21.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 160 / Tagesordnungspunkt 20

Thorsten LiebFDP - Reform der Schuldenbremse

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Gruppe der Linken beantragt eine Reform der Schuldenbremse und beruft sich dabei auch noch auf die Wirtschaftsweisen. Ich finde das bemerkenswert.

(Beifall des Abg. Christian Görke [Die Linke])

Die Linke auf dem Weg zur haushaltspolitischen Solidität: Dass man so was noch erleben darf in diesem Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP)

Nur haben Sie die Pointe leider selbst kaputt gemacht, indem sie deutlich erklärt haben, was wir auch alle vermutet haben: In Wahrheit wollen Sie weiterhin, wie in Ihrem Bundestagswahlprogramm formuliert, die Schuldenbremse abschaffen. Und natürlich – das wird Sie jetzt nicht überraschen –

(Zurufe von der Linken)

wird die FDP-Fraktion diesem Antrag nicht zustimmen.

Der Antrag geht schon von einer falschen Annahme aus: Die Schuldenbremse würde öffentliche Investitionen massiv einschränken. Dem widerspreche ich klar. Die Wissenschaft sagt nämlich ganz was anderes:

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der Linken)

Rechtliche Beschränkungen der Schuldenaufnahme tragen dazu bei, Haushaltsdefizite und Schulden zu verringern. Sie senken die Zinskosten, fördern damit das Wirtschaftswachstum und erweitern haushalterische Spielräume. Strikte Regeln sind wirksamer als laxe Regeln, und Merkmale wie konjunkturabhängige Ausweichklauseln – wir haben sie auch: die berühmt-berüchtigte Konjunkturkomponente – tragen zur Flexibilität bei. Und – wichtigster Punkt in Bezug auf den Antrag – die Ergebnisse deuten gerade nicht darauf hin, dass eine Schuldenbremse Investitionen verhindert.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Yannick Bury [CDU/CSU])

Auch der aktuelle Bundeshaushalt spricht eine deutlich andere Sprache: Wir investieren 70,5 Milliarden Euro insgesamt und halten dabei die Schuldenbremse ein. Das Problem liegt doch in Wahrheit woanders: Wir haben die Herausforderung in diesem Land, dass wir das Geld nicht schnell genug in Projekte umgesetzt bekommen. Wir haben ein Umsetzungsproblem und kein Finanzierungsproblem, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Diese Koalition investiert stärker als die Vorgängerregierung, und das in einem schwierigen Umfeld. Wir merken doch eines: Einhaltung der Schuldenbremse und Rekordinvestitionen zusammen gehen. Man muss nur den politischen Willen haben, klar zu priorisieren und zu entscheiden. Und das macht diese Koalition, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP – Florian Oßner [CDU/CSU]: Da können wir jetzt nicht klatschen! Das hat so gut angefangen!)

Deswegen ist für uns klar: Wir brauchen keine Reform der Schuldenbremse, um Zukunftsinvestitionen auf den Weg zu bringen.

Noch mal konkret zu den angesprochenen Punkten – es ist ja hier schon gesagt worden –:

Erstens. Für eine übergangsweise Aussetzung der Schuldenbremse besteht überhaupt kein Handlungsbedarf. Wenn man das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gründlich liest, sieht man eines: Genau diese Möglichkeit wird geschaffen. Nur sagt uns Karlsruhe ganz klar, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn man eine fortgesetzte Krise hat, muss man das halt sorgfältig begründen. – Das ist die Aufgabe, die man hat; das ist kein rechtliches Hindernis.

Zweitens. Eine Debatte über eine Erhöhung der strukturellen Defizitgrenze ist doch rein hypothetisch. Wir liegen oberhalb von 60 Prozent. Das können wir gerne dann diskutieren, wenn wir deutlich darunter liegen. Vorher spielt das überhaupt gar keine Rolle, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Drittens. Eine Reform der Berechnung der Konjunkturkomponente ist doch weiß Gott nicht erforderlich. Wir haben für das laufende Jahr eine zulässige Nettokreditaufnahme von 39 Milliarden Euro, knapp 8 Milliarden Euro davon allein über die Konjunkturkomponente. Aufsummiert über die vergangenen drei Jahre gibt uns die Konjunkturkomponente einen zusätzlichen Spielraum von 30 Milliarden Euro. Ich finde, das ist eine verdammt große Menge Geld, mit der man wunderbare Projekte abarbeiten kann. Es braucht keine Veränderung an dieser Stelle.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Für uns als Freie Demokraten ist deswegen eines glasklar: Die Schuldenbremse verhindert keine Investitionen, sie vermindert vielmehr die Staatsverschuldung, und sie schafft fiskalpolitischen Handlungsspielraum für die Zukunft und für nachfolgende Generationen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

„Die Einhaltung der Schuldenregel würde über die Reduzierung der Schuldenstandsquote zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beitragen.“

Das sage nicht ich, sondern das sagt das aktuelle Gutachten, das das Finanzministerium vorgelegt hat; der Kollege Bury hat es zitiert. Es droht geradezu eine Explosion der Staatsschuldenquote, –

Kommen Sie bitte zum Schluss

– wenn wir nicht bei haushaltspolitischer Solidität bleiben. Deswegen bleiben wir dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Und der nächste Redner ist Christian Leye für die Gruppe BSW.

(Beifall beim BSW)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609203
Wahlperiode 20
Sitzung 160
Tagesordnungspunkt Reform der Schuldenbremse
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