mal – bei der Exzellenzstrategie haben. Da werden international sichtbare Leuchttürme ausgewählt. Aber das ist nur ein Teil der internationalen Wissenschaftskooperation. Hochschulen kooperieren auf vielen Ebenen. Es ist wichtig, dass wir sie bei ihren Internationalisierungsstrategien konkret unterstützen und insbesondere auch Hochschulen für angewandte Wissenschaften in den Blick nehmen; denn sie haben das Potenzial, die Transformation auch in Schwellenländern mitzugestalten. Hierfür sind schon einige Beispiele genannt worden.
Natürlich brauchen wir dafür auch die Mittlerorganisationen, die internationale Präsenz sichern und international renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Deutschland holen. Da wäre die Bitte an die Regierung, es uns, dem Parlament, beim nächsten Mal zu ersparen, die Mittelzuweisung im Haushalt wieder zu reparieren; denn das, was DAAD und AvH machen, verdient die entsprechende Wertschätzung. Da sind wir auch bereit, entsprechende Schwerpunkte im Haushalt zu setzen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP])
Meine Damen und Herren, die Zeitenwende hat vieles grundlegend geändert in der internationalen Wissenschaftskooperation, und sie fordert uns weiter. Sie fordert uns im Umgang mit der Ukraine. Wir unterstützen die Ukraine weiterhin in ihrem Kampf für Freiheit und Demokratie; daran gibt es keinen Zweifel.
Wir bereiten uns aber auch auf die Zeit vor, wo die Ukraine selbst Teil der Europäischen Union sein wird. Wir waren gefordert, als vor dem Krieg Geflüchtete aus der Ukraine hierhergekommen sind und ihre Ausbildung hier fortsetzen wollten. Wir haben das BAföG für sie geöffnet. Ich kann bis heute nicht verstehen, warum sich die Union diesem Akt der Solidarität verweigert hat.
Wir sind dabei, ein freies Wissenschaftssystem und die Wissenschaftsfreiheit gemeinsam aufzubauen; meine Kollegin Carolin Wagner hat gerade schon einige Beispiele genannt. Das dokumentiert mehr als manche Reden, die hier in den letzten Wochen von diesem Pult gehalten worden sind: Wir glauben an die Ukraine und an die Zusammenarbeit mit der Ukraine, und wir setzen die internationale Wissenschaftskooperation mit ihr weiter fort.
(Beifall bei der SPD – Alexander Föhr [CDU/CSU]: Wenn da noch was übrig bleibt zum Kooperieren!)
Wissenschaftskooperation ist ein Beitrag zur Lösung globaler Probleme. Deswegen ist es wichtig, dass wir natürlich auch strategische Kooperationen suchen: zum einen mit denen, die unsere Werte teilen wie in der Europäischen Union und darüber hinaus, zum anderen, indem wir Kooperationen auf Augenhöhe ermöglichen. Die deutsch-brasilianische Regierungskonsultation hat es gegeben, auch mit den Westbalkanstaaten gibt es Kooperationen; das alles ist wichtig.
Es ist aber auch wichtig, wachsam zu sein gegenüber autoritären Regimen. Ich will es am Ende meiner Rede nur bei einem Satz belassen. Es ist gut, dass wir mit der China-Strategie einen richtigen und verbindlichen Rahmen haben, der eben einmal regelt, wie die Kooperation auch mit autoritären Regimen stattfinden kann. Es ist gut, dass wir den haben. Diesen Rahmen hat es nämlich lange nicht gegeben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Insofern –
Herr Kollege, Sie kommen zum Ende, bitte.
– wünsche ich noch einen schönen Tag.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ja, so wünsche ich mir das.
Ich grüße Sie alle sehr herzlich, freue mich, Sie an diesem Mittag zu sehen. – Ich gebe für die Gruppe BSW das Wort an Ali Al-Dailami.
(Beifall beim BSW)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 20 |
Session | 160 |
Agenda Item | Internationalisierung von Wissenschaft und Lehre |