Macit KaraahmetoğluSPD - Digitalisierung der Justiz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen Jahren damit begonnen, die Justiz an die Anforderungen einer digitalisierten Welt anzupassen. Nun gehen wir mit den Anpassungen des vorliegenden Gesetzentwurfs einen weiteren wichtigen Schritt.
In den 44 Artikeln dieses Gesetzentwurfs werden Anpassungen in 18 Gesetzen und fünf Rechtsverordnungen vorgenommen. Die Justiz digitaler zu machen, heißt oft, an vielen kleinen Stellschrauben zu drehen, um ein stimmiges Gesamtbild, ein besser funktionierendes Gefüge zu erhalten.
Wenn man sich beispielsweise die Entwicklungen von Spracherkennung in Messenger-Diensten ansieht, ahnt man, welche Fortschritte in Sachen digitale Sprachverarbeitung die nahe Zukunft bringen wird. Wahre Wunderwerke der Digitalisierung sind bereits Teil unser aller alltäglichen Kommunikation. In der Justiz scheitert eine konsequente Nutzung digitaler Elemente viel zu häufig an Details. Schlagworte wie „Medienbruch“ oder „Hybridaktenführung in der Pilotierungsphase“, wovon wir heute schon gehört haben, sind Sinnbild dieser Schwierigkeiten.
(Dr. Martin Plum [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch nicht!)
Dabei ist es eigentlich ganz einfach, alle Beteiligten des Rechtsstaates von den Vorzügen der Digitalisierung zu überzeugen. Das gelingt, wenn sie das Leben der Akteure leichter macht, und genau das tun wir mit diesem Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Unternehmen besteht eine solche Erleichterung im Abbau von Form- und Verfahrensvorschriften beim Umgang mit Behörden und Gerichten. Verfahrensbeteiligten soll es künftig in allen Verfahrensordnungen ermöglicht werden, die Schriftform der Anträge oder Erklärungen durch die Übermittlung von Scans zu wahren. Zuvor führte das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur bei Privatpersonen dazu, dass ausschließlich in Papierform eingereicht werden konnte.
Die Entlastung der Behörden in diesem Gesetz besteht vor allem darin, diese vor unnötiger und ineffizienter Arbeit zu schützen. Dies ermöglichen wir durch längere Übergangsfristen und Ausnahmen von der elektronischen Aktenführung bzw. -übermittlung. Wichtig ist uns auch eine Umsetzung der Hybridaktenführung, die bei einem Zuständigkeitswechsel relevant sein kann. Wir verhindern in die eine Richtung unnötiges Ausdrucken von bisher elektronisch geführten Aktenbeständen, in die andere Richtung aber auch arbeitsaufwendiges und kostenintensives Einscannen.
Meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, eine effiziente Digitalisierung darf zudem nicht an uneinheitlichen Standards scheitern. Deshalb setzen wir den Beschluss des E-Justice-Rats von Bund und Ländern um, wonach die Kommunikation von Behörden und Gerichten standardisiert werden soll.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Außerdem ermöglichen wir den Gerichten bei der Revisionshauptverhandlung eine flexiblere Terminfindung, indem alle Beteiligten bis auf die Richterinnen und Richter per Videokonferenz an der Verhandlung teilnehmen können. Rechtsstaatliche Bedenken bestanden hier insofern nicht, als im Gegensatz zur Tatsacheninstanz bei der Rechtsmittelinstanz nur noch Rechtsfragen zu klären sind und so keine Notwendigkeit für die körperliche Anwesenheit besteht. Beschleunigte Verfahren haben zudem aus rechtsstaatlicher Perspektive und damit auch für die Verfahrensbeteiligten einen hohen Wert.
Meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich mit einem klugen Satz unseres ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker enden: „Das Ausmaß des Wandels ist größer, als wir es täglich spüren.“ Mit diesem Gesetzentwurf nehmen wir den Wandel hin zu einer digitalisierten Welt weiter an und werden dies dann in der Justiz schon bald in positivster Weise spüren können.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609525 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 162 |
Tagesordnungspunkt | Digitalisierung der Justiz |